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antriebstechnik 4/2019

antriebstechnik 4/2019

SPECIAL: HANNOVER MESSE

SPECIAL: HANNOVER MESSE 2019 01 Automation. In der neuen Maschine setzt ein Endeffektor bis zu 20 Niete pro Minute, üblicherweise im Abstand von einem Zoll. Dabei kommen schnell mehrere zehntausend Niete an einem Bauteil zusammen, was zu Prozesszeiten von bis zu acht Stunden führt. Dann muss die Anlage freigefahren und neu gerüstet werden. State-of-the-art ist dabei der Einsatz maßgeschneiderter Aufnahmen für jede Bauteilgruppe, was in Anbetracht der immensen Dimensionen eine aufwändige Lagerhaltung und Logistik bedingt und zu längeren Umrüstzeiten führt. Das verursacht Kosten und geht zu Lasten der Ausbringung. EFFIZIENTER MIT FLEXIBLER BAUTEILAUFNAHME 02 Größtenteils vermeiden lassen sich diese Nachteile mit flexibel auf unterschiedliche Bauteilgruppen einstellbaren „Universal“-Aufnahmen. Das Grundprinzip dieses automatisierungstechnisch anspruchsvollen „Flexible Toolings“ von Broetje-Automation: Statt starrer, bauteilspezifischer Aufnahmen sind auf dem verfahr-, drehund neigbaren Trägerrahmen fünf in Längs- (X) und Werkzeug-/ Zustellrichtung (Z/W) servomotorisch positionierbare Brücken aufgebaut. Auf jeder Brücke sind sechs in Umfangs- und Zustellrichtung (A/Z) servomotorisch positionierbare Sauger- und Spanneinheiten installiert. Diese werden programmgesteuert eingestellt, unterschiedliche Bauteilgruppen stabil fixiert und wie bisher im dreidimensionalen Raum verfahren und bearbeitet. Damit dauert das Umrüsten nur noch einen Bruchteil der bisherigen Zeit, zudem entfällt die Lagerhaltung für zahlreiche statische Bauteilaufnahmen. Im laufenden Prozess werden Brücken, Saugerund Spanneinheiten einzeln programmgesteuert verfahren, um den Weg frei zu machen für den Werkzeuggegenhalter, dabei werden Kollisionen mit Anlagenteilen sowie dem Werkstück sicher vermieden. Bei der aktuellen Anlage lassen sich alle fünf Brücken auf dem Trägerrahmen zur Seite fahren und so auch vorhandene Bauteilträger einsetzen, was zusätzliche Flexibilität für den Anwender schafft. 80 DEZENTRALE SERVOS … So sorgen allein an den fünf Brücken 80 Servoachsen für maximale Flexibilität und Freiheitsgrade. Dieses bewährte Prinzip haben die Niedersachsen nun erneut innoviert und für einen amerikanischen Flugzeugbauer erstmals in einer neuen Antriebsaufbauform umgesetzt. Mit Unterstützung von Siemens wurden die bislang einzeln aus dem zentralen Schaltschrank versorgten und angesteuerten Servomotoren an und auf den Brücken durch dezentrale Servoantriebe Sinamics S120M ersetzt. Der kompakte, modulare Antrieb von Siemens ist eine anschlussfertige Einheit aus einem Servomotor Simotics S-1FK7 mit Multiturn- Absolutwertgeber und integriertem Leistungsteil. Die Ausführung in Schutzart IP65/IP67 erlaubt den direkten Einbau in die Anlage. Für die Anwendung wurden durchweg einheitliche Geräte in Achshöhe 36 mit Haltebremse gewählt, die somit nicht ständig in Regelung betrieben werden müssen. Die Verbindung zur Einspeisung über ein Sinamics Active Line Module im zentralen Schaltschrank 01 Die Hybridleitungen werden von Antrieb zu Antrieb durchgeschleift, was im Vergleich zum zentralen Aufbau kilometerweise Kabel spart 02 Neben Kabel, Aufwand und Zeit spart der Einsatz 80 dezentraler Antriebe auch sehr viel Platz im zentralen Schaltschrank 03 Der dezentrale Servoantrieb Sinamics S120M integriert einen Servomotor Simotics S-1FK7 mit Multiturn-Absolutwertgeber und ein Leistungsteil 03 04 Über die Hybridleitung (orange) versorgt jedes Adaptermodul 16 dezentrale Antriebe mit 600 V DC, Hilfsspannung und Drive-Cliq- Signal für die ersten sechs Antriebe

