Aufrufe
vor 3 Jahren

antriebstechnik 4/2021

  • Text
  • Sensoren
  • Kraftstufe
  • Sieb
  • Siemens
  • Testverfahren
  • Anwender
  • Hohen
  • Einsatz
  • Unternehmen
  • Antriebstechnik
antriebstechnik 4/2021

FORSCHUNG UND

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG FRESSTRAGFÄHIGKEIT VON SCHMIERSTOFFEN FÜR DOPPELKUPPLUNGSGETRIEBE An Schmierstoffe für Doppelkupplungsgetriebeanwendungen werden aufgrund eines oft gegensätzlich geforderten Reibungsverhaltens in den Komponenten besondere Anforderungen gestellt. Erfahrungen zeigen, dass der Stufentest A10/16,6R/90 nur bedingt geeignet ist, derartige Schmierstoffe zu differenzieren. Daher wurde ein geeignetes Testverfahren zur Bestimmung der Fresstragfähigkeit niedrigviskoser Schmierstoffe für Doppelkupplungsgetriebeanwendungen entwickelt. EINLEITUNG Bei der Schadensart Fressen an Zahnrädern handelt es sich um einen Mechanismus, der spontan auftreten und auf ein Versagen der Zahnflankenschmierung zurückgeführt werden kann [6], [14]. Ein typischer, ausgeprägter Fressschaden an einem Prüfritzel vom Typ A ist auf dem Aufmacherbild dargestellt. Fressschäden können bereits nach einer einmaligen, kurzzeitigen Überlastung auftreten. Als Folge erhöhter Dynamik und verletzter Oberflächen steigt in der Folge das Geräusch sowie die Grübchen- und Zahnbruchgefahr [13]. Maßgebliche Einflussfaktoren auf die Fresstragfähigkeit stellen unter anderem der verwendete Schmierstoff sowie der Einlauf dar [8], [10]. So kann bei einer gegebenen Verzahnung mit gegebenen Betriebsbedingungen der Schmierstoff durch die Art und Konzentration der darin enthaltenen Additive, durch das Grundöl und dessen Viskosität mehr als Faktor 10 die Fressgrenzlast beeinflussen, der Einlauf bis Faktor 5. Zur Berechnung der Fresstragfähigkeit eines Praxisgetriebes kann die genormte Berechnungsvorschrift DIN 3990-4:1987-12 [2] herangezogen werden. Hierbei wird ein auftretender Wert der maximalen Temperatur einem zulässigen Wert, der der Festigkeit des Schmierstoffes entspricht, gegenübergestellt. Auf Basis der physikalischen und chemischen Parameter der Schmierstoffe ist eine Vorhersage der Fresstragfähigkeit nicht möglich [7], [11]. Hierzu stehen eine Vielzahl von Testverfahren zur Verfügung, mit denen mit möglichst einfachen Methoden, bei begrenztem Aufwand und mit kleinen erforderlichen Ölmengen eine zutreffende Aussage zur Fresstragfähigkeit eines Schmierstoffes getroffen werden soll, vergleiche Höhn et al [9]. Jedoch erlauben nur Testverfahren mit Zahnrädern eine sichere Übertragung der ermittelten Schmierstoff-Festigkeitswerte auf Praxisgetriebe [7], [11]. So ermittelt Wirtz [17] in systematischen Untersuchungen die Fresstragfähigkeit unterschiedlicher Schmierstoffe und weist nach, „dass keine Korrelation zwischen Ergebnissen auf einfachen Prüfmaschinen und dem Verhalten der Schmierstoffe im Zahnkontakt herzustellen ist“ [7]. Da sich unterschiedliche Schmierstoffe in ihrer Fresstragfähigkeit aufgrund ihrer Zusammensetzung zum Teil massiv voneinander unterscheiden ist es nicht möglich, die Ermittlung der Fresstragfähigkeit des gesamten Spektrums an Schmierstoffen mit nur einem Testverfahren abzudecken. Neben dem Standardtest A/8,3/90 stehen daher auch verschärfte Methoden zur Verfügung, um auch Öle höherer Fresstragfähigkeit differenziert hinsichtlich Fressen prüfen zu können. 60 antriebstechnik 2021/04 www.antriebstechnik.de

