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antriebstechnik 6/2015

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GETRIEBE UND

GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN I TITEL „Um Lichtjahre voraus“ Neue Getriebegattung revolutioniert den Hochleistungs-Maschinenbau Volker Sprenger Beim neuen, integrierten Getriebe wird erstmals auf ein Zahnrad verzichtet – statt dessen erreichen dynamisierte Zähne, die um ein Polygon herum gruppiert sind, Leistungsdaten, die bislang in dieser Baugröße unvorstellbar waren und in ihrer Kombination weltweit einzigartig sind. Erste Kundenprojekte bestätigen: Das Getriebe ist der Enabler für die nächste Generation im Hochleistungs-Maschinenbau. „So eine Innovation findet nur alle 50 Jahre statt“; „Der Dubbel muss neu geschrieben werden“; „Galaxie – was für ein Geistesblitz“ – solche Gedanken kommen denen in den Sinn, die sich näher mit der elementar neuen Getriebe-Kinematik im Galaxie Antriebssystem von Wittenstein befassen. Der Kern des Produktes: Ein Wälzlager mit polygonförmigem Innenring und ein segmentierter Lageraußenring – beides vollkommene Neuentwicklungen. Jeweils bezogen auf den Stand der Technik bei koaxialen Hohlwellengetrieben mit ähnlichem Außendurchmesser erreicht die Galaxie-Kinematik bis zu 170 % mehr maximales Drehmo- Volker Sprenger, Leiter Vertrieb Galaxie Antriebssysteme, WITTENSTEIN AG, Igersheim ment, eine bis zu 3-fach höhere Überlastsicherheit, je nach Vergleichsgetriebe drei bis fast sechs Mal mehr Verdrehsteifigkeit und bis zu 70 % größere Hohlwellendurchmesser. Dies sind nur einige der Leistungsmerkmale, mit denen die Getriebe gattung Galaxie Konstrukteuren neue Perspektiven eröffnet – und dem Hochleistungsmaschinenbau sowie der High End-Hand habungstechnik ein neues Leistungsuniversum. Getriebe-Kinematik neu gedacht Ausgangspunkt der Entwicklung der Getriebegattung war zum einen die Erkenntnis, dass bisherige Getriebebaufunktionen wie Stirnrad, Planetenrad, Hypoidgetriebe, Harmonic-Drive-Prinzip, Exzentergetriebe mit Evolvente und Zykloid-Getriebe nur noch begrenztes Innovationspotenzial bieten und sich Verbesserungen bei einem Leistungsmerkmal immer mit Kompromissen bei e inem oder mehreren anderen Leistungsmerkmalen „erkauft“ werden müssen. Die eigentliche, gedankliche Meisterleistung der Entwickler jedoch war die Abkehr vom Zahnrad als zentralem Getriebebauteil. Diesen Paradigmenwechsel eingeleitet hat die Tatsache, dass bei den bekannten Getriebeprinzipien immer nur wenige Zähne an der Drehmomentwandlung beteiligt sind und der Großteil der Zähne auf dem Zahnrad zur gleichen Zeit nicht genutzt werden. Hieraus wurde der Grundgedanke abgeleitet, das Zahnrad in Einzelzähne zu segmentieren, auf ein un run des 3er-Antriebspolygon mit Nadellager anzuordnen, zu dynamisieren und entlang der Innenverzahnung des Hohlrades zu führen. Dadurch wird erreicht, dass jetzt fast alle Zähne gleichzeitig am Zahneingriff beteiligt sind. Die Verzah- 16 antriebstechnik 6/2015

TITEL I GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN 01 Im Galaxie Antriebssystem verschmelzen eine völlig neuartige Getriebegattung und ein neu entwickelter Hochleistungsmotor nungsgeometrie selbst ist als logarithmische Spirale ausgeführt, wodurch – bei einer Gleichlaufgenauigkeit von gemessenen 0,5 Winkelminuten – der Zahneingriff nicht mehr wie bei Getrieben mit Zahnrädern als Linienkontakt erfolgt, sondern als Flächenkontakt. FEM-Vergleichsberechnungen mit einem schrägverzahnten Planetengetriebe zeigen, dass bei gleichem Hohlwellendurchmesser die neue Galaxie-Getriebekinematik 6,5 Mal mehr tragende Zahnfläche aufweist. Hieraus resultieren zu einem erheblichen Maße u. a. die bis zu 170 %ige Leistungssteigerung bei der Drehmomentwandlung und die bis zu dreifach höhere Überlastsicherheit. Verschleißfrei und spielkonstant Eine weitere Besonderheit der Kinematik ist, dass sich beim flächigen Multizahneingriff ein hydrodynamischer Schmierfilm aufbaut. Durch die Art und Weise, wie jeder Zahn mit konstanter Druckverteilung im Kontakt mit seiner Flanke flächig in die Innenverzahnung des Hohlrades läuft, wird ein großes, stabiles Druckpolster erzeugt. Aufgrund der großen Zahl tragender Zähne und des flächigen Zahnkontakts besteht auch bei höchster Momentenbelastung schon ab geringen Drehzahlen eine hydrodynamische Schmierung. Im Gegensatz beispielsweise zu evolventischen Zahnradgetrieben sind mechanischer Abrieb und Verschleiß nahezu ausgeschlossen. Da zudem auch die Passung zwischen den runden Zahnkörpern und den Zahnträgerbohrungen nicht messbar verschleißt, bleibt ein einmal eingestelltes Verdrehspiel über die Lebensdauer absolut konstant. Die maximale dynamische Steifigkeit Die Kinematik des Galaxie-Systems ist so entwickelt worden, dass z. B. bei 24 Einzelzähnen nahezu alle im Eingriff und knapp die Hälfte von ihnen an der Drehmomentübertragung und Steifigkeitsbildung beteiligt sind. Das neuartige Konstruktionsprinzip führt zudem dazu, dass zwischen dem Zahnträger und der Innenverzahnung des Hohlrades nur ein minimaler Spalt von 0,5 mm vorhanden ist. Durch diesen extrem kurzen Abstand gibt es kaum noch eine Biegelänge, wie man sie von Getrieben mit Zahnrädern kennt. Die eingreifenden Zähne werden also kaum verformt und verfügen gleichzeitig durch ihre zylindrische Führung im Zahnträger über einen zusätzlichen Freiheitsgrad um ihre eigene Achse. Diese Zahnausrichtung optimiert das Eingreifen in die Innenverzahnung und führt von selbst zu einer optimalen Breitenlast- antriebstechnik 6/2015 17 Rotor-Clip.indd 1 13.05.2015 09:23:43