SPECIAL: HANNOVER MESSE 2019 schaffen fünf Adaptermodule AM600. Von diesen aus bringen vorkonfektionierte Motion Connect Hybridleitungen die Versorgungsspannung (600 V DC), die Hilfsspannung (48 V) und das Signal des digitalen Antriebsbusses Drive-Cliq zum jeweils ersten Servoantrieb Sinamics S120M auf jede Brücke. Für diese Hybridleitung verfügt jeder S120M über zwei Schnittstellen, mit denen die Verbindung einfach von Antrieb zu Antrieb durchgeschleift wird. Ein Adaptermodul AM600 im Schaltschrank versorgt zuverlässig die jeweils 16 Antriebe einer Brücke. Die maximal mögliche Anzahl anschließbarer Antriebe hängt u. a. von der kumulierten Leistungsaufnahme der S120M-Elektronik, den Leitungsverlusten sowie der verbleibenden Hilfsspannung am letzten Antrieb ab. Sie konnte mit einem einfachen Excel- Tool des lokalen Siemens-Vertriebs sicher verifiziert werden. … AUFWANDSARM UND SCHNELL VERBUNDEN Die dezentrale Aufbauform sparte in diesem Fall nicht nur kilometerweise Kabel. Jeden der zwischen 60 und 100 m vom zentralen Schaltschrank entfernten 80 Antriebe einzeln über ein konventionelles Leistungsteil und -kabel zu versorgen und anzusteuern, habe bislang einen hohen Verkabelungsaufwand sowie viel Zeit für Montage und Inbetriebnahme erfordert, so der verantwortliche Teamleiter Hardware-Projektierung bei Broetje-Automation. Selbst bei einer weiteren Optimierung wären beim jüngsten Projekt deutlich über fünf Kilometer Leistungskabel nötig. Mit dezentralen Sinamics S120M reduzierte sich dies auf fünf Hybridleitungen mit je rund 100 m mit integriertem Antriebsbus Drive-Cliq. Hinzu kamen zehn Drive-Cliq-Signalleitungen à 50 m für die Regelung der diversen Antriebe. Um noch mehr Platz zu schaffen und zusätzlich Kabel einzusparen, hat Siemens im Rahmen des Projekts eine Möglichkeit generiert, auf den Zentimeter genau vorkonfektionierte Hybridleitungen zu liefern. Davon profitieren künftig auch andere Anwender. „Wir konnten an einer prototypisch aufgebauten Brücke die Längen passgenau optimieren und den begrenzten Bauraum für Aufbauten konstruktiv voll ausnutzen“, so der Hardware-Projektierer. NCU gesetzt und mit der zentralen IPAC-NCU vernetzt. Siemens hat dazu ein Verteilprogramm erstellt, das es dem Betreiber ermöglicht, ohne zusätzlichen Aufwand auch weiterhin mit nur einem NC-Programm zu arbeiten. Die Entwickler von Broetje-Automation profitieren auch bei kommenden IPAC-Anlagen von der neuen Verteilung der Antriebsaufgaben auf mehrere NCUs. Dadurch sind der Programmaufbau und sämtliche Achsbezeichnungen für jede Brücke nahezu identisch und mit geringem Aufwand anpassbar. So lassen sich mehr oder weniger umfangreiche Anlagen zukünftig deutlich schneller erstellen. Bislang war der Steuerungsverband anders strukturiert und nur mit leistungsstärkeren NCUs zu realisieren. Damit trägt das dezentrale Antriebskonzept sogar indirekt zu geringeren Gesamtkosten für die Automatisierung bei. Zumal die verbliebene zentrale Installation in einem weniger als zwei Meter breiten Schaltschrank untergebracht werden konnte – früher waren dafür mindestens fünf Meter erforderlich. In der Folge reduziert sich auch die Kühlleistung für den Schaltschrank. ALLES AUS EINER HAND – UMFASSENDE UNTERSTÜTZUNG INKLUSIVE Alle Komponenten aus einer Hand zu erhalten, gewährleistet von Anfang an deren ideales Zusammenspiel. Vertrauen in Automatisierungstechnik von Siemens allgemein und in die neue, dezentrale Antriebstechnik im Speziellen, hat auch der amerikanische Anwender. Er hat schon weit vor dem Produktionsstart seiner beiden neuen IPAC-Anlagen Interesse an einer ähnlich aufgebauten Multi Panel Assembly Cell (MPAC) von Broetje-Automation mit Sinumerik- Steuerung und knapp 50 Sinamics S120M gezeigt. Halle 9, Stand D35 Fotos: Siemens AG www.siemens.com STEUERUNGSKONZEPT OPTIMIERT Koordiniert werden IPAC-Anlagen mit Flexible Tooling von einem Verband aus sechs Sinumerik NCUs 720.3B PN, jede erweitert um zwei Numeric Control Extension (NX15.3) für jeweils bis zu sechs weitere Servoachsen. Zu deren Regelung führen von den NX- Baugruppen zusätzliche Antriebsbusleitungen zu entsprechenden Drive-Cliq-Extensions auf den Brücken. Um eine gewisse Modularisierung zu erreichen, haben die Spezialisten von Broetje-Automation für jede Brücke eine eigene Sinumerik 04 DIE IDEE „Mehrere Dutzend Servoantriebe einer Hautfeldnietanlage für Flugzeugbauteile in klassischer Aufbautechnik zentral zu versorgen und anzusteuern, erforderte bislang immer kilometerweise Kabel, viel Platz und einen immensen Verdrahtungsaufwand. Mit dezentralen Einheiten aus Motor und Leistungsteil und deren Anbindung über Hybridkabel hat sich dieser Aufwand deutlich reduzieren lassen. Im Sinamics S120M von Siemens haben wir eine technisch und wirtschaftlich optimale Lösung dafür gefunden.“ Dr.-Ing. Christian Heyers, Vice President Engineering, Broetje-Automation GmbH www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2019/04 95

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