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antriebstechnik 9/2017

antriebstechnik 9/2017

WÄLZ- UND GLEITLAGER

WÄLZ- UND GLEITLAGER Kupfer adé Warum Gleitlager auf Stahlbasis die bessere Lösung in der Hydraulik sind Viele industrielle Arbeitsprozesse mit Kraftübertragung durch Hydrozylinder müssen in staubiger und schmutziger Umgebung durchgeführt werden. Wegen abrasiver Bedingungen laufen die Reibungs- und Verschleißprozesse in den Gleitflächen intensiv ab. Dennoch werden für diese Funktionselemente häufig preisgünstige Lager aus weichen, zum Teil gerollten Kupferlegierungen oder Verbundwerkstoffen verwendet, die jedoch schnell verschleißen. Gibt es Alternativen und was leisten diese? V om Bagger oder Radlader auf der sandigen Baustelle über den Mehrschalengreifer in der feuchtnassen Kiesgrube bis zur staubbelasteten Hebevorrichtung im Stahlwerk übernehmen in verschiedenen Branchen Hydraulikzylinder die Bewegung von Maschinenteilen. Staub und Schmutz, wie er insbesondere auf Baustellen überall eindringt, können der wichtigen Komponente allerdings schwer zusetzen: Die Partikel mit kleiner Korngröße sind härter als die Kontaktflächen der gängigen Lager und nutzen diese dadurch schnell ab. Häufig werden in den Anlenkungen gerollte oder vollzylindrische Buchsen mit Schlitz und geringer Wandstärke verbaut, auf deren Innenseite weiche Kupfer-Legierungen mit oder ohne Kunststoffe aufgebracht wurden, um die Gleitfähigkeit zu verbessern und die Reibung zu vermindern. Die propagierte Dr.-Ing. Franz Josef Folz, Entwicklung Gleitlager, bei der Dr.-Ing. Folz Gleitlagertechnik GmbH in Püttlingen Wartungsfreiheit und Verschleißfestigkeit dieser Gleitwerkstoffe ist jedoch in diesen abrasiven Lagerumgebungen nicht aufrechtzuerhalten – zur Abwehr des eindringenden Staubes muss intensiv geschmiert werden. In sauberen Umgebungen kann der Kunststoff- Overlay durchaus Vorteile haben, bei starkem Schmutzeintrag werden die weichen Oberflächen jedoch schnell geritzt und gefurcht und vollends zerstört. Auch kommt es zu Einkammerungen des Abrasivkorns in die weiche Buchsenmatrix, wodurch auf Dauer die teure – zumeist auch harte – unbewegte Achse ebenfalls wie mit einer Feile oder Säge geritzt wird und verschleißt. Die Reparatur wird dann umfangreich, weil neben den Lagern auch die Achsen gewechselt werden müssen. Im schlimmsten Fall kann die ganze Hydro-Baugruppe Schaden nehmen, sodass zusätzliche Ersatzteilkosten und längere Betriebsausfälle entstehen. Selbst Bronze-Buchsen mit reibungsarmem Lochbuchsen-Design für Fettdepots können solchem Verschleiß nicht zuverlässig entgegenwirken: Dort eingelagerte Abrasivstoffe erhöhen die Reibung und furchen die Achsen. All diesen Gleitwerkstoffen ist somit

