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antriebstechnik 4/2018

antriebstechnik 4/2018

MAGAZIN I INTERVIEW

MAGAZIN I INTERVIEW „Wir denken immer schon global“ Ringspann auf Expansionskurs: Geschäftsführer Fabian Maurer im Interview Mit der Inbetriebnahme des zweiten Produktionswerks am Standort Bad Homburg verwirklichte Ringspann Mitte 2017 ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zum Vollsortimenter für Antriebstechnik-Komponenten. Für Geschäftsführer Fabian Maurer ist das allerdings nur ein Teil der global ausgerichteten Unternehmensstrategie, mit der alle Produktgruppen auf jenes Niveau geführt werden sollen, auf dem sich die Freilauf-Sparte von Ringspann bereits seit Jahrzehnten befindet: An die Spitze der internationalen Märkte. Im Interview erläutert Firmenchef Fabian Maurer, welche Maßnahmen für dieses Jahr auf der Agenda stehen. Herr Maurer, warum der Bau eines zweiten Produktionsstandortes in direkter Nachbarschaft des Ringspann- Stammsitzes in Bad Homburg? Im Rahmen unserer 2014 formulierten Unternehmensstrategie haben wir den Entschluss gefasst, Ringspann zum internationalen Vollsortimenter für hochwertige Kupplungen und Bremsen der indus triellen Antriebstechnik weiterzuentwickeln. Dafür galt es zwei fundamentale Voraussetzungen zu schaffen. Erstens: Mit Abstand zum Wettbewerb wollen wir unsere Marktführerschaft im Bereich der Freiläufe behaupten können. Und zweitens: Wir brauchen mehr Entfaltungsraum für unsere anderen Produktlinien Industriebremsen, Welle-Nabe-Verbindungen sowie Überlast- und Wellenkupplungen, um deren Wachstumskurve weiter und vor allem steiler ansteigen zu lassen. Mit dem Bau des zweiten Werks, der Investition in zahlreiche neue Maschinen und der Etablierung moderner Lean­ Management-Prozesse haben wir nun für alle Produktlinien optimale Entwicklungs- und Produktionsbedingungen geschaffen. Zeigen diese Maßnahmen denn schon sichtbare Effekte für die Anwender? Stand 2016 im Zeichen zahlreicher Neuheiten der Produktlinie Freiläufe, waren es dieses Jahr vorrangig die Bereiche Industriebremsen und Welle-Nabe-Verbindungen, die mit vielen neuen Standard- und Premiumlösungen aufwarten konnten. Für die Welle-Nabe-Verbindungen konnten wir zudem unseren neuen Webshop mit einem Berechnungstool für die Konstrukteure freischalten. Und in diesem Jahr wird unsere Kupplungs-Sparte voll durchstarten. Grundsätzlich ermöglichen es die verbesserten Entwicklungs- und Fertigungsumgebungen – flankiert von weiteren Modernisierungsmaßnahmen – unsere Produktpolitik zu dynamisieren. Das ist entscheidend für unsere zukünftige Positionierung. Denn erst wenn Sie hinsichtlich Auswahl und Typenvielfalt über ein wirklich repräsentatives Portfolio verfügen, nimmt Sie der Markt als Vollsortimenter oder One-Stop-Supplier ernst. Welche Marktabdeckung erreichen denn die Ringspann-Produkte für die Antriebstechnik derzeit? Bei der Internationalisierung unserer Unternehmens - gruppe haben wir sowohl unsere Produktlinien für die Antriebstechnik im Auge als auch unsere Produkt bereiche Spanntechnik und Fernbetätigungen. Fabian Maurer, Geschäftsführer, Ringspann AG Bei den Freiläufen sind wir Weltmarktführer; hier überspannt unser Sortiment inzwischen über 90 Prozent aller heute denkbaren Produkte, Modelle und Varianten. Bei den Bremsen gehören wir mit fast 80 Prozent Marktabdeckung zu jenen Herstellern, deren Auswahl einen nahezu vollständigen technologischen Querschnitt 12 antriebstechnik 4/2018

