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antriebstechnik 6/2020

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antriebstechnik 6/2020

FORSCHUNG UND

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Fertigung und den Prüfläufen die Paarung an den Stirnflächen planparallel geschliffen worden. Für eine definierte Passung zwischen Bohrung und Welle ist die Bohrung der Verzahnung hartgedreht und anschließend mit einer Passfedernut versehen worden, über die das Drehmoment übertragen wird. Dieses Vorgehen war sowohl für das Rad als auch für das Ritzel notwendig. Für eine Validierung der berechneten Drehfehler sind gleiche Prüfbedingungen wie in den Simulationen zu schaffen. Dementsprechend ist prüfstandseitig eine Drehzahl analog zur Einflankenwälzprüfung von n An = 60 min -1 gewählt worden [VDI01]. Die Last wurde von M An = 20 – 190 Nm in einer Schrittweite von ∆M = 10 Nm variiert. 2.3 END-OF-LINE UNTERSUCHUNG DER PKW-VERZAHNUNG Bei Getrieben, die nicht ausschließlich in einem stationären Betriebspunkt betrieben werden, sondern innerhalb eines Drehzahlbereiches, empfiehlt sich eine Untersuchung des Betriebs- und Drehzahlspektrums. Hierzu werden Drehzahlrampen konstanter Steigung untersucht, um das Anregungsverhalten des Getriebes in einem Drehzahlband zu messen. Die zentralen dynamischen Untersuchungen sind auf dem End-of-Line (EoL) Prüfstand bei der Firma VW durchgeführt worden. Der Prüfstand besteht aus drei elektrischen Maschinen. Für die Untersuchungen wurde das Getriebe unter seriennahen Bedingungen auf dem Spannfeld aufgenommen und mit der drehmomentgeregelten Antriebsmaschine angetrieben. Als Abtrieb wurden zwei drehzahlgeregelte Elektromotoren eingesetzt. Das Spannfeld befindet sich in einem akustisch gekapselten Raum, der eine Messung weitestgehend ohne die Beeinflussung durch externe Einflüsse ermöglicht. Die Getriebeaufnahme bildet die Einbausituation im Fahrzeug nach. Bei der vorderen Aufnahme kommt ein dem Motor nachempfundener Block zum Einsatz. Bild 02 zeigt die Einbausituation auf dem Prüfstand. Bei den Untersuchungen zur Bestimmung der Verzahnungsanregung lag der Fokus auf der Zugflanke des 6. Gangs. Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurde das Getriebe unter den vom Hersteller definierten Spezifikationen montiert. Jeder Radsatz wurde in einem Prüfgehäuse eingebaut und getestet. Die Drehzahlhochläufe wurden im Drehzahlbereich des Antriebes von n An = 1 500…2 500 min -1 bei einer Rampe von a An = 200 min -1 × s -1 ausgewertet. Das Drehmoment wurde stufenweise von M An = 10 – 240 Nm mit einer Schrittweite von ΔM An = 10 Nm gesteigert. Der Fokus lag auf dem Körperschall am Serien-EoL-Messpunkt, vgl. Bild 02. Um eine Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse mit denen der Simulationen zu gewährleisten, ist die erste Zahneingriffsordnung der gemessenen Hochläufe über der Drehzahl für jedes Drehmoment gemittelt worden. Diese gemittelten Werte wurden anschließend über das Drehmoment aufgetragen, vgl. Bild 02 rechts unten. Der so entstandene Verlauf des unter dynamischen Bedingungen gemessenen Körperschalls ist mit dem der quasistatischen Drehfehlerberechnung und -untersuchungen verglichen worden. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit die Verzahnung in der Serienapplikation unter betriebsnahen Bedingungen zu testen. 3 EINFLUSS VON VERSCHRÄNKUNGEN AUF DAS GERÄUSCHVERHALTEN EINER PKW-VERZAHNUNG Im Rahmen des vorangegangenen FVA-Vorhabens 692 I (Topologisches Schleifen) ist u. a. dieser Verzahnungsfall hinsichtlich des Potenzials der Verschränkung untersucht worden. In dem Zusammenhang sind neben den natürlich verschränkten Varianten, die sich durch die konventionellen Hartfeinbearbeitungsverfahren ergeben, auch verschränkungsfreie und solche mit gezielt aufgebrachter Verschränkung analysiert worden. Für die Analyse des Einsatzverhaltens sind mit dem WZL-Programm ‚GearGen‘ geometriebasierte Fertigungssimulationen für die Hartfeinbearbeitungsverfahren (diskontinuierliches Profilschleifen und kontinuierliches Wälzschleifen) durchgeführt und als Eingangsinformation an