Rau? Immer gut gebürstet! Vorteile durch sichere und energieeffiziente Antriebslösungen für die Kohlebürsten-Herstellung Karl Haderer Knapp 500 Millionen qualitativ hochwertige Kohlebürsten produziert ein in Österreich ansässiges Unternehmen jährlich auf eigenen, im Haus konstruierten Anlagen. Für die neueste Entwicklung einer Servo-Spindelpresse setzte der Hersteller auf einen deutschen Automatisierungsexperten, der durch eine sichere, elektrische Antriebslösung die Serienreife der Servopresse mit ermöglicht hat. Karl Haderer ist Regional Sales Manager bei Pilz Österreich in Wien Das oberösterreichische Unternehmen Schunk Hoffmann Carbon Technology wurde im Jahr 1946 in Bad Goisern gegründet, die Kohleproduktion war immer schon Kern des Geschäfts. Seit Ende 1999 ist Hoffmann Mitglied der internationalen Schunk Group – einem weltweit in den Bereichen Kohlenstofftechnik und Keramik, Umweltsimulation und Klimatechnik, Sintermetalltechnik sowie Ultraschallschweißtechnik agierenden Technologiekonzern. Schunk Hoffmann Carbon Technology deckt als Serienlieferant den gesamten Prozess von der Ideen- und Konzeptfindung über die Entwicklung, Serienüberleitung, Prozessreife bis hin zur Produktion ab. Ein weiterer wesentlicher Punkt des Erfolgsrezepts liegt in der Kombination aus eigener Materialentwicklung, eigener Produktionsprozessdefinition und eigenem Maschinenbau. Herausforderung des „sicheren Antreibens“ Die neuesten Produktionseinrichtungen aus dem Hause Hoffmann sind die elektrisch betriebenen Pressen SSP 260 (Servo- Spindel-Presse). Sie kann sehr geringe Presskräfte bis zu 260 kN bearbeiten. Universell einsetzbar ermöglicht die Presse es, den Großteil des umfangreichen Kohlenportfolios mit nur einem einzigen Maschinentyp abzudecken. Die Idee der Neuentwicklung war, eine flexibel umrüstbare Standardpresse zu konstruieren, mit der sich rund 90 % des Produktspektrums – immerhin aktuell rund 200 Varianten – herstellen lassen. Die Herausforderungen lagen im Bereich „sicheres Antreiben“. Bereits im Zuge des Probebetriebs kam es zu Störungen, es gab immer wieder Kurzschlüsse auf der Platine des eingesetzten Antriebsreglers, die offensichtlich dem Kohlestaub nicht Stand hielt. Das Gerät war einfach nicht robust genug für die Anwendung. Hierfür holte sich Schunk Hoffmann den Automatisierungsexperten Pilz ins Boot, dessen Portfolio auch den Bereich sichere Antriebstechnik umfasst. In der neuen Servo-Spindel-Presse kommt deshalb Safe Motion von Pilz zum Einsatz. „Mit der elektrischen und ‚sauberen‘ Antriebslösung konnten wir unsere Presse zur Serienreife bringen, weil diese auf die speziellen Anforderungen – u. a. die sehr raue Umgebung – unserer Presse optimal abgestimmt ist“, 46 antriebstechnik 9/2016
ELEKTROMOTOREN freut sich Alfred Stüger, technischer Leiter der Fertigung bei Schunk Hoffman Carbon Technology. Robust und sicher antreiben Die sehr staubige Industrieumgebung war nur ein kritischer Aspekt, den Pilz durch seine robuste Antriebslösung löste: Die passende Lackierung zum Schutz der Platine vor dem leitenden Kohlestaub des Servoverstärkers PMCprotego D war schnell gefunden. „Wir bieten unsere Steuerungssysteme ebenso wie einfachere Not-Aus- Geräte optional in beschichteten Ausführungen an“, erklärt Karl Haderer, Motion Control-Spezialist bei Pilz Österreich. Eine noch größere Herausforderung war es schließlich, eine Lösung für die Nutzung der Bremsenergie zu finden – eine weitere Anforderung, die die neue Presse mit Blick auf ihre Energieeffizienz erfüllen sollte. Deren Vorteile: Die im Zwischenstromkreis installierten