Verschleißvolumen WÄLZ- UND GLEITLAGER gemeinsam, dass ihre Makro- und Mikrogeometrie sowie die Werkstoffgefüge im Innern und an den Oberflächen in der Zusammensetzung und der Härte-Zähigkeits-Relation nicht genügend an die abrasiven Einsatzbedingungen unter dynamischer Beanspruchung angepasst sind. Äußere Ursache für die Ausfälle ist das komplexe Zusammenspiel aus den mechanischen Eingangsgrößen wie Normalkraft- und Gleitgeschwindigkeitsvektor in Betrag, Richtung und Richtungssinn, weiteren Elementen des tribologischen Systems selbst mit seinen Materialien, Umgebungs- und Reibungsbedingungen sowie den daraus resultierenden Verlust- beziehungsweise Ausgangsgrößen. Je grenzwertiger die grundlegenden Kennwerte der Lager selbst bei der Konzeption angesetzt werden, umso größer ist der Anteil der Festkörperreibung, die zu einer erhöhten Energie- und Werk stoffdissipation, sprich zu einem ineffizienten Prozess führt. Die Dr.-Ing. Folz Gleitlagertechnik GmbH hat daher mit den Gleitwerkstofffamilien ZFO-P und Mainfree gleich zwei Produktreihen für anspruchsvolle Hydraulikanwendungen entwickelt, die sich durch ihre besondere monolithische Stahl-Struktur von den Wettbewerbs produkten unterscheiden. Mit auf den spezifischen Anwendungsfall tribologisch angepassten Grundwerkstoffen und Gestaltungen der oberflächennahen Schichten wird eine höhere Widerstandskraft gegen die kombiniert wirksamen Verschleißmechanismen Adhäsion, Abrasion, Oberflächenzerrüttung und Tribooxidation erreicht. Um eine längere Gebrauchsdauer zu erzielen, sollte zuvor eine Analyse des in der Applikation dominierenden Reibungs- und Verschleißmechanismus durch einen Experten von Folz erfolgen. Harte Kontaktflächen als Schmierhilfe Vor allem die Werkstofffamilie der ZFO-P-Gleitlager, die auf verschiedenen Spezialstählen mit hohen mechanischen Eigenschaften wie Mangan-Vanadin- oder Mo-Legierungen basiert, eignet sich für ein breites Einsatzgebiet und läuft mit geeigneten Gegenkörperachsen aus randschichtgehärteten Vergütungs- oder Einsatzstählen verschleißarm. Dafür wird die Mikrogeometrie der oberflächennahen Schicht der ohnehin robusten Stähle durch besondere Wärmebehandlungstechniken so verändert, dass ein neuer oberflächennaher Verbundwerkstoff mit intensiver Verklammerung zum Grundwerkstoff entsteht. Dieser Gleitlagertyp ist bei hohen dynamischen Belastungen – auch bei konstanter Lastrichtung mit nur rudimentärer Schmierwirkung und Temperaturen bis zu 400 °C – weitgehend unempfindlich gegen Abrasion und Oberflächenzerrüttung. Er ist auch gewappnet gegen Verschleiß durch Tribooxidation und Adhäsion. Die dynamische Belastung kann dabei bis zu 120 N/mm² betragen. Einen direkten Austausch mit gerollten Buchsen dünner Wandstärke, aus Verbundwerkstoff oder Bronze, ermöglicht eine neue Technologie. So ist auch die Fügung bei gröberen Gehäusetoleranzen, etwa nach H10, bei optimalerem Gleitkontakt mit einfachen Hilfsmitteln und ausreichendem Sitz realisierbar. Die dynamischen Reibungskoeffizienten der ZFO-P-Lager reichen von 0,08 bis 0,12. Spezielle, die gesamte Kontaktfläche zum Gegenkörper überdeckende Rhombus-Nutenfacetten erhöhen die Schmierwirkung durch feinverteilte Benetzung über die Eingriffsbreite. Im Unterschied zu den häufig anzutreffenden „Lochbuchsen“, die bei stoßartigen Lasten zur Rissbildung neigen, halten die Rhombusgeometrien selbst hohen mechanischen Beanspruchungen stand. Die unterschiedlichen Nutenkonfigurationen, von groben bis feinen Mustern, werden auf die Einsatzbedingungen abgestimmt. Die Vorteile bestehen darin, dass weniger Schmiermittel benötigt wird und eine niedrigere Schmierfrequenz ausreichend 01 02 Optimale Lagerauslegung bei Abrasionsverschleiß Verschleiß in Tieflage Eingangsgrößen {X} Übergang Abbildung: {X} {Y} Energiedeterminiertes Gleit-Tribo-System Grundkörper versus Gegenkörper Materialien Reibungsbedingungen Tribologische Prozesse Verlustgrößen {Z} Verschleiß in Hochlage Abrasivkornhärte Grundlegend basieren die Effizienz und Gebrauchsdauer auf dem Zusammenspiel von Eingangsgrößen (X) wie Flächenpressung und Geschwindigkeit sowie weiteren Eigenschaften des Tribo-Systems selbst Ausgangsgrößen {Y} ist. Häufig genügt eine minimalere periodische oder auch nur eine einmalige initiale Schmierung. Auf diese Weise sinkt nicht nur der Material- und Wartungsaufwand, auch lassen sich aufgrund des geringeren Schmierungsbedarfs selbst hochwertigere und umweltfreundliche Fette wirtschaftlich verwenden. Gleitwerkstoff widersteht Abrasion ohne Schmierung Für Hydraulikzylinder, bei denen die Gleitflächen der Lagerpunkte einem starken Abrasionsverschleiß ausgesetzt sind, z. B. im Untertage-Bergbau oder in Gelenken von Unterwassergreifern, produF- antriebstechnik 9/2017 23