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antriebstechnik 7/2019

antriebstechnik 7/2019

SPECIAL: HEAVY DUTY

SPECIAL: HEAVY DUTY Manuel Huck ist Produktmanager Discontinous Motion bei der Siemens AG in Nürnberg 01 FREQUENZUMRICHTER SEILBAHN MIT HOHEM WINTERVERGNÜGEN FÜR SPORTLER Winterspaß ohne Abstriche hat im Snow Space Salzburg oberste Priorität. Um Skibegeisterte weiter anzulocken, wurde die „neue“ Sonntagskogelbahn 2 mit hocheffizienter Technik ausgestattet. Innovative Antriebstechnik der 8er-Sesselbahn bringt mehr Personen mit noch höherem Komfort sicher zum Gipfel. „Eine der großen Herausforderungen des Projekts war ein Frequenzumrichter, der perfekt zu einem neu entwickelten, synchronen Servomotor passt – dabei die Verfügbarkeit der Seilbahn weiter erhöht und für größtmögliche Sicherheit der Skifahrer sorgt.“ In einem Satz fasst Karl Prammer, Geschäftsführender Gesellschafter von Frey Austria in Innsbruck, das vorrangige Ziel der neuen Sonntagskogelbahn 2 im Snow Space Salzburg im österreichischen Wagrain zusammen. Seit der Wintersaison 2018/19 werden in der Hightech-Sesselbahn acht statt bisher vier Skifahrer pro Hängevorrichtung zum Gipfel befördert. Das begeistert Liebhaber der weißen Pracht ebenso wie die Betreiber, die die hier verbaute Technik erstmalig einsetzen. Der grundlegende Unterschied zwischen Sonntagskogelbahn 2 und anderen Seilbahnen ist einerseits der Verzicht auf ein Getriebe zwischen Elektromotor und Seilscheibe, andererseits der Komfortgewinn durch eine feinfühlige Drehzahlregelung mit Geberunterstützung. Dies spart eine kostenträchtige Getriebewartung und der Betreiber profitiert von den vielfältigen Regelungsoptionen eines leistungsfähigen Direktantriebs. Wolfgang Hettegger, Technik-Vorstand im Snow Space Salzburg, bestätigt: „Die Sonntagskogelbahn 2 ist derzeit die innovativste Sesselbahn, die wir hier betreiben – eine Achtersesselbahn mit Rücken- und Sitzheizung plus Höhenerkennung beim Einstieg.“ Das bedeutet, Kinder und Erwachsene kön­ nen in beliebiger Zusammenstellung einsteigen, denn die Sesselbahn orientiert sich bei der Sitzhöhe an der kleinsten Person und passt den Förderteppich entsprechend an. NEUE MOTORMODULE ÜBERZEUGEN IN JEDER HINSICHT Die maximale Beförderungsleistung liegt bei knapp 3 600 Personen pro Stunde. Schon nach kurzer Zeit konnten die Betreiber ein Beförderungsplus von etwa 25 % gegenüber der Vorgängerbahn feststellen, was die Verantwortlichen der überzeugenden Technik zuschreiben, die bei der Sonntagskogelbahn 2 zum Einsatz kommt. Das regelungstechnische Herz der Bahn bilden zwei redundant aufgebaute Frequenzumrichterschränke Sinamics S120 Cabinet Modules-2 von Siemens. Das System besteht aus zwei Sinamics S120 Active-Line-Modulen und zwei neu entwickelten Sinamics S120 Chassis-2 Motormodulen. Wichtigste Vorteile dieser neuen Geräte sind die erhebliche Gewichtsreduzierung, der geringe Platzbedarf, die robuste Gesamtkonstruktion sowie ein effizienter Betrieb gepaart mit vereinfachtem Service. Ein Beispiel: Um das maximale Drehmoment von 462 000 Nm des permanenterregten Synchronmotors mit etwa zwei Metern Durchmesser und 45 Polpaaren liefern zu können, genügen zwei Sinamics 50 antriebstechnik 2019/07 www.antriebstechnik.de

