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antriebstechnik 5/2019

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UMRICHTERTECHNIK

UMRICHTERTECHNIK FREQUENZUMRICHTER DREI-LEVEL-TECHNOLOGIE VERSUS LC-FILTER Beim Betrieb von Elektromotoren werden zwischen Umrichter und Motor häufig LC-Filter eingesetzt. LC-Filter sind dann nötig, wenn die getaktete Umrichter- Betriebsart zu einer unzulässig hohen Belastung der Motorisolation führt oder qualitativ schlechte Motorströme auftreten. Ein Frequenzumrichter mit Drei-Level-Technologie – wie zum Beispiel der SD2M von Sieb & Meyer – kann den Einsatz von LC-Filtern überflüssig machen. Rolf Gerhardt ist Leiter Vertrieb Antriebselektronik bei der Sieb & Meyer AG in Lüneburg Für die Isolation von Statorwicklungen gibt es einschlägige Leitfäden und Normen. So beschreibt die IEC 600034-25 sehr genau die Grenzwerte von auftretenden Spannungsspitzen und Spannungs-Anstiegsgeschwindigkeiten, die an den Motorklemmen maximal auftreten sollten. Das grundsätzliche Problem beim Umrichter-Betrieb mit der gängigen Puls-Weiten-Modulation (PWM) liegt darin, dass die vom Umrichter an den Klemmen ausgegebene Spannung in Rechteckform nicht in gleicher Form an den Motorklemmen ankommt. Abhängig vom physikalischen Aufbau der Gesamtanlage bzw. Maschine und den verwendeten Motorleitungen können am Motor Spannungsspitzen von über 2 000 V auftreten. Insbesondere die Motorleitungslänge hat einen großen Einfluss auf die Spannungsspitzen – und zwar bereits ab etwa fünf Metern Länge. SPANNUNGSSPITZEN VERMEIDEN Hohe auftretende Spannungsspitzen belasten die Statorwicklungen enorm und können zu Isolationsdurchbrüchen führen, die die Statorwicklungen dauerhaft schädigen. Dies führt wiederum zu Kurzschlüssen zwischen den Wicklungen. Eine bleibende Schädigung kann innerhalb von Sekunden, aber auch erst nach Monaten auftreten. LC-Filter können diesen Effekt zuverlässig verhindern. Wer sie einsetzt, muss jedoch mit zusätzlichen Kosten, zusätzlichem Platzbedarf und Gewicht sowie Einbußen im Wirkungsgrad rechnen. Auch gilt es, LC-Filter vorab für die jeweilige Applikation auszulegen – das kostet Zeit und Flexibilität. Zur Bewertung von Spannungsspitzen werden sowohl die maximal auftretende Spannungs-Amplitude (U peak ), aber auch die dabei auftretende Spannungsanstiegs-Geschwindigkeit (tr) herange zogen. Heutige Standardumrichter im Leistungsbereich ab ca. 2 kW werden i. d. R. über das dreiphasige 400-V-Netz versorgt und arbeiten mit einer Zwei-Level-PWM. Moderne und schnelle Halbleiterschalter erzeugen Spannungsspitzen am Motor, die nicht selten deutlich höher als 1 000 V liegen. Das heißt, das Kriterium der Spannungs anstiegs-Geschwindigkeit (tr) wird relevanter, wobei sich die Richtwerte häufig nicht einhalten lassen. In der Folge sind LC-Filter notwendig – sie gelten aber nicht als einzige Option: Eine echte Alternative stellt die Umrichter-Technologie mit Drei-Level- PWM dar. Die maximalen Spannungssprünge betragen nur die Hälfte der Zwei-Level-Technologie. Dies führt i. d. R. dazu, dass die am Motor zu messenden maximalen Spannungsimpulse unter 1 000 V liegen und damit auch die maximal erlaubte Spannungsanstiegs-Geschwindigkeit eingehalten werden kann – sogar mit modernsten Halbleitern. Folglich können LC-Filter entfallen. 56 antriebstechnik 2019/05 www.antriebstechnik.de

UMRICHTERTECHNIK MOTORSTROMQUALITÄT VERBESSERN Für Drehstrommotoren ist es essenziell, dass die Qualität der eingeprägten Motorströme sehr gut ist. Alles, was von der idealen Sinusform abweicht, erzeugt Verluste im Motor. Etwa 90 % dieser Verluste entstehen im Rotor und führen damit zu unerwünschten Erwärmungen. Der von der Sinusform abweichende Motorstromanteil wird durch den Umrichter mit seiner PWM-Arbeitsweise erzeugt und stellt sich als sogenannter Ripple-Strom dar. Dieser überlagert den sinusförmigen Motorstrom. Der sich einstellende Ripple-Strom hängt ab von der Schaltfrequenz, der Umrichter-DC-Spannung und – ganz entscheidend – von der Motorinduktivität. Kleine Induktivitäten erzeugen große Ripple-Ströme, was insbesondere bei schnelllaufenden Synchronmotoren sehr ungünstig ist, da diese, physikalisch bedingt, sehr kleine Induktivitäten haben müssen. Die entstehende Rotorerwärmung kann extreme Auswirkungen auf die Rotorstabilität, die Permanentmagnete und die Lagerung haben. Probleme treten vor allem bei hohen Nenn- 01 02 01 LC-Filter werden bei unzulässig hoher Belastung der Motorisolation oder qualitativ schlechten Motorströmen eingesetzt 02 Die IEC 600034-25:2007 beschreibt die Grenzwerte von auftretenden Spannungsspitzen und Spannungs-Anstiegsgeschwindigkeiten www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2019/05 57