WÄLZ- UND GLEITLAGER Problemen vorbeugen Fachgemäße Schmierung von Wälzlagern verhindert Ausfälle und optimiert Betriebssicherheit Für einen sicheren Betrieb von Wälzlagern ist die Schmierung als wichtiger Bestandteil des kompletten Lagersystems zu verstehen und muss entsprechend sorgfältig ausgelegt sein. Etwa 43 % aller vorzeitigen Wälzlagerausfälle sind auf ein Problem bei der Schmierung zurückzuführen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und umfassen Fehler, die beim Einbau der Wälzlager gemacht werden, z. B. mangelhafte Reinigung der Lagerstelle, unsachgemäße Füllung der Lager mit Fett, Beschädigung der Dichtungen oder Deckscheiben, sowie Versäumnisse während des laufenden Betriebs, u. a. nicht eingehaltene Nachschmierfristen und Über- oder Unterschmierung. Daneben gibt es aber auch Schäden, deren Ursache sich bis in die Auslegungsphase der Lagerung bzw. der Schmierung zurückverfolgen lässt. Im Folgenden sind daher einige wichtige Punkte, die bei der Gestaltung des Schmiersystems und der Auswahl des Schmierstoffes zu berücksichtigen sind, angeführt. Lagertype und Lagergröße Daniel Stöckl, Klaus Grissenberger Für den zuverlässigen Betrieb von Wälzlagern ist eine ordnungsgemäße Schmierung unabdingbar. Die Hauptaufgabe des Schmierstoffs besteht darin, die metallischen Oberflächen der einzelnen Lagerbauteile im Betrieb durch einen dünnen Schmierfilm zu trennen und dadurch Verschleiß zu verhindern. Gleichzeitig werden auch die Reibung und somit die Verlustleistung gesenkt, was zu einem geringeren Energiebedarf beiträgt. Lesen Sie eine anwendungstechnische Betrachtung. Daniel Stöckl und Klaus Grissenberger sind Anwendungstechniker bei NKE Austria GmbH in Steyr Je nach Lagertype ergeben sich im Allgemeinen auch unterschiedliche Anforderungen an die Schmierung. Zum Beispiel tritt bei Kegelrollenlagern oder Axial-Pendelrollenlagern zusätzlich zur Rollreibung zwischen den Wälzkörpern und den Laufbahnen der Ringe stets auch Gleitreibung zwischen dem Führungsbord und den Rollenstirnflächen auf. Eine unzulängliche Schmierung in diesem Bereich kann schnell zu einer bleibenden Schädigung der Kontaktflächen bis hin zum vorzeitigen Lagerversagen führen. Bei Zylinderrollenlagern, die zur Aufnahme von axialen Lasten vorgesehen sind, kann ebenfalls Gleitreibung zwischen den Führungsborden und Rollenstirnflächen auftreten. Gleitreibung tritt aber auch zwischen dem Käfig und den Wälzkörpern sowie im Falle von ringgeführten Käfigen, auch zwischen dem Käfig und dem führenden Lagerring, auf. Bei einer Belastung der Lagerung kann als Kriterium das Verhältnis zwischen den im Betrieb auftretenden Lasten und der Trag fähigkeit des Lagers herangezogen werden. Lager gelten dabei bereits ab einer Last in Höhe von 15 % der dynamischen Tragfähigkeit als hoch belastet. Der Einsatz von Schmierstoffen mit EP-Zusätzen (Extreme Pressure) sollte in diesem Fall geprüft werden. Auch das mögliche Auftreten von Laststößen oder Vibrationen kann auf die Wahl des Schmierstoffes Einfluss haben. Betriebstemperatur der Lagerung Die Temperatur hat entscheidenden Einfluss auf die Viskosität des Schmierstoffes und damit auch auf die trennende Wirkung des Schmierfilms. Die zur Betriebstemperatur passend gewählte Schmierstoffviskosität ist Grundvoraussetzung für einen sicheren Betrieb der Lagerung. Zudem kann bei vielen Mineralölen eine zunehmend rasche Alterung über einer Dauertemperatur von +70 °C festgestellt werden. Hier kann z. B. der Einsatz von teil- oder vollsynthetischen Ölen Abhilfe schaffen. Tiefe Betriebstemperaturen können sich ebenfalls nachteilig auswirken, vor allem bei Verwendung von Schmierfett. Dessen Konsistenz wird mit sinkender Temperatur steifer und die Lager werden dadurch schwergängiger. Bei Ölsumpfschmierungen hingegen kann im Allgemeinen eine Zunahme der Planschverluste festgestellt werden. Temperaturspitzen, auch kurzzeitige, sollten bei einer Betrachtung ebenfalls berücksichtigt werden, jedoch nicht im übertriebenen Ausmaß. Vor allem in Hinblick auf die 24 antriebstechnik 9/2016
