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antriebstechnik 7/2017

antriebstechnik 7/2017

STEUERN UND

STEUERN UND AUTOMATISIEREN Für mehr Flexibilität Gesamtsysteme ermöglichen produktive Servopressen für diverse Anwendungsbereiche Lange Jahre dominierten zwei Pressentypen den Markt: Die hydraulischen und die mechanischen Pressen. Seit geraumer Zeit ist mit den Servopressen ein dritter Typ auf dem Vormarsch. Gegenüber seinen beiden Vorfahren überzeugen die Servopressen in vielerlei Hinsicht gleich durch mehrere Vorteile. Lesen Sie mehr über diese Technik im Einsatz. Jürgen Dlugosch, Technischer Vertrieb und Susanne Aufmuth, Pressesprecherin; beide bei der Baumüller Gruppe in Nürnberg Die Weiterentwicklung der Direktantriebstechnik war es, die den Servopressen half, sich als Alternative zu hydraulischen und mechanischen Pressen zu etablieren. Stärke der hydraulischen Pressen ist die hohe Kraftübertragung sowie die Regelbarkeit von Kraft und Geschwindigkeit. Die Nachteile sind ein hoher Energiebedarf, ein hoher Wartungsaufwand sowie eine geringe Dynamik mit eingeschränkten Produktionskapazitäten. Bei mechanischen Pressen hingegen profitieren Hersteller von höherer Dynamik und damit gesteigerter Produktionskapazität. Ungünstig sind hier die aufwendige mechanische Konstruktion und die begrenzte Presskraft. Außerdem ist der Pressprozess in solchen Maschinen nicht regelbar und dadurch unflexibel. Betreiber mechanischer Pressen stecken oft in einer Zwickmühle. Sie müssen sich zwischen Produktivität und Qualität entscheiden. Hohe Geschwindigkeiten steigern die Hubzahl, aber schnelles Auftreffen auf das Material bringt oft Qualitätsprobleme mit sich. Außerdem ist durch die starre Funktionsweise die Produktvielfalt stark eingeschränkt. Für das Einrichten von Werkzeugen müssen zudem separate Probiermaschinen angeschafft werden, da die Geschwindigkeit der Produktionspressen zu hoch ist und es beim Einrichten zu Schäden an den Werkzeugen kommen kann. Alternative Servopressen Durch die stetig wachsende Leistungsfähigkeit der Elektromotoren können heute in vielen Bereichen Servopressen eine sinnvolle Alternative sein. Die Servopressen vereinen Regelbarkeit und Dynamik, eine Kombination, die mit traditionellen Pressen unmöglich war. Baumüller realisiert aktuell Servopressen bis zu einer Presskraft von 3 000 t. Weltweit greift eine steigende Anzahl von Pressenbauern auf die leistungsstarken High-Torque-Motoren sowie Leistungselektronik, Steuerungen und Software vom Nürnberger Hersteller zurück. Optimierungen sind dabei insbesondere hinsichtlich Taktzeit, Produktqualität, Werkzeugverschleiß, Energieverbrauch und Umweltverträglichkeit möglich. Anders als bei normalen mechanischen Pressen kann bei Servopressen die Geschwindigkeit, Position und Richtung des Pressenstößels jederzeit geregelt werden. Darüber hinaus kann die Umformkraft genau dosiert werden und über den Hub steht die komplette Nominalpresskraft zur Verfügung. Im Pendelhub kann die Hubhöhe der Presse außerdem minimiert werden, indem der Antrieb keine vollen Umläufe macht, sondern stetig die Drehrichtung ändert. Diese Möglichkeiten führen zu verkürzten Taktzeiten und damit zu Produktivitätssteigerungen von bis zu 100 % und zu 28 antriebstechnik 7/2017

