FORSCHUNG UND ENTWICKLUNGGESTEIGERTE BAHNGENAUIGKEITGENAUERE INDUSTRIEROBOTERDURCH KOMPENSATION DERGETRIEBEÜBERTRAGUNGSFEHLERIndustrieroboter bieten einen großenArbeitsraum, hohe Flexibilität und zahlreicheFreiheitsgrade bei vergleichsweise geringenInvestitionskosten. Allerdings weisen sie imVergleich zu Werkzeugmaschinen einegeringere Absolut- und Bahngenauigkeit auf.Um neue Anwendungsgebiete für dieIndustrierobotik zu erschließen, forscht dasInstitut für Steuerungstechnik derWerkzeugmaschinen undFertigungseinrichtungen (ISW) derUniversität Stuttgart an regelungstechnischenLösungen zur Genauigkeitssteigerung.Die geringe Bahngenauigkeit von Industrierobotern ist inerster Linie auf die nichtlineare Dynamik der Gelenkezurückzuführen. Die üblicherweise eingesetzten Zykloidgetriebesind weitgehend spielfrei, stellen aufgrundvon Hystereseeffekten und Getriebeübertragungsfehlern aberdennoch eine wesentliche Fehlerquelle für Bahnabweichungendar. Die periodisch auftretenden, winkelabhängigen Fehler zwischenMotor- und Getriebeabtriebswinkel (Bild 01) werdendurch Fertigungs- und Montagetoleranzen verursacht. In diesemBeitrag wird ein Konzept zur Modellierung von Getriebeübertragungsfehlernvorgestellt, welches zukünftig zur Fehlerkompensationeingesetzt werden soll.EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGZur Untersuchung der in Robotergetrieben auftretenden physikalischenEffekte wurde am ISW ein Getriebeprüfstand (Bild 02)aufgebaut, welcher die isolierte Betrachtung einer einzelnenRoboterachse ermöglicht. Für die hier durchgeführten Untersuchungenwird ein Zykloidgetriebe von Nabtesco (RH380-N,Nenndrehmoment 3,7 kNm, Untersetzungsfaktor 185) genutzt,welches in Robotern für hohe Traglasten eingesetzt wird. DerPrüfstand zeichnet sich dadurch aus, dass abtriebsseitig nichtnur eine träge Masse oder eine Bremse montiert ist, sondern einHigh-Torque-Motor genutzt wird um dynamische Lastmomenteabzubilden. Neben motor- und abtriebsseitigen Positionssensorensind ein abtriebsseitiger Drehmomentsensor sowie ein Getriebetemperatursensorverbaut.Die Messergebnisse am Getriebeprüfstand zeigen, dass eindeutigeBeziehungen zwischen den dominanten Frequenzanteilender Getriebeübertragungsfehler und deren mechanischenUrsachen hergestellt werden können. Wie in Bild 04 veranschaulicht,setzen sich die Fehler hauptsächlich aus dem Rundlauffehlerder Abtriebswelle sowie Fehleranteilen der Zykloidscheibe40 antriebstechnik 2025/04 www.antriebstechnik.de
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG01 Getriebeübertragungsfehler über den auf eine abtriebsseitigeRotation normierten Motorwinkel0°Motorwinkel3 = /1234502 Getriebeprüfstand für experimentelle UntersuchungenZykloidgetriebeAntriebsseitigerMotorGetriebe-90°Bubertragungsfehler3 1 " 10 -4TE = rad0-1 " 10 -4180°TemperatursensorDrehmomentsensorKupplung231456270°6AbtriebsseitigeLastmaschineGetriebeBubertragungsfehler3TE = rad0,50-0,503 Identifikation des polynomiellen Fourierreihenmodells für eine Beispielmessung(Lastmoment −750 Nm, Geschwindigkeit −2,5 °/s, Temperatur 26 °C)"10 -4MessungReferenz-FourierreihePolynomielles Fourierreihenmodell0 45 90 135 180 225 270 315 360Motorwinkel 3 = /Einseitiges SpektrumjP1(f)j = rad3,532,521,510,5"10 -5 AusgangswelleZykloidscheibeMessungAmplitudenReferenz-FourierreiheZykloidstufe00 50 100 150 200 250 300 350Normalisierte Frequenz f = "und des Eingriffs der Zykloidscheibe in die Stifte der Zykloidstufezusammen. Lastmomente in Bewegungsrichtung vergrößern dieGetriebeübertragungsfehler, während Lastmomente entgegender Bewegungsrichtung diese verkleinern. Für positive Geschwindigkeitenresultiert ein negativer Getriebeübertragungsfehler,da das auftretende Reibmoment wie ein zusätzliches Lastmomententgegen der Bewegungsrichtung wirkt.MODELLIERUNGWährend in Black-Box-Modellen Zusammenhänge zwischen Eingangs-und Ausgangsvariablen rein datenbasiert ohne die expliziteBerücksichtigung physikalischer Zusammenhänge abgebildetwerden, wird in Grey-Box-Modellen physikalisches Systemwissenmit datengetriebenen Methoden kombiniert. Da kein reinerBlack-Box-Ansatz angestrebt wird, sondern ausschließlichauf mechanische Fehler zurückzuführende Fehleranteile modelliertwerden sollen, werden nur die in der experimentellen Untersuchungidentifizierten relevanten Fehlerfrequenzen im Modellberücksichtigt. Die Getriebeübertragungsfehler, die sich aus diesenFrequenzanteilen zusammensetzen, sollen durch eine zustandsabhängigeFourierreihe beschrieben werden. In dieserFourierreihe werden Amplitude und Phase als Polynom in Abhängigkeitvon Lastmoment, Geschwindigkeit und Temperaturbeschrieben. Zur Modellidentifikation wurden 224 Messungenqq !+−$θθ "#04 Blockschaltbild der modellbasierten Kompensation derGetriebeübertragungsfehler+−Reglerττ ',!AntriebZykloidgetriebeGetriebeübertragungsfehlermodellmit Lastmomenten von 0 Nm bis ± 1.000 Nm, Geschwindigkeitenvon ± 2,5 °/s bis ± 10 °/s und Temperaturen von 20 °C bis 50 °C aufgezeichnet.Um die Temperatur möglichst anwendungsnah zuerhöhen, wurden zwischen den Messungen Aufheizzyklen gefahren.Für jede einzelne Identifikationsmessung werden Amplitudeund Phase an den relevanten mechanischen Frequenzen identifiziert.Aus diesen einzelnen Messpunkten wird dann für jedeFrequenz ein Polynom mittels der Methode der kleinsten Fehler-θθ̇ θθττ 'www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2025/04 41TTττ $%&!qq
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