SPECIAL: KUPPLUNGEN UND BREMSEN INDUSTRIEBREMSEN AGILITÄT UND EFFIZIENZ IN MODERNER GESTALT Weltweit gelten Elektrobremsen als Standardlösung für die Realisierung von Halteund Not-Stopp-Systemen im Maschinen- und Anlagenbau. Eine aktuelle Generation setzt hinsichtlich Schaltperformance, Energieeffizienz und Design nun neue Maßstäbe. Sie trägt die Serienbezeichnung MV, verfügt über eine innovative Schließmechanik und bringt Klemmkräfte bis zu 25.000 N auf die Scheibe. Ringspann erklärt: „Ihre geschlossene Formgebung folgt den Regeln des modernen Industriedesigns, ihre hohen Schaltzahlen erschließen dem Anwender erweiterte Leistungs- und Flexibilitätspotenziale und ihr Energiebedarf ist nur minimal. Darüber hinaus verfügen sie über eine intelligente Elektronik und arbeiten mit einer hocheffizienten Schließmechanik.“ Gemeint sind die neuen federbetätigten und elektromagnetisch gelüfteten Scheibenbremsen der Baureihe MV von Ringspann. Ausgelegt für Klemmkräfte bis zu 25.000 N und serienmäßig verfügbar für Bremsscheiben-Durchmesser von 300 bis 710 mm decken sie eine große Bandbreite von Halte-, Not-Stopp- und Verzögerungs-Applikationen im Maschinenund Anlagenbau ab. Zu ihren typischen Einsatzgebieten zählen der Werkzeugmaschinenbau, die Turbinen-, Ventilatoren- und Lüftertechnik, die Winden- und Wickeltechnik, die Windkraftindustrie sowie die allgemeine Antriebstechnik. Dabei sind sie vor allem für jene Konstrukteure attraktiv, die Anwendern und Betreibern den hohen Installations- und Wartungsaufwand hydraulischer und pneumatischer Bremssysteme ersparen wollen. Michael Stöcker, Freier Fachjournalist, Darmstadt INNOVATIONSSPRUNG Rein chronologisch betrachtet ließen sich die elektromagnetischen Scheibenbremsen der neuen Baureihe MV auch als Weiterentwicklung der bekannten E-Brake-Serien EV/EH des Herstellers sehen. „Allerdings ist der Innovationssprung in diesem Fall so groß, dass wir hier guten Gewissens von einer neuen Bremsengeneration sprechen können“, beschreibt Franz Eisele, Leiter der Sparte Bremsen und Kupplungen bei Ringspann. Maßgebend für diese Sichtweise sind, neben dem modernen Industriedesign der Bremsen, vor allem zwei technische Aspekte: Ihre außergewöhnliche Schaltperformance und eine neue Schließtechnik. Mit serienmäßig bis zu 550 Schaltungen pro Stunde im 230 VAC-Betrieb und bis zu 450 Schaltungen pro Stunde im 400 VAC-Betrieb dürften die MV-Bremssättel derzeit wohl zu den schnellsten und agilsten Elektro-Scheibenbremsen auf dem Markt gehören. In Kombination mit ihrer geschlossenen, robusten Bauform prädestiniert sie das laut Hersteller für den Einsatz in anspruchsvollen Umgebungen mit häufigen Bremsvorgängen. Derzeit noch laufende Testläufe lassen erwarten, dass für die MV-Baureihe ein B10d- Wert von etlichen Millionen Schaltzyklen erreicht wird. Hinzu kommt: Die neue, inzwischen patentierte Schließmechanik ver- 34 antriebstechnik 2023/03 www.antriebstechnik.de
SPECIAL: KUPPLUNGEN UND BREMSEN WAS BEDEUTET B10- UND B10D-WERT? Der B10-Wert ist ein statistischer Faktor, ermittelt aus Lebensdauerversuchen mit einer entsprechenden Anzahl von Prüflingen. Er steht für die mittlere Zahl von Schaltzyklen einer Einheit, nach der mit maximal 10 Prozent Ausfällen zu rechnen ist. Der Wert gilt unter definierten Bedingungen; als Ausfall wird das Überschreiten vorgegebener Grenzwerte (Schaltzeit, Leckage usw.) bezeichnet. Zu beachten ist, dass ein Bauteil schon vor dem Erreichen des B10-Wertes ausfallen kann. Die angegebene Überlebenswahrscheinlichkeit (B10-Wert) stellt daher keine