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antriebstechnik 4/2019

antriebstechnik 4/2019

KOMPONENTEN UND SOFTWARE

KOMPONENTEN UND SOFTWARE Zahnbreite Achsabstand Modulbereich Fräser-Liste Feinauslegung Strategie Sobald Achsabstand und Zahnbreite feststehen, kann die Makrogeometrie der Zahnräder mit der sogenannten Feinauslegung optimiert werden. Hierbei geht es hauptsächlich darum, eine Berechnung der möglichen Variationen der Hauptparameter der Zahnräder durchzuführen, z. B. des Normalmoduls, des Eingriffswinkels, des Schrägungswinkels, der Zähnezahl, der Profilverschiebung und des Bezugsprofils (Bild 03). Bei Einsatz moderner Programmierwerkzeuge stehen am Ende einer solchen Berechnung schnell über 1 000 verschiedene geometrische Lösungen zur Verfügung. Die größte Herausforderung besteht darin, alle nicht realisierbaren Varianten auszuschließen und eine intelligente Strategie für das Erkennen der optimalen Lösung zu entwickeln. Beim herkömmlichen Abwälzfräsen oder Erzeugen einer Verzahnung mithilfe eines Stoßrads ist die Auswahl von Normalmodul, Eingriffswinkel und Zahnrad-Bezugsprofil direkt mit der Werkzeuggeometrie verknüpft. Einschränkungen bei der Herstellung können somit die Anzahl der realisierbaren Lösungen begrenzen. In Bild 04 sind zwei mögliche Ansätze dargestellt: Eine Liste verfügbarer Fräser kann als Vorgabe für das Feinauslegungsverfahren verwendet werden, um Kosten zu sparen, die sich durch die Erfordernisse eines Sonderfräsers beim späteren Herstellprozess ergeben können. Anders sieht es aus, wenn die optimierte Zahnradkonstruktion einmalig sein soll. Dann ist die Fräsergeometrie ein Resultat der Be­ Soll- Überdeckung Berechnungsmethode Eingriffswinkelbereich Schrägungswinkelbereich Fräser-Geometrie Optimale Zahnrad- Makrogeometrie 03 04 05 In Bild 02 sind zwei Lösungen mit minimalem und maximalem Achsabstand dargestellt. Beide Lösungen sind realisierbar, da die Sollsicherheitsfaktoren erfüllt sind. Zu diesem Zeitpunkt muss der Ingenieur festlegen, welche Lösung sich optimal für die jeweilige Anwendung eignet. Bei der Suche nach der optimalen Lösung lassen sich verschiedene Strategien verfolgen. Ein häufig verfolgter Ansatz besteht darin, das Gewicht der Zahnräder zu reduzieren, da es direkt mit den Herstellkosten verbunden ist (Werkstoffpreis pro kg). Durch Auswahl eines entsprechenden Achsabstands lassen sich bis zu 25 % Zahnrad gewicht einsparen (Lösungen zwischen 5,4 und 7,1 kg). Ein weiterer Ansatz besteht darin, die Leistungsdichte der Zahnräder zu maximieren (max. übertragbares Drehmoment/kg) – ein guter Kompromiss zwischen niedrigem Gewicht und hoher übertragbarer Leistung. In manchen Anwendungen, bspw. bei Zahnrädern aus Kunststoff, stellen Lösungen mit minimalem Achsabstand (kleinste Getriebedimensionen) aufgrund des begrenzten, im Endprodukt zur Verfügung stehenden Bauraums die bevorzugte Variante dar. In anderen Anwendungen wiederum werden Lösungen mit dem höchsten Modul bevorzugt, um den Einfluss von Fertigungstoleranzen zu verringern. Die Grobauslegung von Zahnrädern stellt also einen wichtigen Schritt im Konstruktionsprozess von Zahnrädern dar. Sie zeigt verschiedene Möglichkeiten realisierbarer Getriebedimensionen auf und ermöglicht die Durchführung von Optimierungen in den Bereichen Gewicht, Größe und Herstellkosten von Zahnrädern. Im nächsten Schritt muss die Makrogeometrie der Zahnräder optimiert werden. MAKROGEOMETRIE VON ZAHNRÄDERN UND OPTIMIERUNG 88 antriebstechnik 2019/04 www.antriebstechnik.de

