Aufrufe
vor 7 Jahren

antriebstechnik 11/2016

antriebstechnik 11/2016

des Radialgleitlagers in

des Radialgleitlagers in der reinen Flüssigkeitsreibung gewährleistet ist. Bei der Auslegung von Radialgleitlagern nach [1] werden ideal glatte Oberflächen für die Berechnung angenommen, wodurch es erst bei einer minimalen Schmierspalthöhe von h min = 0 µm zu Kontakten zwischen Welle und Schale kommen würde. Deshalb müssen bei der Bestimmung der minimalen und der kleinstzulässigen minimalen Schmierspalthöhe die Oberflächenrauheiten in die Definition der Schmierspalthöhe mit einfließen. Dazu wird die Schmierspalthöhe als Abstand zwischen den Mittellinien der Rauheitsprofile definiert, wobei die ideal glatte Makrogeometrie deckungsgleich mit den Profilmittellinien der Rauheitsprofile ist. Bei der bisherigen Auslegung von hydrodynamischen Radialgleitlagern nach [1] und [7] sollte unter Verwendung der kleinstzulässigen minimalen Schmierspalthöhe h lim sichergestellt werden, dass keine Mischreibung auftritt. Hierzu werden in den genannten Normen Gleichungen zur Berechnung der kleinstzulässigen minimalen Schmierspalthöhe h lim angegeben. Diese liefern aber eine Spalthöhe, die weit oberhalb der Schmierspalthöhe liegt bei der tatsächlich erste Rauheitskontakte auftreten. Zur genaueren Bestimmung der Übergangsdrehzahl ist allerdings die Kenntnis der tatsächlichen Übergangsspalthöhe notwendig. Daher wurden Untersuchungen mit verschiedenen, auf statistischen Rauheitsparametern beruhenden Gleichungen durchgeführt und numerisch bestimmten Übergangsspalthöhen gegenübergestellt. Die Untersuchungen können [17] entnommen werden. Die besten Ergebnisse lieferte folgende Gleichung, die auf der Verwendung der quadratischen Mittenrauheit beruht: Bei der Nutzung von Gleichung (15) sind folgende Vereinfachungen zu berücksichtigen: n Annahme von kreiszylindrischen Lagern (keine Berücksichtigung von Formabweichungen und Welligkeiten) n Keine Schiefstellung und Durchbiegung der Welle Die Berücksichtigung dieser Einflussgrößen kann gegebenenfalls durch die Einführung weiterer Terme in Gleichung (15) erfolgen. Eine Vorgehensweise dazu wird beispielsweise in [3] beschrieben und ist Gegenstand weitere Forschungen der Autoren [18]. Berechnungsbeispiele Zur Beurteilung des neuen Verfahrens wurden beispielhafte Berechnungen mit den verschiedenen Verfahren durchgeführt. Grundlage zur Berechnung des Betriebszustandes mit Hilfe der Sommerfeldzahlen bilden dabei die Näherungsgleichungen nach [1]. Als Beispiele wurden zwei Weißmetallradialgleitlager mit unterschiedlichen Durchmessern und verschiedene Lagervarianten ausgewählt. Eine Übersicht der Eingangsgrößen zeigt Tabelle 4. Zur Bestimmung der kleinstzulässigen minimalen Schmierspalthöhe h lim wurden Rauheiten von neuen und von gelaufenen Wellen und Lagerschalen aus [17] verwendet und daraus die kleinstzulässige minimale Schmierspalthöhe berechnet, Tabelle 5. Dabei wurden für die verschiedenen Verfahren die im Tabellenkopf der Tabelle 5 angegebenen Gleichungen genutzt. Um die Qualität der analytischen Ergebnisse besser beurteilen zu können, wurden parallel numerische Berechnungen mit Tribo-X durchgeführt. Dabei fanden die elastische Verformung der Lagerschale in Form von Nachgiebigkeitsmatrizen und im Gegensatz zu den analytischen Berechnungen die Oberflächenrauheiten in Form von Flussfaktoren und Festkörperkontaktdruckkurven Berücksichtigung [17]. Für den Vergleich wurden die Nachgiebigkeitsmatrizen aus FE-Modellen von realen Lagerungen abgeleitet, wie im Bild 06 beispielhaft für das Lager 2 dargestellt ist. Die Flussfaktoren und Festkörperkontaktdruckkurven wurden wie in [17] aus 3D-Oberflächenmessungen realer Gleitlageroberflächen bestimmt. Weiterhin wurde abweichend zu den analytischen Berechnungen die Druckabhängigkeit von Viskosität und Dichte, die Ölzuführung durch eine Tasche sowie das Auftreten von Kavitation in den numerischen Berechnungen berücksichtigt, um eine gute Referenz für einen Vergleich zu erhalten. Reibungsbedingte Temperaturerhöhungen im Schmierstoff und deren Auswirkungen auf die Viskosität sowie die Scherratenabhängigkeit der Viskosität wurden in den numerischen Berechnungen nicht berücksichtigt, da diese Einflüsse im Bereich des Mischreibungsüberganges mit geringen Drehzahlen und der verwendeten moderaten mittleren Flächenpressung von 5 MPa vernachlässigt werden können. Weitere Angaben zum Berechnungsmodell und den verwendeten Eingangsgrößen enthält [17]. Vergleich der verschiedenen Verfahren Bild 07 zeigt die Gegenüberstellung der Ergebnisse der Lagervariante A für die zwei Lagerdurchmesser 30 mm und 120 mm sowie für neue und eingelaufene Oberflächen. Mit dem starren Modell von Lu, Khonsary [4] und [9] ergeben sich die größten Übergangsdrehzahlen. Mit dem elastischen Modell nach Spiegel [10] werden etwas geringere Übergangsdrehzahlen berechnet, die jedoch immer noch stets oberhalb der numerisch mit Tribo-X bestimmten Übergangsdrehzahl liegen. Ursache ist dabei zum einen die Verwendung von 07 Vergleich der Übergangsdrehzahlen mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden 138 antriebstechnik 11/2016

