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antriebstechnik 11/2019

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KUPPLUNGEN UND BREMSEN

KUPPLUNGEN UND BREMSEN Zudem habe ich diese Zeit genutzt, um mich inspirieren zu lassen. Ich habe in meinem damaligen Beruf sehr viele unterschiedliche Unternehmen kennenlernen und besichtigen dürfen – von Spezialisten, die in Losgröße 1 fertigen, bis hin zu Megakonzernen, die Großserien produzieren. Davon profitiere ich heute sehr. Nach dieser wertvollen Erfahrung habe ich mich mit meinem Großvater darauf verständigt, dass ich 2015 ins Familienunternehmen einsteigen möchte. Seit Ende 2018 bin ich nun Teil der Geschäftsleitung, in der ich insbesondere das Thema Digitalisierung verantworte. Welche Bedeutung hat dieser Eintritt in die Geschäftsleitung für Mayr? 01 Herr Mayr, stellen Sie sich bitte vor. Ferdinand Christian Mayr ist mein Name, ich bin 37 Jahre alt und in der Nähe von München aufgewachsen. Nach meinem Studium des Maschinenbaus und der Logistik bin ich ganz bewusst erst einmal nicht ins Familienunternehmen Mayr eingestiegen, sondern habe mir meine ersten Sporen bei einem Ingenieursbüro in München verdient. Dort habe ich die Produktions- und Logistikplanung für verschiedenste global agierende Unternehmen ausgearbeitet. Diesen Schritt bin ich ganz bewusst gegangen. Erstens wollte ich das Leben als regulärer Arbeitnehmer kennenlernen, und zweitens verhält es sich mit Familienunternehmen einfach folgendermaßen: Wer einmal angefangen hat, sich einzubringen, der hört auch nicht mehr auf. Daher wollte ich zunächst etwas vollkommen anderes machen. Mayr ist ein unabhängiges, inhabergeführtes Unternehmen, das hundertprozentig in Familienbesitz ist. Damit einher gehen die typischen Stärken von Betrieben dieser Prägung: kurze Entscheidungswege, Unternehmenswerte können direkt kommuniziert und durchgesetzt werden, etc. Oftmals sind schnelle Entscheidungen nicht nur vorteilhaft, sondern zwingend notwendig! Da ist es ein großer Vorteil, wenn die Inhaberfamilie aktiv in die Firma integriert ist. Denn nur dann habe ich das notwendige Hintergrundwissen, um fundierte und nachhaltige Entscheidungen zu treffen, die den Bedürfnissen des Marktes angepasst sind. Für Mayr als Unternehmen ist darüber hinaus natürlich auch eine frühzeitige und transparente Nachfolgeregelung wichtig. Kein Familienbetrieb hat ein Interesse an einem Eigentümerwechsel. Dieser würde Unruhe und Ungewissheit in die Firma tragen. Durch meinen Eintritt in die Geschäftsleitung ist die Nachfolge nun geregelt. Diese Stabilität ist für unsere Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen essenziell. Und Stabilität ist zudem Teil der Mayr-DNA. Mayr denkt und investiert langfristig. Und welche Bedeutung hat dieser Schritt für Sie persönlich? Für mich ist es natürlich etwas Besonderes. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man diese Möglichkeit bekommt, selbst als Teil einer Inhaberfamilie. Dass ich nun in dieser Führungsrolle Verantwortung übernehme, ist für mich persönlich ebenfalls etwas Neues. Als Geschäftsführer ist man Entscheider und muss Flagge zeigen. Man muss zu dem stehen, was man tut und sagt. Aber ich habe diese Rolle bewusst angenommen und freue mich darauf, die Zukunft der Mayr-Gruppe aktiv zu gestalten. Sie führen die Geschäfte nicht alleine, sondern bilden mit Ihrem Großvater Fritz Mayr sowie Günther Klingler ein Dreigestirn. Welche Vorteile bietet dies für Mayr? ÜBER DAS MAYR.COM 3 100 m 3 Beton, 400 t Baustahl, 3 540 m 2 Gebäudenutzfläche und ein 50 m langer Tunnel als Anbindung zum bestehenden Firmengebäude – und ein unverbaubarer Blick auf die Alpen. Das sind die Daten zum Mayr Kommunikationszentrum Mayr.com. Dort werden Geschäftspartner und Gäste empfangen sowie Tagungen, Seminare und kulturelle Veranstaltungen abgehalten. Und auch unser Gipfeltreffen haben wir dort durchgeführt. In unserer Geschäftsleitung kommen 108 Jahre Betriebserfahrung und 84 Jahre Geschäftsleitungserfahrung zusammen. Ich trage zu diesen Jahren natürlich am wenigsten bei (lacht). Spaß beiseite: Wir haben also einen großen Erfahrungsschatz, aber auf der anderen Seite auch drei Generationen – meinen Großvater, Herr Klingler und ich. Wir haben somit auch drei verschiedene Perspektiven. Wir teilen unsere Ideen und Meinungen, stehen im ständigen Austausch. Es dauert dann vielleicht eine kurze Weile länger, als wenn nur eine Person alleine entscheiden würde, aber im Umkehrschluss haben sich dafür dann drei Köpfe zuvor Gedanken gemacht. Wir hoffen, dass unsere Entscheidungen somit eine höhere Qualität gewinnen. Sind Sie denn immer einer Meinung? Nein, natürlich nicht. Das wäre schlimm. Es geht ja eben darum, sich ein Problem von allen Seiten anzusehen. Wir stimmen natürlich nicht immer überein. Manchmal tut der Diskurs auch weh. Aber nochmal: Letztlich verbessert es die Basis, auf welcher Entscheidungen getroffen werden. Denn jeder muss seine Ideen vor den Kollegen argumentieren. Dadurch beschäftigt man sich nochmals intensiver mit der jeweiligen Thematik. 104 antriebstechnik 2019/11 www.antriebstechnik.de