STEUERN UND AUTOMATISIEREN 01 Weltweit greift eine steigende Anzahl von Pressenbauern auf leistungsstarke High-Torque-Motoren zurück 02 Beim Einsatz von Direktantriebstechnik entfallen wartungsintensive Verschleißteile einer höheren Produktvarianz. Zusätzlich können Hersteller aufgrund der Vorteile der Servotechnik hohe Qualitätsansprüche erfüllen, auch bei schneller Produktionsgeschwindigkeit. Der Pressenstößel kann bei maximaler Geschwindigkeit gefahren und dann kurz vor dem Anpresspunkt abgebremst werden, sodass beim Eintauchen ins Material die optimale Bearbeitungsgeschwindigkeit besteht. Damit muss der Betreiber nicht mehr zwischen guter Qualität und maximaler Produktivität entscheiden. Das geregelte Abbremsen führt außerdem dazu, dass der Werkzeugverschleiß und die Geräuschemissionen abnehmen. Aufgrund der frei regelbaren Geschwindigkeit kann bei Servopressen auch das Einfahren der Werkzeuge problemlos direkt an der Produktionsmaschine erfolgen, so dass die Anschaffung einer Probiermaschine entfällt. Aus der Technologie sind außerdem ganz neue Produktionsprozesse und Bearbeitungsmöglichkeiten entstanden. Durch die freie Programmierbarkeit des Bewegungsprofils können auf Servopressen z. B. Materialien bearbeitet werden, die eine Haltezeit im unteren Presspunkt, etwa zum Erhitzen des Materials, erfordern. Wartungsarme Direktantriebstechnik Beim Einsatz von Direktantriebstechnik in Pressen ist der Motor direkt mit der Kurbelwelle verbunden. Es wird hier also nicht nur eine exakte Dosierung der Umformenergie möglich, es entfallen zudem Verschleißteile. Dadurch sinkt der Wartungsaufwand und der Gesamtwirkungsgrad der Anlage steigt. Baumüller bietet für Pressenanwendungen Motoren mit hoher Rundlaufgüte, Dynamik und optimaler Antriebskühlung. 03 Pressen mit Direktantriebstechnik, hier eine Tablettenpresse, sind wartungsärmer und ermöglichen ein breiteres Spektrum von Umformprozessen bei kürzeren Umstellzeiten Auf der Steuerungsebene hat der Hersteller für Servopressen eine nutzerfreundliche Visualisierung und eine innovative Technologiebibliothek zur Errechnung von energieeffizienten Pressprofilen entwickelt. Durch den Einsatz eines Kurvengenerators wird ein energetisch optimierter Kurvenverlauf möglich und im Pendelbetrieb kann der Anwender die Pendelpunkte frei festlegen. In der Bibliothek stehen dem Kunden verschiedene vordefinierte Kurven zur Auswahl, die er durch seine anwenderspezifischen Kurven ergänzen kann. So können Pressprofile zeitsparend erstellt werden. Darüber hinaus bietet sich für Anwender die Option, Status- oder Diagnosemeldungen direkt über Smartphones oder Tablets abzurufen. Eine große Herausforderung an die Antriebstechnik in Servopressen sind die Stromspitzen bzw. die Spitzenleistungen, welche im Peak, d. h. wenn der Pressenstößel sich genau auf dem Presspunkt befindet, auftreten. Hier sind Maximalmomente nötig, um die benötigte Presskraft zu erzeugen und diese, wenn notwendig, zu halten. Die Antriebstechnik wird daher nicht ausschließlich ausgehend von den Nennmomenten berechnet, sondern kann zusätzlich auf Grundlage des Spitzenmomentes taxiert werden. Um diese hohen Anforderungen erfüllen zu können, hat Baumüller Motoren mit Mehrfachwicklung im Produktprogramm. Zudem hat der Nürnberger Hersteller ein umfangreiches Elektronikportfolio, das mit den Umrichterreihen vom Typ B Maxx 4000 und vom Typ B Maxx 5000 geeignete Spitzenlastgeräte umfasst. Mit den Spitzenlastgeräten der Umrichterreihen erfüllt Baumüller die Anforderungen von Servopressenherstellern. Gegenüber anderen mechanischen Pressen oder Hydraulikpressen sind Servopressen insgesamt energieeffizienter. In hydraulischen Pressen muss durchgehend der Öldruck aufrechterhalten werden, in herkömmlichen mechanischen Pressen wird ständig das Schwungrad angetrieben. Servopressen benötigen nur während des tatsächlichen Pressvorganges Energie. Mit den Baumüller-Umrichtern ist zudem die Rückspeisung von Bremsenergie möglich. Viele Pressenanwendungen profitieren vom Einsatz von Servoantriebstechnik. Die Vorteile reichen von höherer Produktivität und Produktqualität über höhere Genauigkeit und Reproduzierbarkeit, bis hin zu niedrigeren Schwingungs- und Geräuschentwicklungen und niedrigerem Energieverbrauch. Außerdem sind Pressen mit Direktantriebstechnik wartungsärmer und ermöglichen ein breiteres Spektrum von Umformprozessen bei kürzeren Umstellzeiten. www.baumueller.de antriebstechnik 7/2017 29