die ‚FE-Stirnradkette‘ zur Berechnung des Einsatzverhaltens übergeben worden [CAO02]. Für die Bewertung des Anregungsverhaltens wird der sensitive Kennwert Drehfehler herangezogen. Ausgehend von den Serienkorrekturen wird das resultierende Anregungsverhalten der Varianten abgebildet. Die Drehfehlerverläufe repräsentieren den idealen Zustand der Verzahnung ohne überlagerte Fertigungs- oder Montagetoleranzen, jedoch sind die im Seriengetriebe auftretenden lastbedingten Verlagerungen berücksichtigt. Diese Verlagerungen führen zu einer über dem Drehmoment linear veränderlichen Flankenlinienwinkelabweichung, die im Nennmoment einen Betrag von f Hβ = 0 µm aufweist. Um diese Verlagerung vorzuhalten ist die linke Flanke des Ritzels mit einer Flankenlinienwinkelkorrektur versehen, während die rechte Flanke im Schubbetrieb keine großen Lasten erfährt und demnach ohne eine Winkelkorrektur ausgelegt ist. Die lastabhängigen Drehfehlerverläufe der ersten Zahneingriffsordnung für die zu untersuchenden Varianten sind für die Zugflanke in Bild 03 dargestellt. Die Varianten lauten: n Serie ohne Verschränkung (VS): verschränkungsfrei / konjugiert VS-kompensiert n Wälzschleife: mit natürlicher VS n Profilschleifen: mit natürlicher VS n Top. Optimiert: mit gezielter VS – Fokus: Drehfehler Die Ergebnisse zeigen, wie sich die Varianten bzgl. des Drehfehlerverlaufes in Abhängigkeit der Verschränkungen unterscheiden. Die Unterschiede sind auf die Ausprägung der Verschränkung zurückzuführen. Die Verschränkung führt zu einer diagonalen Ausbildung der Kontaktzone, die bei dem Profilschleifen und Wälzschleifen gegensinnig ausgeprägt ist. Wird die Variante Serie ohne Verschränkung als Referenz betrachtet, so ist eine Verschiebung des für den Drehfehlerverlauf typischen Minimums zu niedrigeren Drehmomenten durch die natürliche Verschränkung des Wälzschleifens festzustellen. Entsprechend der entgegengesetzten Charakteristik der natürlichen Verschränkung des Profilschleifens ergibt sich hierfür eine Verlagerung des Minimums hin zu höheren Drehmomenten. Hierbei bleibt der Betrag des Drehfehlers auf einem ähnlichen Niveau. Die Verschiebung des Minimums ist auf die lastabhängige wirksame Gesamtüberdeckung unter Berücksichtigung der Mikrogeometrie zurückzuführen, analog zu den Arbeiten von Mohamad und Geradts, nach denen das Minimum auf die Phasenlage des lastfreien und lastbedingen Drehfehlers zurückzuführen ist [MOHA09, GERA19]. Die Ausprägung der Verschränkung kann unter Einbezug der auf die Zahnflanke projizierten Eingriffsstrecke eindeutig charakterisiert werden [HELL15]. Demzufolge stehen die gegenüberliegenden Eckpunkte der Zahnflanke gegenüber der Solltopografie vor- oder zurück und beeinflussen auf diese Weise die wirksame Gesamtüberdeckung. So steht bspw. infolge der natürlichen Verschränkung aus dem Wälzschleifprozess die Flanke im Bereich des Eingriffsbeginns relativ zur verschränkungsfreien oder zur natürlichen Verschränkung des Profilschleifprozesses vor. Daraus resultierend nimmt die wirksame Gesamtüberdeckung im Vergleich zu und das charakteristische Drehfehlerminimum verschiebt sich zu niedrigen Lasten. 48 antriebstechnik 2020/06 www.antriebstechnik.de

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Dementsprechend kann bei einer Betrachtung der Sollkorrekturen das Wälzschleifen zu einer Verbesserung des Anregungsverhaltens für dieses Verzahnungsbeispiel im Niedriglastbereich führen, während das Profilschleifen eine im Bereich des Nennmomentes vergleichsweise geringere Anregung aufweist. Mit diesen Erkenntnissen kann eine Optimierung des Drehfehlerverlaufes hinsichtlich des Drehfehlerminimums durch gezielte Variation des Verschränkungsbetrags erfolgen. Werden die Varianten Serie ohne Verschränkung und Top. Optimiert verglichen, kann für den Kennwert Drehfehler unter Berücksichtigung der lastbedingten Verlagerung eine Verbesserung des Einsatzverhaltens im Nennmoment bei nur geringen Änderungen im Niedriglastbereich erreicht werden. Es ist festzustellen, dass die initiale Auslegung der Verzahnung bereits eine sehr niedrige Anregung aufweist. Die Radsätze