Energiespeicher reduzieren den Spitzenstrombedarf der Maschine und bringen zudem eine höhere Dynamik. All diese Anforderungen erfüllt der Servoverstärker in Verbindung mit der Sicherheitskarte PMCprotego S. Diese Kombination – Safe Motion von Pilz – gewährleistet im Verbund von Antrieb und Sicherheit mit Bewegungs-, Stopp- und Bremsenfunktionen die Sicherheit des Werkers bei Bedienung, Rüsten, Formatwechsel oder Wartung. Gleichzeitig erhöht Safe Motion die Produktivität. Anwender profitieren von hochdynamischen, kurzen Reaktionszeiten, Sicherheit unabhängig vom Gebersystem sowie einer einfachen und schnellen Inbetriebnahme und Bedienung. Dabei ist die Safe-Motion-Lösung offen ausgelegt: Zu allen gängigen Feldbussen stehen passende Schnittstellen zur Verfügung. Mit dem Servoverstärker und der Sicherheitskarte sind Sicherheitsfunktionen wie „Sicher Begrenzte Geschwindigkeit – Safely- Limited Speed (SLS), „Sicherer Betriebshalt – Safe Operating Stopp (SOS) oder „Sicherer Stopp 2“ – Safe Stopp 2 (SS2) einfach umsetzbar. Der Antrieb wird hierbei geregelt heruntergefahren und dann ein „Sicherer Betriebshalt“ eingeleitet. Alle Regelfunktionen bleiben erhalten, die Stopp-Position wird überwacht. Während marktübliche Lösungen für SS2 die Bremsrampe nur für eine bestimmte Zeit überwachen, überwacht die Sicherheitskarte neben der Bremsrampe auch die Achse in Bezug auf mögliche Fehlfunktionen des Antriebssystems. Sicherheit durch Vielfalt an Funktionen Bei der SSP 260 lassen sich über die Sicherheitskarte sämtliche relevanten Sicherheitsfunktionen nach IEC 61800-5-2:2007 nahtlos und unabhängig vom Gebertyp in den Servoverstärker integrieren – die Funktion STO (Sicher abgeschaltetes Moment) ist bereits standardmäßig in der Grundausstattung enthalten. Weitere, für die Presse konkret umgesetzte Sicherheitsfunktionen sind SS1 (Sicherer Stopp 1), SS2, SOS und SLS. Zudem entwickelte Pilz speziell für diese Applikation eine Not-Halt-Rampe, die es ermöglicht, den Motor selbst bei der max. Drehzahl von 1 400 min -1 innerhalb von 50 ms auf null zu bremsen. Damit wurde der Wunsch seitens Schunk Hoffmann erfüllt, die Presse, die sehr hohe Taktzahlen aufweist, schnellstmöglich, aber sicher stoppen zu können. Damit auch beim Not- Halt die gesamte Mechanik sicher verzögert wird, wurde zusätzlich eine Kurzschlussbremsung mit Öffnerschutz installiert. Die Einbindung von Fremdmotoren ist für die Safe-Motion-Lösung kein Problem, denn die Servoverstärker können mit praktisch jedem marktüblichen Geber arbeiten. Die Umrüstung der ersten Presse auf den neuen Antriebsregler erfolgte reibungslos, sodass der Motor in kürzester Zeit eingestellt war. Strom- und Drehzahlregler sind onboard des Servoverstärkers, mit dem Lageregler in der übergeordneten Maschinensteuerung – eine PC-basierte Soft-SPS – kommuniziert PMCprotego D via Ethercat unter Nutzung von CANopen. Die Übertragung der Sicherheitssignale erfolgt hartverdrahtet. Die posi- 01 Die Safe-Motion-Lösung gewährleistet im Verbund von Antrieb und Sicherheit mit Bewegungs-, Stopp- und Bremsenfunktionen die Sicherheit des Werkers 02 Bei der Servospindel-Presse lassen sich über die Sicherheitskarte relevante Sicherheitsfunktionen nahtlos und unabhängig vom Gebertyp in den Servoverstärker integrieren tive Zusammenarbeit wurde bereits fortgesetzt. Bei zwei Modernisierungsprojekten, bei denen ältere Drehstromantriebe durch Servoantriebseinheiten auf Basis von PM- Cprotego D ersetzt wurden, war Pilz wieder mit im Boot. www.pilz.com antriebstechnik 9/2016 47
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