SPECIAL: HEAVY DUTY 02 03 S120 Chassis-2 mit einer Nennleistung von 560 kW. Im Vergleich zur Vorgängervariante, bei der zwei 800-kW-Modelle notwendig gewesen wären, sparen sich die Betreiber gleichermaßen Investitionskosten, Platz und Gewicht. Grob formuliert bauen die neuen Motormodule in diesem Leistungsbereich um die Hälfte kleiner, wobei der ökologische Footprint bei allen Leistungsklassen gleich ist, lediglich in der Höhe unterscheiden sich die leistungsmäßig kleineren von den größeren Geräten. Auch der Gewichtsvergleich besticht: Das „alte“ Gerät wiegt 450 kg, das hier eingesetzte „neue“ Chassis-2 gerade mal 160 kg. HÖCHSTMÖGLICHE SICHERHEIT DANK INNOVATIVER ANTRIEBSSTEUERUNG In der Sonntagskogelbahn 2 liegen zwei gleichartige Direktmotoren konzentrisch vertikal übereinander und sind über eine zentrale Welle mechanisch miteinander verbunden. Zwei Sinamics S120 Einspeisungen und zwei Sinamics S120 Chassis-2 Motormodule lassen sich wechselweise miteinander verschalten, sodass nicht nur beim modular aufgebauten Antrieb, sondern auch bei der Antriebssteuerung die gewünschte doppelte Redundanz gegeben ist. Das heißt, jedes System ist mit reduzierter Leistung voll funktionsfähig. Karl Prammer erklärt die Zielsetzung: „Bei einem Teilausfall sind die Betreiber dennoch in der Lage, die Anlage zur Sicherheit der Personen im Lift leer zu fahren.“ Außerdem lässt sich jedes Motormodul über zwei Schalter vom Netz trennen und so bei Bedarf schnell tauschen. Für eine Motorbetriebsdrehzahl von 13,2 min -1 bei einem Nennstrom von 2 × 596 A wird eine Frequenz von etwa 9,9 Hz benötigt. Und genau hierin liegt die Stärke der neuen Motormodule der Sinamics S120 Chassis-2. Dank des neuen Umrichterdesigns ließ sich die Nennpulsfrequenz der Geräte auf 2,5 kHz verdoppeln, sodass trotz der niedrigen Motordrehzahl bzw. Frequenz ein guter Rundlauf erreicht wird. Auch die robuste Gesamtkonstruktion der 01 In der Sonntagskogelbahn 2 im österreichischen Snow Space Salzburg sorgt eine neuartige Antriebstechnik für Transportkomfort und -sicherheit der Wintersportler 02 Bei der Antriebssteuerung der zwei konzentrischen Direktantriebe bekamen die neuen Sinamics S120 Chassis-2 Motormodule den Zuschlag 03 Signifikante Vorteile der Sinamics S120 Motormodule: Kompakte Abmessungen, Verdoppelung der Taktfrequenz und redundanter Aufbau neuen Frequenzumrichter spielt ihre Vorteile aus: Das Derating konnte stark reduziert werden, was die Geräte nicht unnötig überdimensioniert. Zudem fallen die Motorengeräusche beim Betrieb mit dem Sinamics S120 Chassis-2 spürbar geringer aus. MODULAR AUSGELEGTER SYSTEMAUFBAU Karl Prammer fasst zusammen: „Bei der technischen Weiterentwicklung gilt es in der Seilbahnindustrie zwei Punkte zu beachten: Einerseits die Kundeneffizienz, sprich das, was der Fahrgast spürt, andererseits die technische Effizienz für den Betreiber. Bei letzterem geht es vorrangig um Verfügbarkeit und Energieeffizienz.“ Deswegen setzt Frey Austria, als Siemens Solution Partner, vorzugsweise aktuelle Innovationen wie die neuen Motormodule des Sinamics S120 Chassis-2 ein, um aus den Hightech-Servomotoren die beste Bewegung herauszuholen. Wenn dieses Konzept Schule macht, warten bereits die nächsten Projekte wie die Sonntagskogelbahn 3 und die Flying Mozart auf ihre Realisierung. Letztere ist eine Kabinenbahn, bei der dann vier Direktmotoren statt zwei für den „Bergauftrieb“ sorgen. Der modulare Systemaufbau von Motor und Frequenzumrichter könnte auch dort zur einfachen und effizienten Lösung beitragen. Denn eine prägnante Herausforderung speziell in der Seilbahnbranche sind die kurzen Durchlauf- und Bauzeiten. Da kommt es den Planern und Konstrukteuren entgegen, wenn Frequenzumrichterlösungen als Standard abrufbar bereit stehen, die sich nahtlos den Antrieben anpassen lassen, wie die neuen Sinamics S120 Chassis-2 Motormodule. Karl Prammer bestätigt: „Die speziellen Stärken unseres Unternehmens liegen in der kundenspezifischen Auslegung solcher Projekte.“ Standard-Frequenzumrichter mit den Vorteilen wie der neuen Sinamics S120 Chassis-2 Motormodule, so etwa kompakte Bauweise, ausgezeichnetes Regelverhalten und vereinfachtem Service, überzeugen im Seilbahngeschäft. Der Servicegedanke beinhaltet, dass sich die neuen Motormodule auch mit älteren Einspeisungen von Siemens kombinieren lassen. Karl Prammer zeigt sich zufrieden: „Für das kompromisslose Vergnügen der Fahrgäste ist eine moderne und effiziente Technik, wie sie unter anderem Siemens liefert, eine Grundvoraussetzung.“ Fotos: Siemens AG www.siemens.de www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2019/07 51