KUPPLUNGEN UND BREMSEN 01 Peter Becker im Gespräch mit Ferdinand Mayr, Geschäftsführer der Chr. Mayr GmbH + Co. KG 02 Ferdinand Mayr: „Ich habe mir die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben“ 03 Ferdinand Mayr: „Ich verspüre bei der Fortführung des Unternehmens keinen speziellen Druck“ 02 03 Zudem hat sich eine gewisse Spezialisierung oder Aufgabenteilung ergeben. Damit einher geht dann auch die Fairness, dass man im Zweifelsfall auf die Expertise des jeweiligen Spezialisten vertraut. Spüren Sie als die fünfte Generation, die das Familienunternehmen weiterführen wird, einen besonderen Druck? Objektiv betrachtet gibt es natürlich einen gewissen Druck, aber ich glaube, das ist normal und nichts Schlechtes. Vielleicht muss es diesen Druck auch geben, um etwas erfolgreich weiterzuführen. Man möchte selbstverständlich niemanden enttäuschen. Aber das gilt nicht nur für die Inhaberfamilie. Als geschäftsführender Gesellschafter steht man vor allem in Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern des Unternehmens. Das muss man ebenfalls aushalten können. Wobei es ja kein ausgesprochener Druck ist. Es ist vor allem ein Druck, den man sich unter Umständen selbst macht. Und das ist einfach eine Typfrage. Wie gehe ich damit um? Möchte ich diese Verantwortung tragen? Bin ich pflichtbewusst? Es sind drei Aspekte, die bei einer Nachfolge geregelt sein müssen: Ist die Lösung zukunftsfähig für die Firma? Fühlt sich der Nachfolger mit der Regelung wohl? Ist der Scheidende zufrieden und lässt auch zu, dass der Nachfolger eigenständig agieren kann? Und diese Fragen können wir bei Mayr sehr positiv beantworten. Ich persönlich habe in dieser Konstellation nie einen speziellen Druck empfunden und verstehe es heute als großes Privileg, das Schaffen meiner Vorfahren seit der Gründung des Unternehmens durch meinen Ur-Ur-Großvater vor 122 Jahren fortführen zu dürfen. Ich habe die Möglichkeit mit tollen Leuten, tolle Projekte anzustoßen und ein erfolgreiches Unternehmen noch erfolgreicher zu machen. Ich verstehe das als große Chance, nicht als Risiko. Was möchten Sie mit Ihrem Wirken für Mayr verbessern? Ich habe mir die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Ich bin überzeugt davon, dass die Digitalisierung kein einfacher Prozess ist, sondern eine echte Transformation darstellt. Das betrifft nicht nur uns, sondern die gesamte Industrie. Ich glaube, dass die Digitalisierung der einzige Weg in die Zukunft ist. Wer sich hiermit nicht auseinandersetzt, der wird vom Markt verschwinden. Die Digitalisierung des Unternehmens und unserer Produkte ist kein einfacher Weg. Man muss die Prozesse kennen und transformieren. Wir müssen unsere Geschäftsmodelle überdenken und zukunftsfähige Konzepte entwickeln. Wir haben dahingehend in den vergangenen Jahren bereits einiges in die Wege geleitet. Darauf möchte ich aufbauen und entsprechende Impulse setzen – sowohl hinsichtlich der Digitalisierung unserer Produktpalette, aber auch vor allem hinsichtlich der Digitalisierung unseres Unternehmens. Hierbei ist es von größter Wichtigkeit, dass wir unsere Mitarbeiter auf diesem Weg mit ins Boot holen. Denn der Begriff Digitale Transformation beinhaltet ja Veränderung. Diese Veränderungen müssen wir gemeinsam mit unseren Kollegen angehen, um auch eventuelle Vorbehalte abzubauen. Ich bin sehr gespannt, was die Zukunft in Sachen Digitalisierung noch bringen wird. Für uns als Unternehmen wird es entscheidend sein, diesen Prozess als Organisation umzusetzen. Die einzelne Idee wird nicht den großen Erfolg bringen. Diese Transformation sehe ich als meine strategische Kernaufgabe für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Setzen Sie hierzu gewisse Strategien und Methoden ein? Wir setzen auf dem Lean-Gedanken auf und nutzen bereits seit Jahren ein Produktionssystem, bei dem es vor allem um Transparenz geht. Wir praktizieren eine offene Fehlerkultur. Wir gestalten unsere Prozesse so transparent für den Mitarbeiter, wie möglich. Offenheit, Transparenz, Kommunikation, das sind die drei entscheidenden Punkte. Nur wer offen miteinander spricht, kann Fehler ausmerzen, Prozesse verbessern und Ängste vor Veränderung nehmen. Wir sitzen hier ja im Mayr.com, unserem neuen Kommunikationszentrum. Das Gebäude haben wir genau aus diesem Grund gebaut. Wir sehen einen großen Bedarf an Kommunikation, Schulung und Training. In diesem Gebäude wollen wir das Verständnis für die Digitale Transformation schaffen. 5 SCHNELLE FRAGEN AN FERDINAND CHRISTIAN MAYR 1. Eule oder Lerche? Lerche 2. Alpin oder Maritim? Alpin 3. Stadt oder Land? Allgäu 4. Steak oder Salat? Beides, am besten auf einem Teller 5. Vollgas oder Effizient? Effizient