INTERVIEW I MAGAZIN durch die Welt der Industriebremsen abbildet. Ähnlich verhält es sich bei den Welle- Nabe-Verbindungen. Und bei den Überlast- und den Wellenkupplungen repräsentiert unser Portfolio aktuell etwa die Hälfte aller möglichen Produkte… …weshalb Sie hier vermutlich das größte Wachstumspotenzial sehen? Schon jetzt verzeichnen wir in diesen Bereichen starke Wachstumsimpulse. Das Produktspektrum bei den Überlastkupplungen haben wir bereits 2016 und abermals dieses Jahr erweitert. Und unser Wellenkupplungs-Portfolio wurde in den letzten Monaten massiv ausgebaut und durch viele neue Kupplungstypen ergänzt. Das heißt also, dass Sie sich bei Ihren Marktanalysen immer am Geschehen auf den Weltmärkten orientieren? Richtig, wir denken schon immer in globalen Dimensionen – das gilt übrigens auch für unsere anderen Produktlinien Spannzeuge und Fernbetätigungen. Weltweit hat unser Unternehmen inzwischen sieben Produktionsstandorte und 13 internationale Gesellschaften. Und ob Getriebebau, Fahrzeug- oder Flugzeugbau, Bahn- oder Marinetechnik, Windkraft, Bergbau oder Rohstoffindustrie – auch unsere über 6 000 Kunden agieren zum großen Teil global. Allein schon deshalb ist es ja so wichtig, dass wir unsere Entwicklung zum Vollsortimenter auch durch die internationale Expansion der Ringspann- Gruppe vorantrieben. Wie kommen Sie denn voran bei der weiteren Internationalisierung Ihres Unternehmens? Wir wachsen hier jedes Jahr ein gutes Stück. Ich darf vielleicht daran erinnern, dass seit 2015 eine Repräsentanz in Singapur sowie Tochterunternehmen in Schweden und Südafrika zur Ringspann-Gruppe gehören. Und dass in 2016 unsere italienische Gesellschaft hinzukam. Seit 2017 haben wir außerdem eine Unternehmenstochter in Österreich, und unsere nächsten Schritte auf dem internationalen Parkett stehen sozusagen vor der Tür. Bei der Internationalisierung haben wir sowohl unsere Produktlinien für die Antriebstechnik im Auge als auch unsere Produktbereiche Spanntechnik und Fernbetätigungen, also mechanische Remote-Control-Sys teme wie etwa Druck-Zug-Kabel. Lassen Sie uns an dieser Stelle hinter die Kulissen schauen? Zum 1. Januar 2018 haben wir durch die Übernahme eines norditalienischen Herstellers ein weiteres Mal unsere Industriebremsen-Sparte gestärkt. Zudem kündigen sich in meinem Kalender bereits die nächsten vielversprechenden Termine mit ausländischen Gesprächspartnern an. Wir halten hier Kurs, denn die Verbesserung der Kundenorientierung durch eine stärkere Vor-Ort-Präsenz ist ja ebenfalls eine feste Zielgröße unserer mittel- und langfristig angelegten Unternehmensstrategie. Welche Ziele gehören denn noch zu dieser offenbar recht umfassenden Gesamtstrategie? Unsere Gruppenstrategie ist tatsächlich umfassend und bündelt eine ganze Reihe von Maßnahmen und Zielsetzungen auf unterschiedlichen Ebenen. Einiges klang im Laufe des Gesprächs ja bereits an. Nicht unerwähnt möchte ich aber lassen, dass wir derzeit auch vielfältige Maßnahmen zur Effizienzsteigerung, zur Prozessoptimierung sowie zur strukturellen Modernisierung von Administration und Beschaffungswesen durchführen. Weitere Aktionsfelder sind die Weiterentwicklung unserer Branchenmanager, die über Spezial- und Detailwissen zu unseren Zielgruppen und Schlüsselmärkten verfügen, sowie die kontinuierliche Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation – etwa mithilfe unserer Ringspann-Academy. Und nicht zuletzt gehört auch die konsequente Digitalisierung aller Unternehmensprozesse zu unserer Gesamtstrategie. Die Digitalisierung aller Unternehmensprozesse? Das klingt nach viel Arbeit … Das ist es in der Tat, zumal wir darunter nicht nur die unternehmensweite SAP- Einführung und die Integration neuer 3-D-CAD- und CRM-Systeme verstehen, sondern auch die weitgehende Digitalisierung von Produktions- und Geschäftsprozessen. Die funktionelle Weiterentwicklung der Ringspann-Website mit interaktiven Tools für Einkäufer und Konstrukteure gehört ebenfalls dazu. Bei der Digitalisierung kooperieren wir übrigens eng mit den Spezialisten der CiP-Lernfabrik an der Technischen Universität Darmstadt. Von 01 Neben Elektrobremsen sind zahlreiche Baureihen mit pneumatischen und hydraulischen Bremsen verfügbar: Das Bild zeigt den Bremssattel in einer Windkraftanlage dort beziehen wir eine ganze Reihe richtungsgebender Impulse. Welchen Zeitplan haben Sie sich denn für die Umsetzung Ihrer Strategieziele gesetzt? Die zahlreichen Maßnahmen der Gesamtstrategie wurden bereits 2014 auf kurz- und mittelfristige Einzelprojekte verteilt, von denen wir inzwischen viele abschließen konnten; einige später gestartete Vorhaben laufen noch. Insgesamt liegen wir gut im Zeitplan und wie eingangs erwähnt, haben wir ja mit der Inbetriebnahme unseres neuen Werks in Bad Homburg ein sehr wichtiges Etappenziel bereits umgesetzt. Einige darauf aufbauende Projekte sowie verschiedene längerfristig angelegte Vorhaben werden uns naturgemäß noch eine Weile begleiten. Wir rechnen damit, 2020 den Großteil der Maßnahmen und Zielsetzungen realisiert zu haben. Ich bin aber sicher, dass zu diesem Zeitpunkt längst wieder viele neue Ideen auf unserer To-do-Liste stehen. Fotos: Lindner-Recyclingtech, Ringspann und Pioneer Wincon www.ringspann.com 02 Das Unternehmen hat sein Wellenkupplungs-Portfolio in den letzten Monaten ausgebaut antriebstechnik 4/2018 13