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antriebstechnik 11/2019

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KUPPLUNGEN UND BREMSEN

KUPPLUNGEN UND BREMSEN KUPPLUNG FÜR INDUSTRIELLE RÜHRWERKE „MISCHEN“ IMPOSSIBLE Anwendungen mit Rührwerken sind vor allem in der Industrie weit verbreitet. Die Rührwerksysteme bestehen aus einem Motor und einem über eine Welle angetriebenen Rad mit Rührschaufeln bzw. einem Rührer – eine an sich unkomplizierte mechanische Verbindung. Da Rührwerke jedoch in zahlreichen Industriebereichen eingesetzt werden können, beispielsweise in der Chemie-, Lebensmittel- oder Farbindustrie, gestaltet sich die Auswahl einer jeweils passenden Kupplung ungleich schwieriger. Robert Watkins ist Vice President of Sales and Applications bei Ruland Manufacturing in Marlborough, Massachusetts, USA Industrielle Rührwerke sind vielseitig und flexibel einsetzbar. Dies erfordert eine genaue Spezifizierung der Kupplung. Motorseitig ist eine Lagerung vorhanden, auf der Seite des Rührers hingegen nicht. Da die meisten standardmäßig verwendeten Servokupplungen nicht für den lagerlosen Einsatz gedacht sind, kommen somit nur starre Kupplungen (Schalenkupplungen) in Frage. Starre Kupplungen stehen in drei Ausführungen zur Verfügung: Mit Stellschraube, in Klemmausführung sowie geflanschte Versionen, wobei alle Ausführungen Vor- und Nachteile aufweisen. Welche Version eignet sich wann? STARRE KUPPLUNG MIT STELLSCHRAUBE Starre Kupplungen mit Stellschrauben sind in diesem Anwendungsbereich die häufigste Kupplungsart. Aufgrund der Hülsenbauweise eignen sich diese perfekt für Rührwerke aller Industriebereiche, da die Seite des Rührers lagerlos ausgeführt werden kann. Starre Kupplungen mit Stellschrauben werden aus einem einzigen Materialstück gefertigt und verfügen über zwei, vier oder acht Stellschrauben. Die komplette Haltekraft wird von der Befestigung der Schrauben auf der Welle bestimmt. Das von der Kupplung zu übertragene Drehmoment hängt weitgehend vom Wellenmaterial ab. Zur Erzielung der höchstmöglichen Haltefähigkeit muss die Welle weicher als das Schraubenmaterial sein. Diese Eigenschaft der Stellschraube ist zugleich ihr größter Nachteil, denn durch die Be- festigung der Kupplung wird die Welle beschädigt und ein Austausch ist nicht mehr ohne weiteres möglich. Für Rührwerk- Anwendungen, die einen häufigen Wechsel des Rührers erfordern, ist daher eine Kupplung mit Stellschrauben nicht die beste Wahl. STARRE KUPPLUNG IN KLEMMAUSFÜHRUNG Starre Kupplungen in Klemmausführung sind gegenüber Versionen mit Stellschrauben im Vorteil. Die Druckkräfte werden gleichmäßig um die Welle verteilt und sorgen somit für einen guten Sitz und eine sichere Verbindung. Sie werden standardmäßig in ein- bzw. zweiteiligen Versionen angeboten. Starre Kupplungen in Klemmausführung verursachen keine Beschädigung der Welle und lassen sich unbegrenzt justieren. Kupplungsversionen in zweiteiliger Ausführung bieten alle Vorteile der einteiligen Versionen und lassen sich vollständig ein- bzw. ausbauen, was die Vor-Ort-Instandhaltung ohne Ausbau angrenzender Komponenten ermöglicht. Konstrukteure von industriellen Rührwerken können hier schnellere Umrüstungen der Rührer und geringere Beschädigungen an den Wellen einplanen. Starre Standardkupplungen in Klemmausführung sind geschlitzt. Dies kann auch ihr Hauptnachteil sein, da das Material an diesen Stellen im Laufe der Zeit ermüden und zu einem Ausfall der Kupplung führen kann. Diese Ausfallursache kommt eher selten vor. Trotzdem können sich Konstrukteure, die eine Kupplung in Klemmausführung einsetzen 100 antriebstechnik 2019/11 www.antriebstechnik.de