KOMPONENTEN UND SOFTWARE 03 Feinauslegung 04 Feinauslegung, Sicherheitsanalyse 06 05 Feinauslegung und Analyse zu Schalldruckpegel, Gewicht und Wirkungsgrad 06 Beispiele für zwei optimale geometrische Lösungen mit Standardbezugsprofil (links) und Hochverzahnung (rechts) rechnung, und es eröffnet sich neues Potenzial für Optimierungen. Beispielsweise kann man eine gewünschte Profilüberdeckung (eps_a ≥ 2) definieren und diese Einschränkung dazu nutzen, das Bezugsprofil des Zahnrads zu iterieren, um Lösungen mit hoher Überdeckung und geringerer Variation der Eingriffsteifigkeit zu erhalten. Nachdem man den Achsabstand und die Zahnbreite festgelegt hat, kann man verschiedene Normalmodule sowie Eingriffs- und Schrägungswinkel über verschiedene Kombinationen aus Zähnezahl und Profilverschiebungsfaktoren hinweg iterieren und dabei Lösungen ausschließen, n bei denen die Mindestanforderungen an die Sicherheitsfaktoren nicht erfüllt sind, n die einen Unterschnitt aufweisen, n bei denen die Zahndicke am Zahnkopf zu klein ist, n bei denen die Abweichung vom geforderten Zähnezahlverhältnis zu groß ist oder n bei denen das spezifische Gleiten (Verschleiß, Reibung) zu hoch ist. Mithilfe eines einfachen Algorithmus lassen sich die besten Lösungen hinsichtlich Zähnezahlverhältnis, Festigkeit, Gewicht, Eingriffsteifigkeit, spezifischem Gleiten etc. sortieren und extrahieren. Ein solcher Algorithmus kann zudem für die Erzeugung einer Liste der besten Gesamtlösungen auf der Grundlage einer gewichteten Kombination der vorstehend aufgeführten Kriterien verwendet werden. In Bild 04 und Bild 05 ist die letzte Phase einer solchen Optimierung dargestellt, bei der nur einige wenige Kandidaten übrig bleiben, welche die besten Lösungen darstellen. Lösung Nr. 0 war der Ausgangspunkt nach Abschluss der Grob auslegung. Alle sonstigen Lösungen sind das Resultat der Optimierung bei identischem Achsabstand und identischer Zahnbreite (identische Getriebedimensionen). Sämtliche optimierten Lösungen weisen beträchtliche Verbesserungen bei den Sicherheitsfaktoren und beim Wirkungsgrad sowie einen geringeren Schalldruckpegel nach Masuda [2] auf. Die Lösung Nr. 244 stellt einen guten Kompromiss aus hoher Festigkeit und hohem Wirkungsgrad einerseits und geringem Gewicht und niedrigem Geräuschpegel andererseits dar. Wir haben hiermit eine effektive Methode für die Optimierung der Makrogeometrie von Zahnrädern bei vorgegebenen Einschränkungen für die Herstellung vorgestellt. Im nächsten Schritt wird die Mikrogeometrie der Zahnräder definiert. Für die weitergehende Analyse werden wir zwei unterschiedliche Varianten (Bild 06) aus dem Feinauslegungsverfahren verwenden. Die Zahnräder auf der linken Seite haben ein Bezugsprofil C nach der Norm ISO 53 [3]. Die Zahnräder auf der rechten Seite weisen ein hohes Zahnprofil auf, das mit einer Profilüberdeckung von 2 optimiert wurde. Sie haben außerdem ein etwas geringeres Normalmodul. Sonstige Parameter wie Achsabstand, Zahnbreite, Eingriffswinkel, Schrägungswinkel und Zähnezahlverhältnis bleiben unverändert. Fotos: Kisssoft AG www.kisssoft.com Literaturverzeichnis: [1] ISO 6336, Tragfähigkeitsberechnung von geradund schrägverzahnten Stirnrädern, Teile 1, 2, 3 und 6, 2006 [2] Masuda, T.: Prediction Method of Gear Noise Considering the Influence of the Tooth Flank Finishing Method, Japan, 1986 [3] ISO 53, Stirnräder für den allgemeinen und Schwermaschinenbau – Standard-Bezugszahnstangen – Zahnprofile, 1998 DIE IDEE „Zur Nachrechnung von Stirnrädern gibt es diverse Normen wie ISO, DIN, VDI, AGMA usw. In den Normen ist jedoch nicht enthalten, wie eine Verzahnung ausgelegt werden soll. Es fehlte bis anhin also eine technische Anleitung, welche die einzelnen Schritte zur Stirnradauslegung durchläuft und dabei die aktuellen technologischen Herausforderungen mitberücksichtigt. Die vorliegenden Ausführungen bieten dem Ingenieur einen Vorschlag, wie eine solche Auslegung in der Praxis durchgeführt werden kann.“ Ilja Tsikur, Vertriebsingenieur, Kisssoft AG www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2019/04 89