sind von der Firma VW bereitgestellt und von der Firma Reishauer geschliffen worden. Das Verzahnungsmesszentrum P16 am WZL der Firma Klingelnberg wurde für die Verzahnungsmessung genutzt. Es waren je Variante zwei Radsätze für die Untersuchungen auf der Stirnradmesszelle vorgesehen und für die End-of-Line-Untersuchungen je ein Radsatz. Die Verzahnungsqualität aller untersuchten Zahnräder ist zeichnungskonform und reproduzierbar gefertigt worden. Eine detaillierte Fertigungsauswertung ist im Abschlussbericht des Vorhabens wiederzufinden [FVA19]. Die Anregungsuntersuchungen sind sowohl unter quasistatischen als auch dynamischen Randbedingungen bei unterschiedlichen Lastpunkten durchgeführt worden. Neben den genannten vier Hauptvarianten ist weiterhin das Anregungsverhalten einer verschränkungskompensierten sowie einer konjugiert kompensierten Radpaarung untersucht worden. 3.1 PRÜFSTANDSUNTERSUCHUNGEN UND VALIDIERUNG UNTER QUASISTATISCHEN BEDINGUNGEN Im Folgenden werden die anhand der experimentellen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse exemplarisch für die verschränkungsfreien sowie die topologisch optimierten Varianten beschrieben. In Bild 04 sind die Abweichungsflächen für die verschränkungsfreien Varianten dargestellt. Für diese Untersuchungen sind seriennahe Modifikationen geschliffen worden. Die Abweichungsflächen beschreiben die Kontaktabstände der abwälzenden Radpaarung und repräsentieren im gezeigten Fall die Zahnflankentopografie einer verschränkungsfreien sowie einer konjugiert verschränkungskompensierten Radpaarung. Im Fall der konjugierten Korrektur ist das Rad zum Ritzel gegenverschränkt gefertigt worden, sodass in der Abweichungsfläche eine Verschränkung von c vα = 0,0 µm angenähert wurde. Dazu wurden ein Rad der Paarung konventionell und das andere topologisch entgegengesetzt verschränkt geschliffen. Die Gegenüberstellung belegt in beiden Fällen die verschränkungsfreie Kontaktgeometrie unter Berücksichtigung einer geringfügigen Fertigungsstreuung. Die vergleichbaren Abweichungsflächen spiegeln sich auch im Drehfehlerverlauf wider. Demnach ist in beiden Verzahnungsdaten m n = 1,75 mm z 1,2 = 40/29 α n = 17,5° β = +/– 31,44° b = 15,5/15,7 mm a = 71,0 mm Schleifverfahren Wälzschleifen Variante Serie ohne Verschränkung Serie konjugiert VS-kompensiert Verzahnungsdaten m n = 1,75 mm z 1,2 = 40/29 α n = 17,5° β = +/– 31,44° b = 15,5/15,7 mm a = 71,0 mm Schleifverfahren Topologisches Wälzschleifen Simulationssoftware FE-Stirnradkette 4.2 mit gemessener Topografie Variante Top. Optimiert mit gezielter VS – Fokus: Drehfehler Cvα, Rad = 13,6 µm Cvα, Ritzel, links = 3,5 µm Cvα, Ritzel, rechts = -0,6 µm Legende Prüfstand Simulation Verzahnungsdaten m n = 1,75 mm z 1,2 = 40/29 α n = 17,5° β = +/– 31,44° b = 15,5/15,7 mm a = 71,0 mm 04 Vergleich zwischen verschränkungsfreier und verschränkungskompensierter Zahnflankentopografie Drehfehler 1.fz (p) [µm] Abweichungsflächen Untersuchungsergebnisse Serie ohne Verschränkung 2 1 Abweichungsfläche Prüfstand 0 10 60 110 160 210 260 Drehfehler 1.fz (p) [µm] Drehmoment Antrieb [Nm] 2 1 Linke Flanke 0 10 60 110 160 210 260 Drehmoment Antrieb [Nm] Drehfehler 1.fz (p) [µm] Serie konjugiert VS-kompensiert Drehfehler 1.fz (p) [µm] 2 1 2 1 Abweichungsfläche Prüfstand 0 10 60 110 160 210 260 Drehmoment Antrieb [Nm] 05 Funktionale Auswirkungen Pkw-Verzahnung – Top. Optimiert mit gezielter VS – Fokus: Drehfehler Simulationssoftware FE-Stirnradkette 4.2 mit gemessenen Topografien Legende Simulation Prüfstand Linke Flanke Rechte Flanke 0 10 60 110 160 210 260 Drehmoment Antrieb [Nm] 06 Zusammenfassung der quasistatischen Untersuchungen Schleifverfahren (Topologisches) Wälzschleifen Serie ohne Verschränkung Nat. VS Wälzschleifen Nat. VS Profilschleifen Top. Optimiert mit gezielter VS – Fokus: Drehfehler Drehfehler 1.fz (p) [µm] Drehfehler 1.fz (p) [µm] 2 1 0 10 60 110 160 210 260 2 1 Drehmoment Antrieb [Nm] 0 10 60 110 160 210 260 Drehmoment Antrieb [Nm] 2 1 Rechte Flanke 0 10 60 110 160 210 260 2 1 0 10 60 110 160 210 260 www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2020/06 49