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antriebstechnik 9/2017

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Zähnezahlen von

Zähnezahlen von Werkzeug und Werkstück aus. Das Werkzeug kann durch Unwucht, Spann- oder Abrichtabweichungen einen Taumel und einen Exzenter aufweisen. Durch den Abrichtprozess können sich Unterschiede in den Gängen ergeben und durch sich verändernde Bearbeitungskräfte kann sich das Werkzeug verformen. Entsprechend dem Werkzeugverschleiß und der Stückzahl nach dem Abrichten beeinflusst die Schärfe die Schnittkräfte und die entstehende Oberfläche. Schließlich übertragen sich die Abweichungen in Abhängigkeit vom Axialvorschub auf die Oberfläche, wie im Folgenden noch weiter beschrieben wird. Schwingungen in der Werkzeugmaschine können durch eine Abweichung der Ausrichtung der Gegenhalterspitze zur Drehachse entstehen. In ähnlicher Weise wirken Lagerschäden an Spindel und Gegenhalter, defekte Achsen oder eine Zahnriemenscheibe mit einem Rundlauffehler. Die Maschine besitzt Eigenfrequenzen in denen sie bei Anregung empfindlich reagiert. Schließlich kann der Drehtisch durch die Regelung oder die Bearbeitungskräfte Torsionsschwingungen ausbilden und auch die Polpaarzahl des Antriebsmotors kann sich in Oberwellen abbilden. Die Ursachensuche wird erschwert, wenn Einflüsse eine Wechselwirkung aufweisen und sich verstärken. Ein stumpfes Werkzeug erzeugt z. B. höhere Bearbeitungskräfte und damit höhere Anregungen. Durch die komplexe Kinematik der abwälzenden Fertigung und insbesondere die heute übliche Verwendung von mehrgängigen Werkzeugen ist das Zusammenspiel von Werkzeug und Werkstück bei Fehlern auch für Fachleute kaum noch zu verstehen. Daher wurden viele Simulationswerkzeuge entwickelt, die Kräfte, Werkzeugverschleiß, Anregungen und auch die Wirkung von Fehlern berechnen können [8], [9], [10]. Damit ist es möglich, Prozesse auszulegen und zu optimieren [11]. Für die Suche nach den Ursachen der Welligkeit wurde hier ein neu entwickeltes Softwaretool [12] zur Simulation des Wälzfräsens und Wälzschleifens benutzt, das sich durch Geschwindigkeit und hohe Berechnungsgenauigkeit auszeichnet. Die Software erlaubt es, typische Fehler an Werkzeug und Maschine zu simulieren und die Ergebnisse wie Messungen darzustellen, zu vergleichen und auch eine Welligkeitsauswertung vorzunehmen. An der zu Beginn vorgestellten lauten Verzahnung wird die Herstellung mit einer fünf-gängigen Schleifschnecke simuliert. Zusätzlich führt das Werkzeug eine taumelnde Bewegung durch, beschrieben durch einen Rundlauf von 2 µm am Hauptlager des Werkzeugantriebs. 07 Ursachen von Welligkeiten auf Verzahnungen Werkstück • Steifigkeit der • Aufspannung • Vorbearbeitung • Zähnezahl- • verhältnis Quelle: Rank, Drescher Werkzeug • Taumel / Exzenter • Unterschiede in • den Gängen • Steifigkeit • Werkzeugverschleiß • Abrichtzustand • Axialvorschub Maschine • Ausrichtung Gegenhalter • Lagerschaden Spindel • Lagerschaden Gegenhalter • Defekte Achsen • Qualität • Zahnriemenscheibe • Eigenfrequenzen • Torsionsschwingungen • Drehtisch • Polpaarzahl Antriebs- • motor Drehtisch Dadurch schneiden einige Werkzeugbereiche stärker, da sie vorstehen, andere Bereiche weniger oder gar nicht. Weiterhin wird in der Untersuchung der Axialvorschub der Bearbeitung verändert, da dieser die Wirkung des Werkzeugtaumels deutlich verändern kann. In Bild 08 sind die berechneten Profilabweichungen von fünf aufeinanderfolgenden Zähnen dargestellt. Ein Axialvorschub von 1,5 mm pro Werkstückumdrehung erzeugt in der gemeinsamen Welligkeitsauswertung eine Ordnung 56. Diese passt gut zur Geräuschordnung 57 der lauten Verzahnung. Wird der Axialvorschub halbiert, so entsteht ein anderes Fehlermuster im Profil und eine dominante Ordnung 28 in der Welligkeit. Bei weiterer Verkleinerung des Axialvorschubes ergibt sich eine Ordnung 75. Deutlich wird, dass es eine gemeinsame Wirkung von Fehlergröße am Werkzeug und dem Axialvorschub gibt, die sich in veränderlichen Ordnungen der Welligkeit äußert. 