Herstellergarantie dar. Dagegen gibt der B10d-Wert nach ISO 13849-1 die Zahl der Schaltzyklen an, nach der es bei 10 Prozent der betrachteten Einheiten zu gefährlichen Ausfällen kommt („d“ steht für „dangerous“). Der Wert ist relevant, wenn Sie eine Risiko- und Gefährdungsanalyse erstellen. Stärke: Die Scheibenbremsen sind für Klemmkräfte bis 25.000 N ausgelegt leiht den Bremsen einen überdurchschnittlich großen Luftspalt bei nur minimalem Federkraftverlust während dessen Überbrückung. „Dadurch deckt die neue Baureihe MV auf dem Gebiet der elektromagnetischen Bremsen einen außergewöhnlich großen Anwendungsbereich ab“, erläutert Eisele. Ebenfalls erwähnenswert ist die integrierte schwimmende Lagerung der Bremsen, die kleine axiale Asymmetrien der Bremsscheibe ausgleicht. SPARSAM UND INTELLIGENT Die Scheibenbremsen Typ MV sind für Betriebsspannungen von 220 bis 240 VAC und 380 bis 480 VAC erhältlich. In Sachen Energieeffizienz knüpfen sie an die bekannten Werte der EV/EH-Serie an. Optional anbringen lässt sich zudem ein Induktivgeber für das sensorische Monitoring der Bremsenfunktion (offen oder geschlossen) und den Verschleißgrad des Bremsbelags. Der Reibklotztausch ist ohne Demontage der Bremse erledigt. Bremsmoment und Klemmkraft können einfach und genau über eine Stellmutter auf den Einsatzfall abgestimmt werden. Ebenfalls optional gibt es einen Hebel zum manuellen, kontrollierten Öffnen der Bremse. „Mit Blick auf moderne Industrie-4.0-Anwendungen haben wir zudem sichergestellt, dass sich die sensortechnischen Überwachungsfunktionen in übergeordnete Sicherheits- und Steuerungssysteme integrieren lassen“, betont Eisele. All das sind wichtige Beiträge zur Verbesserung der Effizienz, Betriebssicherheit und Verfügbarkeit industrieller Antriebssysteme. ERWEITERTER SPIELRAUM Über das bisheriges Portfolio an Elektroscheibenbremsen hinaus, gibt es nun sechs weitere Grundtypen von E-Brakes. Sie sind ab sofort in den drei Rahmengrößen 022, 033 und 044 mit Klemmkräften von 4 bis 25 kN lieferbar und lassen sich flexibel als Halte-, Not-Stopp- oder Betriebsbremsen einsetzen. Die Rahmengröße 022 eignet sich für Bremsscheiben der Dicken 12,5 und 20 mm, die Größe 033 für 12,5 und 25 mm dicke Scheiben und bei der Größe 044 können die Bremsscheiben 25 und 30 mm dick ausfallen. Im Zusammenspiel mit dickeren Bremsscheiben lassen sich die MV-Bremsen der Baugrößen 033 und 044 auch für thermisch heikle Bremsvorgänge einsetzen. Konstruktive Vorteile ergeben sich zudem durch das kompakte Design und ihr geringes Eigengewicht. „Beides erweist sich als Pluspunkt für alle Fälle, bei denen die Bremse integrierter Teil einer bewegten Einheit ist“, ist sich Eisele sicher. Der Hersteller offeriert die MV-Bremsen in Ausführungen mit manueller (Bautyp FEM) sowie in einer Variante mit automatischer Verschleißnachstellung (Bautyp FEA). Während sich die manuelle Nachstellung primär für Halteanwendungen oder Applikationen mit eher seltenen Bremsungen eignet, empfiehlt sich die automatische Verschleißnachstellung vorrangig für Betriebsbremsen mit anspruchsvollen Verzögerungsaufgaben. Bilder: Ringspann www.ringspann.de DIE IDEE „Mit Blick auf moderne Industrie-4.0- Anwendungen haben wir sichergestellt, dass sich auch die sensortechnischen Überwachungsfunktionen unserer neuen MV-Bremsen leicht in übergeordnete Sicherheits- und Steuerungssysteme integrieren lassen.“ Franz Eisele, Leiter Bremsen und Kupplungen, Ringspann, Bad Homburg www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2023/03 35
Laden...
Laden...
Laden...