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antriebstechnik 9/2017

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KOMPONENTEN UND SOFTWARE

KOMPONENTEN UND SOFTWARE Energietransparenz, die sich auszahlt Skalierbares Energiemanagementsystem als Grundlage für erhöhte Energieeffizienz GF Automotive beliefert weltweit die Automobil- und -zulieferindustrie mit Druckguss-Produkten. Für die Produktion dieser Formteile ist ein hoher Energieeinsatz notwendig. Im Werk Altenmarkt in Österreich wurde nun ein umfassendes Energiemanagementsystem installiert, um damit gemäß DIN EN ISO 50001 die Energieeffizienz nachhaltig zu erhöhen. Grundlage für eine weitere Erhöhung der Energieeffizienz ist, dass die Energieströme nun detailliert erfasst, dargestellt und bewertet werden können. Lesen Sie mehr. Rund 600 Mitarbeiter stellen im Werk Altenmarkt Druckgussteile aus Aluminium- und Magnesiumlegierungen für die Automotive-Branche her. Aufgrund des Druckgussverfahrens sowie des vierschichtigen Arbeitszeitmodells müssen dort permanent große Mengen an Energie und Betriebsmittel eingesetzt werden. „Deshalb gehört die Energieeffizienz neben Anlagenverfügbarkeit und Produktqualität zu den wichtigsten Aspekten unserer Fertigung“, so Bernhard Thaler, Energiebeauftragter bei GF Automotive. Seit kurzem setzen die Verantwortlichen im Werk auf das skalierbare Energiemanagementsystem Simatic B Data von Siemens, das auch die Anforderungen des zertifizierten Energiemanagementprozesses nach DIN EN ISO 50001 umfassend erfüllt. Das Unternehmen kann damit die unterschiedlichen Energieströme wie Strom, Wasser, Gas oder Druckluft bis hin zur einzelnen Maschine genau beziffern. „Nur was sich exakt erfassen lässt, kann letztendlich auch weiter analysiert und optimiert werden“, weiß Thaler. Ein Beispiel dafür sind zwei Druckgussmaschinen, die am Wochenende produktionsfrei waren – und dennoch 4 500 m 3 Druckluft verbraucht hatten. Bei einem jährlichen Verbrauch von ca. 47 Mio. m 3 fällt diese Menge technisch gesehen kaum auf – wirtschaftlich aber doch ins Gewicht. Festgestellt wurde dieser unnötige Energieverbrauch durch die Datenauswertung in Simatic B Data. Mit Beseitigung der dafür verantwortlichen Leckagen werden somit erhebliche Energiemengen eingespart. DIN EN ISO 50001 einfach umgesetzt Ähnliche Beispiele für Energieeinsparungsmöglichkeiten gibt es in fast allen Industriebetrieben, weshalb auch eine Einführung eines zertifizierten Energiemanagementprozesses nach DIN EN ISO 50001 sinnvoll ist. Ziel eines solchen Energie- Dipl.-Ing. Rudolf Traxler ist Leiter Energy Management CEE bei Siemens in Linz/Österreich 80 antriebstechnik 9/2017

