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antriebstechnik 3/2017

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Richtig rühren

Richtig rühren Farbenhersteller erzielt mit Frequenzumrichtern Effizienzsteigerungen für Rührwerke Um das Risiko eines Produktionsausfalls zu minimieren bzw. eine schnelle Reaktion im Störfall sicherstellen zu können, ersetzte ein Farbenhersteller Frequenzumrichter an seinen Rührwerken durch eine Eaton-Lösung. Der kompakte Umrichter mit integriertem elektronischem Motorüberlastschutz minimiert Fehlerquellen, verhindert mechanische Resonanzen am Rührstab und senkt die Energieverluste des Motors durch eine dynamische Anpassung der Spannungs-Frequenz-Kurve auf ein Minimum. Ralf Reimann ist Segment Marketing Manager mOEM bei der Eaton Electric GmbH in Bonn Das Unternehmen Dinova zählt zu den führenden Herstellern von Farben, Lacken, Putzen und Dekorativbeschichtungen sowie Lasuren und Spezialprodukten für gewerbliche Anwender. 30 000 t Fassadenfarben, Dispersionen und Putze verlassen jährlich das Werk in Königswinter. Bei der Produktion von Dispersionsfarben und Putzen ist der je nach Rezeptur bis zu 1,5 h dauernde Rührvorgang entscheidend. Zunächst werden verschiedene Flüssigkeitskomponenten unter langsamem Rühren vermischt. Dann folgt bei hoher Rührerdrehzahl die Zugabe der Füllstoffe und Pigmente. Zuletzt werden der Mischung Bindemittel zugegeben – wieder bei niedriger Rührgeschwindigkeit. Präzise Rührgeschwindigkeit entscheidet über Qualität „Bei dem Herstellungsprozess ist die präzise Einhaltung der unterschiedlichen Geschwindigkeiten für die Homogenisierung und Dispergierung der Farben und Putze von entscheidender Bedeutung für die Produktqualität“, erklärt Dieter Seibert, Technischer Leiter bei Dinova. Damit komme dem eingesetzten Frequenzumrichter eine wichtige Rolle zu, da dieser die Rührwerksgeschwindigkeiten regelt. Für die bisher verwendeten älteren Frequenzumrichtermodelle gibt es heute keine Ersatzteile mehr. In einem Störfall wäre das Unternehmen somit nicht mehr in der Lage gewesen, schnell zu reagieren. Das Risiko eines möglichen umrichterbedingten Produktionsausfalls war also steter Begleiter in der Fertigung. Für Dinova gab es zwei mögliche Lösungswege: Entweder konnten die bestehenden Frequenzumrichter einem Retrofit unterzogen oder durch aktuelle Modelle ersetzt werden. Das Unternehmen entschied sich für die zweite Lösung und damit für Umrichter vom Typ PowerXL DG1 von Eaton. Mehr als das übliche Maß Hinsichtlich Wirkungsgrad und Nennkurzschlussstrom gehört der DG1 zu den am Markt führenden Geräten und verfügt über Funktionen, die über das übliche Maß hinaus reichen. Beim Einsatz am Rührwerkmotor kommt z. B. die Funktionalität des elektronischen Motorpotentiometers zum Tragen. Sie gestattet, den Motor mit den Taster-Befehlen „Schneller“ und „Langsamer“ in der Drehzahl zu steuern. Die Funktion „Skip Frequency“ verhindert mechanische Resonanzen auf das Rührorgan, wenn der Kessel leer ist. Diese Schwingungen würden unbehandelt zu Lagerschäden am Motor und im schlimmsten Fall zum Abbruch des Rührorgans führen. Um das zu verhindern, 42 antriebstechnik 3/2017

