Millimeterarbeit auf engstem Raum Großradtausch im Zementwerk Burglengenfeld erfolgte in nur acht Stunden Horst-D. Winter Seit rund 50 Jahren ist die Krupp-Zweikammer-Rohrmühle im Zementwerk Burglengenfeld im Einsatz. Mit einem Durchmesser von 3,8 m und einer Länge von 14,1 m nimmt sie einen großen Teil der Mühlenhalle ein. Nachdem sich der Raum seit den sechziger Jahren baulich stark verändert hat, wurden jetzt Wartungsarbeiten im Inneren des Werks durchgeführt – eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Lesen Sie mehr. Horst-D. Winter ist Senior Manager Industrial Project Engineering bei der C. u. W. Keller GmbH in Troisdorf-Spich M it den Reparatur- und Wartungsarbeiten der Zementmühle wurde die Keller GmbH beauftragt und vor einige Herausforderungen gestellt: Der Platzmangel erforderte eine millimetergenaue Positionierung von Mobil-Montagekränen. Da allerdings die Tragkraft des Hallenbodens dem Kraneinsatz nicht gewachsen war, musste der Hallenkeller zudem mit Streben aus 20 t Stahl verstärkt werden. Das Fehlen detaillierter Zeichnungsunterlagen zum Getriebe erschwerte die Servicearbeiten zusätzlich. Aufgrund eines genau erarbeiteten Ablaufplans und der langjährigen, konstruktiven Erfahrungen des Experten konnten die Reparaturen dennoch innerhalb eines Zeitfensters von drei Wochen durchgeführt werden. Im Vorfeld der Arbeiten wurde zunächst ein Matrix-Ablaufplan für die betroffenen Mühlengetriebe erarbeitet. In den angesprochenen Werken sollten laut Zementwerk Burglengenfeld alle alten Mühlenzentralantriebe aus den 60er Jahren baugleich sein: einstufige Summen-Stirnradgetriebe mit zwei Planeten-Vorschaltgetrieben nach dem Stoeckicht-Prinzip mit einem Leistungsbedarf P = 2 × 1 250 kW. Ein „Ringtausch“ des Großrades in den Summengetrieben sollte daher theoretisch kein Problem darstellen. Detaillierte Zeichnungsunterlagen zum Getriebe lagen jedoch in der Projektphase nicht vor, lediglich Zeichnungen eines ähnlichen Getriebes aus einem anderen Zementwerk des Verbundnetzwerks. Das stellte den Getriebespezialisten vor einige Herausforderungen. So stellte man bereits bei den Vermessungen im Zementwerk Burglengenfeld fest, dass Varianzen in den Getriebeausführungen, z. B. unterschiedliche Verzahnungen oder Baumaße in der Getriebekonstruktion, sowie in den Gleitlagern vorlagen. Anhand der vorhandenen Zeichnungen und der Vermessung des zu revidierenden Summengetriebes wurden alle Baumaße der neuen Bauteile – wie Pfeilritzelwellen, das Großrad mit Flanschwelle oder Gleitlager – durch die Keller GmbH verifiziert. Dabei zeigte sich, dass über die Jahre an den Summengetrieben im Firmenverbund kleinere und größere Modifikationen vom Ursprungshersteller eingebracht, Änderungen dabei jedoch nicht dokumentiert wurden. Außerdem waren die Platz- und Hebemöglichkeiten eingeschränkt und die Statik der Hallenböden für einen Kraneinsatz zu unsicher. Die ursprünglichen Mühlen- und Getriebemontagen konnten in den 60er Jahren zweckgebunden durchgeführt werden, behindernde bauliche Veränderungen in den Mühlenhallen lagen zu diesem Zeit- 18 antriebstechnik 9/2016
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN punkt noch nicht vor. Da weder die Tragkraft des Hallenbodens noch die Krankapazität über dem Getriebe einen sicheren Ausbau des Großrades gewährleisteten, wurden eine Fachfirma für Spezialhebemontagen sowie Statiker in das Projekt integriert, um alle wichtigen Stellgrößen mit zu berücksichtigen. Der Hallenkeller wurde mit Stahlstreben aus 20 t Stahl verstärkt und die millimetergenaue Positionierung der Mobil-Montagekräne eingeplant. Bauteilefertigung und interne Logistik Keller wählte eine spezielle konstruktive Lösung, die einen einfachen Ringtausch in den Werken ermöglichte. Dazu wurden Großrad und Flanschwelle, welche ursprünglich als ein Bauteil ausgeführt waren, voneinander getrennt. Der Vorteil der neuen Konstruktion lag darin, dass das Schweißrad (dk = 3 200 mm) und die Flanschwelle bis zu den letzten Fertigungsprozessen separat bearbeitet werden konnten und erst im letzten Schritt beide Komponenten über eine Schrumpfmontage miteinander gefügt wurden. Die