KOMPONENTEN UND SOFTWARE 01 Das Energie managementsystem soll die Energieströme von Druckguss maschinen und Öfen transparenter gestalten managementsystems ist die kontinuierliche Verbesserung der energiebezogenen Leistung. „Damit legen wir die Basis zur Erhöhung der Energieeffizienz“, erklärt der Energiebeauftragte und ergänzt: „Außerdem schaffen wir so die Grundlage, das in Österreich und Deutschland gesetzlich vorgeschriebene Energieaudit nach DIN EN 16247 auch intern ableisten zu können, statt alle vier Jahre externe Zertifizierer in Anspruch nehmen zu müssen.“ Früher gab es in Altenmarkt nur aufwendig erstelltes Energieberichtswesen, heute dagegen können zu jeder Zeit die aktuellen Energieverbrauchswerte verfolgt und beurteilt werden – auch von mobilen Endgeräten. Während die Energiespezialisten den direkten Zugriff im B-Data-Client haben, können die Verantwortlichen der einzelnen Produktionsbereiche und Instandhaltung sowie die Geschäftsleitung die Daten über die B-Data-Webclients unternehmensweit abrufen. Hierzu ist lediglich ein Standard- Webbrowser erforderlich. „Für das Energiemanagementsystem haben wir durch Installation auf einem virtuellen Server und durch Einrichten der Energiedatenübertragung über eine virtuelle Netzwerkumgebung eine kostengünstige Infrastruktur schaffen können“, berichtet Michael Nebauer, Projektleiter EDV und Kommunikationstechnik bei GF Automotive in Herzogenburg (Österreich). Praktisch ist auch, dass mithilfe des B Data-Email-Service selbst definierte Berichte automatisch per E-Mail an die Verantwortlichen versendet werden können und diese kontinuierlich auf dem Laufenden bleiben. Eine solche Meldestruktur lässt sich auch für besondere Ereignisse wie Störungen und Abweichungen im Energieverbrauchsverhalten einrichten – z. B. wenn individuell definierte Schwellwerte über- bzw. unterschritten werden. Intelligenter Datensammler Für die Installation musste kaum neue Hardware beschafft werden, was sich positiv auf die Kosten für den netztechnischen Aufbau des Energiemanagementsystems ausgewirkt hat. Für die Messtechnik und Energiedatenerfassung wurden Schaltkästen an den jeweiligen Druckgussmaschinen und den Schmelzöfen angebracht. In diesen dezentralen Stationen befinden sich jeweils eine Simatic ET 200SP mit CPU und Interfacemodul. „Diese intelligenten Steuerungseinheiten lassen sich über Industrial Ethernet leicht in das bestehende Netzwerk einbinden“, betont Nebauer. Im Werk sind 22 Druckgussmaschinen verteilt, von denen neun im ersten Schritt angeschlossen wurden. Des Weiteren sind zwei Alu-Schmelzöfen, drei Wärmebehandlungsöfen und drei Induktionsöfen im Energienetzwerk eingebunden. Thaler erläutert: „Damit erfassen wir die wichtigsten Energieströme und haben einen stetigen Blick auf Verbrauch und Optimierungsmaßnahmen.“ Eine solche Optimierungsmaßnahme sei z. B. die Umstellung der Öfen von Öl-Befeuerung auf Propangas gewesen. Beim Schmelzofen ließen sich so 630 kWh pro Tonne einsparen. Bei einem Durchsatz von vier Tonnen pro Stunde addiere sich die Energieeinsparung zu einem merklichen Posten. Ganz abgesehen von anderen Stoffen wie CO 2 (–16 %), SO 2 (– 91 %), NOx (– 40 %) und Feinstaub (– 55 %). GF Altenmarkt hat im Jahr 2015 etwa 7,4 Mio. EUR für Strom, Wasser sowie für gasförmige und flüssige Brennstoffe ausgegeben. „Im Rahmen unseres GF Automotive- Projekts Action 2015 wurde als Zielsetzung eine Energieverbrauchsreduktion um zehn Prozent in fünf Jahren definiert“, berichtet Thaler und bestätigt: „Das haben wir bislang noch erreichen können.“ Die Nachhaltigkeitsziele von GF sind ein integraler Bestandteil der Strategie 2020. Sie legen fest, was im ökologischen und sozialen Bereich in den nächsten fünf Jahren erreicht werden soll. Im Bereich Umwelt und Energie sind die Ziele, die Energieeffizienz um 10 % zu steigern, die CO 2 -Emissionen um 10 % zu senken, und die nicht wiederverwertbaren Produktionsabfälle um 10 % zu reduzieren. Eine Säule, auf der sich die zukünftigen Einsparerfolge stützen werden, ist das Energiemanagementsystem Simatic B Data, das die notwendige Transparenz in die Produktion bringen wird. „Interessant ist unter anderem auch, dass die Energiemanagementlösung skalierbar ist und werksübergreifend genutzt werden kann“, betont Thaler. „Auch aus technischer Sicht lässt sich das System einfach in die vorhandene IT-Netzwerkstruktur einbinden, sodass damit auch andere GF- Werke in der Folge profitieren können“, ergänzt Nebauer. Flexibler Systemaufbau Entscheidend ist, dass die Energieverbrauchswerte an den dezentralen Maschinen und Anlagen automatisch, exakt sowie zuverlässig erfasst und dem Energiemanagementsystem zeitnah zur Verfügung gestellt werden können. Dabei erwies sich die dezentrale Peripherie Simatic ET 200SP mit antriebstechnik 9/2017 81