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antriebstechnik 3/2018

antriebstechnik 3/2018

ELEKTROMOTOREN Manchmal

ELEKTROMOTOREN Manchmal ist „genau“ einfach nicht genau genug Schüssler Technik – Präzisionsantriebe seit 40 Jahren Marie-Kristin Krueger ist Redakteurin der Zeitschrift antriebstechnik „Genau, ist uns nicht genau genug“ – Das ist der Slogan, mit dem die Firma Schüssler Technik auf ihrer Website wirbt. Zurecht. Denn das Unternehmen fertigt hochgenaue Antriebe, Lagereinheiten und Antriebssysteme für Branchen, die höchste Präzision verlangen. Wir haben das Schüssler-Technik-Team am Standort in Pforzheim besucht und unter anderem mit Ullrich Gäbel, Geschäftsführer Forschung & Innovation, gesprochen. A m Anfang stand die Präzision, genauer gesagt beschäftigt sich Schüssler Technik seit dem Bestehen des Unternehmens mit der Produktion von Sondermaschinen zur Brillenherstellung: Vor Ort wurden schon damals diverse Fräs-, Biege-, und Laserlötmaschinen entwickelt und gefertigt – das ist auch heute noch so. Im Jahr 1995 betrat Schüssler jedoch ein neues Feld und befasste sich zunehmend mit dem antriebstechnischen Bereich. Das Unternehmen entschloss sich dazu, die Direktantriebe für die Brillenmaschinen selbst herzustellen. Der Grund dafür: Der Hersteller wollte in diesem Bereich noch präzisere Ergebnisse erzielen – doch den entscheidenden Anstoß gab ein befreundetes Unternehmen aus Wetzlar. Ullrich Gäbel erinnert sich: „Das Unternehmen fertigt Maschinen für die Brillenherstellung an, haben sich jedoch, im Vergleich zu Schüssler, auf die Produktion von Gleitsichtbrillen spezialisiert. Eines Tages kam man auf uns zu und fragte: ‚Könnt ihr nicht einen Direktantrieb entwickeln, der auf der Oberfläche der Linse keine Pulsationen mehr erzeugt?‘. Und dann legten wir los und schufen damit die Basis für unsere Spezialisierung auf hochgenaue Antriebslösungen.“ Qualitätsantriebe nach Maß Maschinen zur Brillenherstellung werden bei Schüssler Technik auch heute noch entwickelt und produziert. Zu den Kernkompetenzen des Unternehmens zählt allerdings heute die Entwicklung individueller Hochgenauigkeitsantriebe mit extremer Kippsteifigkeit für unterschiedliche Bran- 01 „Zukünftig erhoffen wir uns einen noch breiteren Einsatz in verschiedenen Bereichen der Werkzeugmaschinenindustrie“, Ullrich Gäbel in der Montage bei Schüssler Technik 02 Erprobung der Hochpräzisions-Rollenlagerung im Werkstückspindelstock einer Rundschleifmaschine 03 Dietmar Rupprecht, Geschäftsführer Vertrieb/Produktmanagement Schüssler Technik, im Gespräch 01 02 20 antriebstechnik 3/2018