08 Welligkeitsauswertung – Wechselwirkung Taumel – Axialvorschub Simulation Wälzschleifen: Taumel durch Rundlauf (2.0 µm) am Hauptlager f a = 1.50 mm 5 4 3 2 1 f a = 0.75 mm 5 4 3 2 1 f a = 0.37 mm 5 4 3 2 1 2.0 µm 1.0 µm 1.0 µm Profil rechts Profil rechts Profil rechts 0.42 0.29 0.14 56 1.ZE 0.5 µm 28 1.ZE 3.ZE 75 1.ZE 3.ZE 112 antriebstechnik 9/2017

GETRIEBETECHNIK Für eine genauere Betrachtung der Zusammenhänge ist in Bild 09 die überhöhte 3-D-Oberfläche eines Zahnes dargestellt, die sich bei einem Axialvorschub von 0,75 mm/U ergibt. Bei fehlerfreier Bearbeitung links im Bild ergeben sich in der Flankenlinie nach fünf Umdrehungen auch fünf Wellen, da das Werkzeug fünf-mal an der Linie vorbeikommt. Taumelt das Werkzeug, so ergibt sich rechts im Bild bei gleichem Axialvorschub ein ganz anderes Muster. Auffällig ist, dass dieses Muster sich in Richtung der Flankenlinie erst nach fünf Umdrehungen wiederholt. Da die Zähnezahl des Werkstücks (47) und die Gangzahl des Werkzeugs (5) keinen gemeinsamen Teiler aufweisen, steht das Werkzeug erst nach fünf Umdrehungen wieder an der gleichen Position. Durch den Taumel schneiden in der Endgeometrie nur einige vorstehende und einige zurückliegende Werkzeugbereiche. Die Kombination dieser beiden Effekte erzeugt so nur zwei bis drei Wellen unterschiedlicher Länge bei fünf Umdrehungen. In Bild 10 ist die Topografie der Abweichungen für die drei untersuchten Axialvorschübe dargestellt. Durch den Taumel entstehen links und in der Mitte unterschiedlich große ellipsenförmige Täler, die Muster und auch die Schrägungswinkel der Welligkeiten unterscheiden sich deutlich. Mit kleiner werdendem Axialvorschub hinterlassen irgendwann nur noch die durch den Taumel vorstehenden Bereiche Spuren auf der Oberfläche, die zurückstehenden Bereiche werden überschnitten. Der rechte Teil des Bildes zeigt diesen Zustand, die Wellenlänge und der Schrägungswinkel der dominanten Welligkeit sind dort kleiner. Der Schrägungswinkel der Welligkeit liegt bei den dargestellten Topografien fast senkrecht zum Grundschrägungswinkel. Damit läuft die Kontaktlinie (Bild 05) beim Abwälzen mit dem Gegenrad hier also nicht durch Berg und Tal, sondern quer zur Welligkeit nur über die Gipfel. Allerdings ist links und in der Mitte des Bildes eine periodische Formänderung oder Verbreiterung der Spur über die Gipfel erkennbar. Diese Veränderung kann im Betrieb oder im Bearbeitungsprozess anregend wirken, wenn die Oberflächenmuster mit größerer Amplitude am vorbearbeiteten Werkstück auftreten und dann auf die Hartfeinbearbeitung einwirken. Die Ergebnisse zeigen, dass in der Simulation der Einfluss verschiedener Parameter auf die entstehende Oberfläche untersucht werden kann. Eine Welligkeitsauswertung zeigt die Ordnungen auf, die sich aufgrund periodischer Strukturen ergeben und den Bearbeitungsprozess anregen können. Anzumerken ist hier allerdings, dass der Schneidprozess in der Simulation nur geometrisch abgebildet wird, ohne die erheblichen Einflüsse aus den Bearbeitungskräften sowie der