WÄLZ- UND GLEITLAGER 01 Reibung im Wälzkontakt und an Führungsborden 02 Großpumpe mit vertikaler Welle Gebrauchsdauer des Schmierstoffes und die daraus abgeleiteten Nachschmier- oder Ölwechselintervalle führen solche Annahmen häufig zu unnötig konservativen und damit teuren Vorgaben. Auch die um Umgebungstemperatur der Lagerung ist vor allem für Systeme mit automatischen Nachschmiereinrichtungen von Interesse. Die Temperatur des Schmierstoffes in den Zuleitungen wird in den meisten Fällen geringer sein als direkt an der Lagerstelle. Bei tiefen Umgebungstemperaturen kann das Fett in den Leitungen so steif werden, dass es sich nicht mehr ausreichend fördern lässt und somit kein frischer Schmierstoff zu den Lagerstellen gelangt. Neben der Temperatur hat auch die Drehzahl starken Einfluss auf die trennende Wirkung des Schmierfilms. Auch hier ist eine zur Drehzahlsituation passende Schmierstoffviskosität zu wählen. Allgemein gilt, je höher die Geschwindigkeit, desto besser werden die Oberflächen getrennt und desto geringer darf die Viskosität des Schmierstoffs sein. Allerdings führen hohe Drehzahlen, d. h. im Bereich der Grenzdrehzahl der jeweiligen Lagertype, auch zu Verlusten und damit höheren Betriebstemperaturen der Lagerung. Dies kann den Einsatz einer Ölumlaufschmierung erforderlich machen, welche eine Kühlung und auch Filterung des Öls erlaubt. Bei geringen Drehzahlen kann eine vollständige Trennung der Oberflächen jedoch nicht immer sichergestellt werden. Tritt dies aber nur kurzfristig auf, z. B. während des Hochfahrens, so sind dadurch keine negativen Auswirkungen zu erwarten. Gegebenenfalls ist hier der Einsatz eines Schmierstoffs mit entsprechenden Verschleißschutzadditiven zu prüfen. Verunreinigung der Lagerung Verunreinigungen können unterschiedliche Ursachen und Quellen haben. Hier sind z. B. (Spalt-)Dichtungen und Entlüftungsöffnungen, aber auch Abrieb- und Verschleiß umliegender Maschinenteile sowie Rückstände aus der Fertigung denkbar. Aber auch über den Schmierstoff selbst ist oftmals ein Eintrag von Verunreinigung möglich, z. B. wenn dieser nicht ordnungsgemäß gelagert wurde. Im Zuge der Nachschmierung oder des Ölwechsels können so unabsichtlich Verunreinigungen ins System gelangen. Zu Verunreinigung werden neben festen Partikeln auch Feuchtigkeit und Chemikalien gezählt. Neben diversen technischen Faktoren spielt auch die wirtschaftliche Seite, also die Kosten für den Schmierstoff, sowie das komplette Schmierungssystem eine entscheidende Rolle. Um eine unter beiden Gesichtspunkten optimale Auslegung zu erhalten, muss mit Sorgfalt bei der Festlegung der Anforderungen an das System vorgegangen werden. Die Vernachlässigung einzelner Aspekte bildet oft den Ausgangspunkt für zukünftige Probleme. Werden andererseits übertrieben hohe Forderungen an den Schmierstoff gestellt bzw. unrealistische Annahmen hinsichtlich der Betriebsbedingungen getroffen, so kann dies zu hohen Mehrkosten beitragen. Bedingt durch die große Anzahl an verfügbaren Schmierstoffen ist es empfehlenswert, bei deren Auswahl auf die Unterstützung des Schmierstoffherstellers zurückzugreifen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bereits durch geringe Anpassungen bei der Schmierung die Betriebssicherheit und die Haltbarkeit der Lagerung deutlich verbessert werden kann. Damit einher geht auch eine Reduktion der Kosten bzw. eventueller Folgekosten im Falle eines vorzeitigen Lagerversagens. Generell gilt: je früher das Thema Schmierung betrachtet wird, desto einfacher und kostengünstiger lassen sich potentielle Probleme vermeiden bzw. umgehen. www.nke.at antriebstechnik 9/2016 25
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