Redakteurin Marie-Kristin Krueger im Gespräch mit Ullrich Gäbel chen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem eigens entwickelten Baukastensystem aus rastmomentfreien Servomotoren und pulsationsfreien Lagereinheiten. Diese bieten dem Anwender hochgenaue Antriebssysteme – bis in den Nanometer-Bereich. Die Lösungen kommen u. a. in der Messtechnik, für Werkzeugmaschinen wie Dreh- und Fräseinheiten, zur 3D-Hartbearbeitung sowie in der Lasertechnik zum Einsatz. Die Antriebe sind gefettet und werden ausschließlich in staubfreier Umgebung montiert. Das Angebot umfasst verschiedene Leistungsgrößen und kann in allen Varianten applikationsspezifisch angepasst werden. Ferner entwickelt das Unternehmen Werkzeugspindeln zur Bearbeitung von Kunststoffen und NE-Metallen. Die Spindeln erreichen Drehzahlen von 6 000 bis mehr als 60 000 min -1 , wobei die Drehzahlregelung durch Frequenzwandler stattfindet. 03 Das Herzstück des Herstellers: Die Axial-Radial-Zylinderrollenlager aus der Produktfamilie Inprefmotion, die bis in die Genauigkeitsklassen von aerostatischen und hydrostatischen Lagerungen reichen. Diese vereinen höchste Präzision gepaart mit der Robustheit von Rollenlagern. Durch die Schwingungsfreiheit und Dämpfung von Lagerung und Antrieb werden bei der Hartbearbeitung höhere Oberflächengüten und verbesserte Werkzeugstandzeiten erreicht. „Insbesondere die Axial-Radial-Lagereinheiten sind das Herz unserer Antriebslösungen. Sie erreichen eine bis zu fünffach höhere Kippsteifigkeit gegenüber Standardlagern, verfügen über nahezu verschleißfreie Zylinderrollen. Neben dem Synchronmotor können auch die Lagerungen wassergekühlt ausgeführt werden“, sagt Dietmar Rupprecht, Geschäftsführer Vertrieb/ Produktmanagement bei Schüssler Technik. Präzision in neuer Dimension Des Weiteren gelang dem Unternehmen vor einigen Jahren eine Neuentwicklung, die es in sich hat: Die Kombination aus einem Hochgenauigkeitslager und einem pulsations armen Synchronmotor – ein präzises Antriebssystem, das eigens für die Schleiftechnik entwickelt wurde. Hier wird ein Zylinderrollenlager aus eigener Fertigung mit einem Synchron-Direktantrieb kombiniert. Das Ergebnis: Eingebaut in den Werkstückspindelstock einer CNC-Schleifmaschine erreicht diese Rundlauf- bzw. Planlaufgenauigkeiten von 50 bis 100 nm. Selbst Kreis- und Zylinderabweichungen von nur 0,1 µm werden prozessstabil realisiert – ein Novum in der Schleiftechnik. Darüber hinaus weisen die Schüssler-Zylinderrollen einen höheren Traganteil auf: Die Integration der bestehenden Rollenlaufflächen von Welle und Lagerscheibe (Gehäuse) ohne Fügestellen erhöht die Gesamtsteifigkeit gegenüber Einzellagern um den Faktor 5 im Vergleich zu Standard-Einbaurollenlagern gleicher Größe bzw. reduziert den benötigten Bauraum um den Faktor 3. Diese integrierte Kompaktlagerung schafft die Voraussetzung für die Konstruktion von Direktantrieben mit Rundlaufbzw. Planlaufgenauigkeiten von 50 bis 100 nm (0,05 bis 0,1 µm) am Abtrieb des Gesamtsystems. Als Motor kommt ein wassergekühlter, pulsationsarmer Synchronmotor mit 21 Polpaaren zum Einsatz, den Schüssler Technik ebenfalls speziell für Metrologie- und Werkzeugmaschinenantriebe entwickelt hat. Der Komplettantrieb mit Motor zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass die Lagerung selbst bei maximalen Schleifkräften radial nicht beeinflusst wird. Diese Genauigkeit erlaubt es, auch gehärtete Bauteile fliegend auf der Spindelnase zu schleifen. Aufgrund der Steifigkeit können dabei CBN- und Diamantschleifscheiben eingesetzt werden. Durch die Wasserkühlung des Lagers wird die Prozesswärme des Schleifteils abgeführt und die Genauigkeit über die Serienlaufzeit gehalten. Darüber hinaus ermöglicht die Kombination aus pulsationsfreiem Antrieb und höchstgenauer Lagerung mit guten Dämpfungseigenschaften die Vermessung von Form- und Lageabweichungen des Schleifteils d irekt in der Maschine. Die Gleichlaufgüte des Werkstückspindelstocks kann durch den Einsatz eines Messsystems mit 63 000 Inkrementen und einer entsprechend hohen Interpolation weiter optimiert werden. „Das ist für mich die Technik der Zukunft – gerade eben diese Kombination: Bearbeiten und Messen aus einer Hand, mit nur einer Maschine“, so Rupprecht. Mit dieser Nano- Lagerung ist Schüssler Technik ein Fortschritt gelungen, der nied rige Toleranzen bei einer hochpräzisen Schleifbearbeitung ermöglicht. Und auch Gäbel blickt optimistisch in die Zukunft: „Dass man mit nur einem Antrieb eine Komponente bearbeiten und gleichzeitig vermessen kann, bedeutet für mich, dass wir uns dem Zielbereich der digitalen Fertigung, insbesondere dem Thema Industrie 4.0 nähern. Das ist für mich das Besondere daran.“ Das Unternehmen entwickelt und fertigt bereits seit 2012 hochpräzise Antriebe für Werkzeugmaschinen und Linsenschleifmaschinen – zunächst für den eigenen Bedarf der Schleiftechnik. Inzwischen stehen die Direktantriebe auch externen Kunden zur Verfügung. Zu den Hauptabnehmern gehören die Hersteller von Schleifmaschinen, die extrem präzise und zugleich steife Antriebssysteme benötigen, sowie anspruchsvolle Anwender, die ihre Schleifmaschinen entsprechend umrüsten. Fotos: Redaktion antriebstechnik und Schüssler Technik www.schuessler-technik.de antriebstechnik 3/2018 21