Fertigungsgenauigkeit war dabei um ein Vielfaches höher als ursprünglich. In Zukunft lässt sich das Großrad über einen ölhydraulischen Pressverband jederzeit wieder von der Flanschwelle lösen. Das kostenintensive Rundschleifen der Gleitlagersitze bei der Ursprungsversion (ein Bauteil dk = 3 200 mm, l = 2 800 mm lang, 25 t) auf einer Sonderschleifmaschine konnte auf Grund der Konstruktion ausgeschlossen und eine Verzahnungsqualität 5 nach DIN erreicht werden. Das Verzahnungsprofil und die Verzahnungsgeometrie wurden nach dem neuesten Stand der Technik optimiert und somit eine höhere Verzahnungssicherheit generiert. Demontage, Überarbeitung und Montage Eine große Bedeutung hatte die Demontageund Montagelogistik der beiden Pfeilritzelwellen. Beide Eintriebswellen durften nicht fertig bearbeitet, sondern mussten nach den alten Bohrbildern der verbolzten Stoeckicht-Planetenstufen gefertigt werden. Hierzu durchliefen die alten Pfeilritzelwellen innerhalb eines nur dreiwöchigen Zeitfensters eine komplette Revision bei Keller. Die alten Bohrbilder wurden auf einem Bohrwerk exakt vermessen, die Daten gespeichert und anschließend wieder gemäß der alten Bohrbilder in die neuen Wellen eingebracht. Danach erfolgte das Verbolzen der alten Planetenstufen mit den neuen Pfeilritzelwellen. Das dynamische Wuchten der montierten Baugruppe konnte entfallen, Kosten eingespart und die Laufruhe durch die hohe Verzahnungsqualität verbessert werden. Das Summengetriebe und die Planetenstufen wurden vor Ort demontiert, wobei der Gehäuseunterkasten auf dem Fundament verblieb. Zeitgleich wurde die Abtriebskupplung, eine Sonderzahnkupplung, demontiert und überprüft. Die Kupplungshülse diente, wie zuvor die alten Pfeilritzelwellen, als Schablone für die Flanschverbindung der Abtriebswelle. Diese wurde ebenfalls zu Keller geschickt. Die neuen Passbohrungen in der Abtriebswelle wurden exakt mit den gleichen Schränkungen der alten Bohrungen eingebracht. Um keine Übermittlungsfehler in dem vorgegebenen Zeitfenster zu produzieren, mussten zwei Mitarbeiter aus der Montagegruppe in das Keller-Stammwerk zurückberufen werden. So wurde sichergestellt, dass bei Fertigungsproblemen die maßgeblichen Monteure zur Verfügung standen. Die Teilmontage wurde bereits im Stammwerk durch die zurückberufenen Fachleute durchgeführt. Spontan auftretende Fragen auf der Baustelle konnten somit geklärt und der Montagewirkungsgrad erhöht werden. Zusätzlich wurden die komplette Ölanlage sowie der Ölsumpf vor der Endmontage gereinigt und auf Funktionalität geprüft. Die genaue Vorplanung ermöglichte es aufgrund präziser Kranlogistik, das alte gegen das neue Großrad in der engen Montagehalle in nur acht Stunden auszutauschen. Anschließend fand die Endmontage der vormontierten Pfeilritzelwellen mit Gleitlagern und Planetenstufen sowie der Abtriebskupplung mit einem neuen Dichtungssystem. Der Richtmeister von Keller übernahm dabei das Ausrichten der beiden Antriebsstränge mit Mittelspannungsmotoren. Verbessertes Schwingungsverhalten Die sechsstündige Volllastprüfung der Mühle unter Regelbedingungen ergab keine Beanstandungen. Die Lagertemperaturen wurden dabei über die Leitwarte des Zementwerkes 01 In nur acht Stunden konnte in der engen Montagehalle das alte gegen das neue Großrad getauscht werden 02 Während eines nur dreiwöchigen Zeitfensters wurden die alten Pfeilritzel - wellen bearbeitet 03 Die Krupp-Zweikammer-Rohrmühle ist seit über 50 Jahren im Einsatz und zusätzlich über den Keller Service- Ingenieur direkt am Antrieb überprüft. Gleichzeitig wurden an beiden Strängen Schwingungs- sowie Tendenzmessungen durchgeführt und mit den alten, durch Keller aufgenommenen Werten verglichen. Das Schwingungsverhalten sowie die Laufruhe des Summengetriebes wurden durch diese Maßnahmen verbessert. www.keller-getriebe.de NEU! Die dritte MDrive Generation! all Hannover about automation Messe ·25. –29.04.16 Leipzig ·Halle SPS IPC 14 Drives · Stand L35 28. All about + 29.09.2016 automation · Halle Friedrichshafen A 22.11. - 24.11.2016 Integrierte Schrittmotorantriebe Lexium MDrive ® 07. 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