Steifigkeit und den Eigenfrequenzen der Maschinenstruktur zu berücksichtigen. Die tatsächlich entstehenden Oberflächen können daher unter Umständen deutlich abweichen. Zusammenfassung Die Beispiele zeigen auf, wie Anwender heute durch den Einsatz moderner Softwaretools leicht Vergleiche zwischen verschiedenen Verzahnungsmessungen herstellen können. Damit lassen sich Einflüsse aus der Änderung von Prozess- oder Maschinenparametern schnell und einfach erkennen. Zur Beschreibung periodischer Strukturen können Welligkeiten berechnet werden, die in der Praxis oft die Unterscheidung zwischen lautem und leisem Zahnrad ermöglichen und mit den Geräuschordnungen auf dem Prüfstand gut korrelieren. Die Bestimmung des Schrägungswinkels liefert zusätzliche Informationen über die funktionale Wirksamkeit der Welligkeit aber auch über ihre Entstehungsursachen. Die Simulation von Abweichungen für die Fertigungsprozesse Wälzfräsen und Wälzschleifen ermöglicht die Bestimmung der Einflüsse von Fehlern im Prozess oder am Werkzeug. Die vorgestellten Methoden und Werkzeuge sind hilfreich bei der in der Praxis aufwändigen und oft langwierigen Ursachensuche bei Getriebegeräuschen. Dieser Artikel wurde als Vortrag auf der 6. Getpro vom 28.– 29. März 2017 in Würzburg gehalten. Weitere Informationen zu den verwendeten Softwarelösungen sind bei der Firma Klingelnberg GmbH erhältlich: www.klingelnberg.com 09 10 3-D-Oberfläche Fehlerfrei f a = 0.75 mm 5 x f a Profil Flankenlinie Taumel f a = 0.75 mm f a = 1.50 mm f a = 0.75 mm f a = 0.37 mm – 2,0 µm 2,0 µm 5 x f a Op (1) = 56 ßw = 56,0° Op (1) = 28 ßw = 75,6° Op (1) = 75 ßw = 68,6° Literaturverzeichnis: Topografiedarstellung [1] B. Rank; Welligkeiten auf Zahnflanken – Ursachen und akustische Auswirkungen, 5. Tagung Verzahnungsmesstechnik, VDI Berichte 2236, 2014 [2] F. Descher, W. Winter; Waviness analysis in the serial production of cylindrical gears, International conference on gear production, 2015 [3] DIN 21772 Zahnräder – Zylinderräder und Zylinderradpaare mit Evolventenverzahnungen – Definition der Abweichungen, Beuth Verlag, 2012 [4] VDI/VDE 2612: Profile and helix checking of involute gears, VDI/VDE, 2000 [5] G. Gravel; Bestimmung von Welligkeiten auf Zahnflanken, GETPRO Kongress zur Getriebefertigung, 2009 [6] B. Kohn, M.Otto, K. Stahl; Noise Reduction Potential of Waveform Flank Modifications. Drivetrain for Vehicles, VDI-Berichte 2276, 2016 [7] S. Radev; Einfluss von Flankenkorrekturen auf das Anregungsverhalten gerad- und schrägverzahnter Stirnradpaarungen, Dissertation, München, 2007 [8] F. Klocke, C. Gorgels, R. Schalaster, A. Stuckenberg; An innovative way of designing gear hobbing processes, International Conference on Gears, VDI Berichte 2108, 2010 [9] C. Brecher, M. Brumm, F. Hübner; Manufacturing simulation for generating gear grinding of large-module gears, International Conference on Gears, VDI Berichte 2199, 2013 [10] S. Kimme, R. Bauer, W.-G. Drossel, M. Putz; Impact of gear finishing process on micro geometry – simulation of defective production processes and resulting properties, International conference on gears, VDI Berichte 2255, 2015 [11] M. Svahn, L. Vedmar, C. Andersson; Tooth Deviation of an Involute Helical Gear Manufactured in a Simulated Hobbing Process with Introduced Errors, CIRP 1st International Conference on Virtual Machining Process Technology, Montreal, Canada, 2012 [12] G. Gravel; Simulation von Abweichungen beim Wälzfräsen und Wälzschleifen, GETPRO Kongress zur Getriebefertigung, 2013 antriebstechnik 9/2017 113