KUPPLUNGEN UND BREMSEN 01 02 möchten, präventiv für eine dreiteilige Variante oder eine nicht geschlitzte Kupplung entscheiden. STARRE FLANSCHKUPPLUNG Starre Flanschkupplungen arbeiten ähnlich wie Kupplungen mit Stellschrauben. Sie bestehen aus zwei unabhängigen Kupplungsnaben. Die Kupplungshälften werden über mehrere Schrauben mitein ander verbunden. Jede Kupplungsnabe verfügt über eine oder zwei Stellschrauben, die dafür sorgen, dass die Kupplung in Position bleibt. Diese Kupplungsausführung eignet sich vor allem für Anwendungen mit begrenztem Bauraum, gerade dann, wenn gleichzeitig die Eigenschaften der starren Standardkupplung gefragt sind. Der Hauptnachteil besteht im höheren Zeitaufwand, da zur Zerlegung der Kupplung alle Schrauben vollständig entfernt werden müssen. Starre Flanschkupplungen sind die seltenste Lösung für industrielle Rührwerke – sie werden im Allgemeinen eher in Anwendungen benötigt, in denen der Einbauraum begrenzt ist oder bei Wellengrößen mit mehr als 50 mm. DIE WAHL DES RICHTIGEN MATERIALS Starre Kupplungen für industrielle Rührwerke sind in einer Vielzahl von Mate rialien verfügbar, z. B. aus Kohlenstoffstahl, Edelstahl A2 (1.4305) bzw. A4 (1.4401/1.4404) und Aluminium. Am häufigsten sind Stahlversionen, die entweder mit verzinkter oder brünierter Oberflächenvergütung erhältlich sind. Sie sind für die meisten Industrieanwendungen die ideale Lösung, z. B. bei großvolumigen Farbrührwerken. Edelstahlversionen werden im Lebensmittelbereich und in chemischen Rührwerksanwendungen mit hohem Korrosionsschutzbedarf eingesetzt. Die zu verwendende Edelstahlgüte wird weitgehend von der Aggressivität der Umgebung und den gesetzlichen Anforderungen bestimmt. Bei Verwendung von Edelstahl 1.4401 ist es wichtig, dass das Schraubenmaterial aus demselben Material besteht, um eine konstante Korrosionsbeständigkeit sicherstellen zu können. Aluminium wird hier für gewöhnlich nicht verwendet, kann jedoch eingesetzt werden, falls eine geringe Massenträgheit gewünscht ist. Industrielle Rührwerke sind seit jeher ein wichtiger Bestandteil der industriellen Produktion. Die Auswahl einer passenden Kupplung kann hierbei entscheidend sein. Für die Spezifizierung der richtigen Kupplung müssen Konstrukteure mit der Betriebsumgebung und den Systemanforderungen vertraut sein, und sie müssen wissen, in welchen Intervallen Rührer ausgetauscht werden müssen. Fotos: Ruland Manufacturing Co., Inc. www.ruland.com 01 Edelstahlkupplung in Klemmausführung zur Verbindung eines Rührwerkmotors mit einem Rührer 02 Beispiel einer dreiteiligen starren Kupplung mit Schrauben mit Nypatch- Beschichtung; im Gegensatz zu herkömmlichen starren Klemmkupplungen in geschlitzter Ausführung existiert hier das damit verbundene Risiko eines Kupplungsausfalls nicht DIE IDEE „Alle Schrauben der Kupplungen in Klemmnabenausführung sind mit einer Nypatch-Rundumbeschichtung mehrerer Gewindegänge ausgestattet, die für eine hohe Vibrationsbeständigkeit sorgt. Die Nypatch- Beschichtung verhindert ein ‚Festfressen’ des Gewindes und ermöglicht einen gleichmäßigen Sitz und mehrmaligen Einsatz der Schrauben. Mit dieser Idee liefern wir dem Anwender deutliche Mehrwerte.“ Robert Watkins, Vice President of Sales and Applications, Ruland Manufacturing Co., Inc. www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2019/11 101