UMRICHTERTECHNIK kann der Bediener dem Umrichter den Bereich der kritischen Frequenzen vorgeben. Der Umrichter fährt diesen Bereich dann nicht an. Stattdessen bleibt der DG1 beim Beschleunigen solange am unteren Sperrbereich, bis der Sollwert höher ist als der obere Sperrbereich. Beim Verzögern aus Drehzahlen oberhalb des oberen Sperrbereichs bleibt er solange am oberen Sperrbereich, bis der Sollwert niedriger ist als der untere Sperrbereich. Zudem erfüllt der Umrichter die Anforderungen von Dinova an eine maximale Flexibilität im Drehzahlbereich. Diese ist nötig, um schnell und problemlos zwischen den Geschwindigkeiten der einzelnen Prozessschritte wechseln zu können. Dabei erreicht der Dissolver eine Maximalgeschwindigkeit von 22 m/s. Auch die von Produkt zu Produkt stark variierende Viskosität hat der DG1 im Griff. Je nach Zähflüssigkeit des Materials wählt der Bediener eine Ausgangsfrequenz, von der aus der Frequenzumrichter entlang einer Beschleunigungsrampe hochfährt. Eine intuitiv zu erfassende Eingabemaske, der Startup Wizard, und die In-Control-Software für den PC erleichtern die Handhabung. Dem Bediener stehen vier Applikationseinstellungen, eine Diagnosefunktion sowie die Lokal/Remote-Umschaltung per Tastatur oder Digital-Eingang und ein Bedienfeld mit Copy-/Paste-Funktion zur Verfügung. Oberschwingungen verringern Da der Frequenzumrichter über einen integrierten Netzfilter, eine eingebaute Zwischenkreisdrossel und ein internes elektronisches Motorschutzrelais verfügt, entfallen in seiner Peripherie insgesamt drei Komponenten, die bisher ebenfalls im Schaltschrank untergebracht werden mussten. Er stellt damit eine kompakte und vergleichsweise kostengünstige Lösung dar. Die 5-%-Zwischenkreisdrossel verhindert im Gegensatz zu der in vergleichbaren Produkten verwendeten 3-%-Netzkreisdrossel einen Spannungsabfall am Umrichter, verringert Oberschwingungen effektiver und schützt den Umrichter durch einen Eingangsstoßspannungsschutz ebenso sicher gegenüber Transienten wie eine Netzdrossel. Zudem verhindert die Zweispulenausführung Erdschlussströme. Durch das angewendete thermische Motormodell, bei dem eine interne elektronische Nachbildung das externe Motorschutzrelais ersetzt und das permanent die thermische Auslastung des Motors berechnet, geht der DG1 im Überlastfall selbsttätig auf „Störung“. So schützt er den Motor vor Überlast. Wie er auf welche Störung reagiert, ist konfigurierbar. So kann er bspw. in Abhängigkeit von der Motortemperatur zunächst nur eine Warnung absetzen und den Prozess noch zu Ende führen, um den Materialverlust möglichst gering zu halten, bevor er den Umrichter abschaltet. Indem der elektronische Motorüberlastschutz in den Frequenzumrichter integriert ist, entfallen Klemmstellen und damit potenzielle Fehlerquellen. Für die Minimierung der Energieverluste im Motor sorgt die Funktion „Active Energy Control“, die die Motoreffizienz durch eine dynamische Angleichung der Spannungs- Frequenzkurve steigert. Die Funktion „Onboard Energy Savings Calculator“ gestattet darüber hinaus standardmäßig die Erfassung des täglichen, wöchentlichen, monatlichen und jährlichen Energieverbrauchs. Bis zu 10 % Energie einsparen Der Einsatz der Umrichter bietet einen weiteren Vorteil: Durch ein Fine Tuning der eingestellten Takt- oder Schaltfrequenzen können die auf die Pulsweitenmodulation zurückzuführenden Motorengeräusche auf ein Minimum reduziert werden – ganz ohne Einsatz einer zusätzlichen Motordrossel oder Sinusfilters. Damit sorgt der Umrichter, der in einem klimatisierten Schaltraum installiert ist, für eine akustisch angenehmere Arbeitsumgebung am Rührwerk. Für seine Rührwerke verwendet Dinova sowohl den DG1 in Baugröße 5 mit einer maximalen Leistung von 90 kW als auch die Variante in Baugröße 6 mit einer Maximalleistung von 160 kW. Eine Modifikation der Umrichter war für diese Anwendung nicht erforderlich. Die standardmäßig zur Verfügung stehenden Parameter erwiesen sich als mehr als ausreichend. Vor allem dank der Funktion „Active Energy Control“ spart jeder der Frequenzumrichter im Betrieb und ohne zusätzliches Motortuning 2–10 % mehr Energie als vergleichbare Produkte. Fotos: Aufmacher + 01: Eaton; 02 + 03: Dinova www.eaton.de 01 Der Frequenzumrichter bietet eine hohe Flexibilität im Drehzahlbereich, um schnell zwischen unterschiedlichen Geschwindigkeiten der einzelnen Prozessschritte wechseln zu können 01 02 Eines der Rührwerke, das mit Eaton- Technologie angetrieben wird, hat ein Fassungsvermögen von 10 000 l 03 Im Rührkessel: Der Frequenzumrichter steuert die Geschwindigkeit des Dissolvers (r.), der die Feststoffteilchen der Ausgangsprodukte zerkleinert; Mischer (l.) und Abstreifer (m.) laufen langsam mit 02 03 antriebstechnik 3/2017 43