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG STANDARDTEST A/8,3/90 UND VERSCHÄRFTE METHODEN Sämtliche bestehenden Zahnrad-Testverfahren zur Bestimmung der Fresstragfähigkeit von Getriebeölen werden unter Verwendung des FZG-Standard-Verspannungs-Prüfstands mit mechanischem Leistungskreislauf mit Achsabstand a = 91,5 mm durchgeführt. Der Prüfstand ist schematisch in Bild 01 dargestellt. Das Prüf- und Übertragungsgetriebe ist mit zwei Wellen verbunden, in die über die Belastungskupplung das gewünschte Drehmoment über Hebel und Gewichte oder über eine Verspannschere eingebracht werden kann. Das Drehmoment kann an der Torsionsmesskupplung kontrolliert werden. Der Prüfstand wird an der Radwelle des Übertragungsgetriebes von einem Elektromotor angetrieben. Dieser muss wegen der mechanischen Verspannung nur die Verluste des Systems aufbringen [7]. Bei dem Standardtest A/8,3/90 nach DIN ISO 14635-1:2006-05 [4], früher DIN 51354, wird die Prüfverzahnung Typ A bei einer Umfangsgeschwindigkeit v = 8,3 m/s in jeder Kraftstufe für jeweils 21700 Umdrehungen betrieben, was etwa 15 min entspricht [7], [11]. Die Belastung wird in Stufen von 1 bis 12 solange gesteigert, bis in einer Stufe das Schadenskriterium Fressen erreicht wird oder der Test bis Kraftstufe 12 schadensfrei betrieben wird [7], [11]. Die Verzahnung Typ A ist fresskritisch ausgelegt; im Bereich des Ritzelkopfes treten hohe Pressungen und hohe Gleitgeschwindigkeiten auf. Das Getriebe wird unter Tauchschmierung mit ca. 1,3 Litern Schmierstoff betrieben. Ab Kraftstufe 5 beträgt die Anfangsöltemperatur 90 °C und bleibt ungeregelt. In den oberen Kraftstufen kann diese bis auf über 130 °C ansteigen [4]. In den Kraftstufen 1 bis 4 darf die Öltemperatur zu Beginn des Tests unterhalb 90 °C liegen [7], [11]. Nach dem in DIN ISO 14635-1:2006-05 [4] genormten visuellen Verfahren ist die Schadensgrenze erreicht, wenn über den Umfang aufsummiert am Ritzel mehr als eine Zahnbreite (= 20 mm) durch Riefen oder Fresser geschädigt ist. Ein exemplarisches Foto einer Zahnflanke eines Prüfritzels Typ A mit ausgeprägten Fressern ist im Aufmacherbild dargestellt. Eine genaue Beschreibung des Testablaufes kann der Norm DIN ISO 14635-1:2006-05 [4] entnommen werden [7], [11]. Mit dem Test kann die Fresstragfähigkeit eines Schmierstoffes bei Testumfangsgeschwindigkeit v = 8,3 m/s und Testöltemperatur ϑ oil = 90 °C bestimmt werden [7]. Verschiedene Schmierstoffe können vergleichend bewertet werden und das Ergebnis kann als Festigkeitswert in die Berechnung der Fresstragfähigkeit für Stirnräder nach DIN 3990 [2] oder Kegelräder nach DIN 3991 [3] eingeführt werden [7], [11]. Mit dem Standardtest können typischerweise ATF (Automatic Transmission Fluid) und Turbinengetriebeöle differenziert geprüft werden, das Ergebnis für typische Industrie- und Schaltgetriebeöle liegt über, für Achsgetriebeöle deutlich über der höchsten genormten Kraftstufe 12 [7]. Typische Ergebnisse des Tests A/8,3/90 sind in Tabelle 01 dargestellt. 01 FZG-Standard-Verspannungs-Prüfstand [4] 02 Fresstemperatur von Getriebeölen (Integraltemperatur) [7] 03 Ergebnisse der Fresstests verschiedener Öle [7] Tabelle 1 Typische Kraftstufen des FZG Tests A/8,3/90 [4] www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2021/04 61