GLEITLAGER Gleichung (6), die deutlich zu große kleinstzulässige minimale Schmierspalthöhen liefert. Zum anderen besitzt Gleichung (9) nur Gültigkeit für eine relative Exzentrizität ε = 1 bzw. eine minimale Schmierspalthöhe h min = 0 µm. Gerade im betrachteten Bereich von ε = 1 führen kleine Änderungen der Exzentrizität zu großen Änderungen bei der Sommerfeldzahl und der Tragfähigkeit. Weiterhin ist zu beobachten, dass die Unterschiede zur numerischen Berechnung beim größeren Lager 2 deutlicher ausfallen als beim kleineren Lager 1. Von Landheer et al. [11] wird prinzipiell das Verfahren und die Berechnung des Verformungseinflusses aus [10] übernommen, jedoch wird eine andere Definition der Übergangsspalthöhe in die Mischreibung verwendet. Dadurch ergeben sich im Vergleich zu den numerischen Rechnungen deutlich geringere Übergangsdrehzahlen in die Mischreibung. Eine bessere Übereinstimmung in allen Berechnungspunkten zeigt das neue Verfahren. A Transition Diagram for Plain Journal Bearings. Tribology Transactions Vol. 33 (1990), 418-424 [12] KOCHANOWSKY, W.: Grenzwerte von Tragfähigkeit und Reibung des Gleitlagers, Schmiertechnik Bd. 2 (1955), S. 152-154 [13] HERREBRUGH, K.: Solving the Incompressible and Isothermal Problem in Elastohydrodynamic Lubrication Through an Integral Equation, Journal of Lubrication Technology Vol. 90 (1968), 262-270 [14] VOGELPOHL, G.: Betriebssichere Gleitlager - Berechnungsverfahren für Konstruktion und Betrieb, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1958 [15] www.tribo-x.de [16] BARTEL, D.: Simulation von Tribosystemen – Grundlagen und Anwendungen. Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden 2010 [17] MEIER, V.; ILLNER, T.: Gleitlagerverschleißgrenzen I – Einsatzgrenzen von hydrodynamischen Weißmetallgleitlagern infolge von Verschleiß. FVV-Abschlussbericht zum Projekt FVV1016, Heft Nr. 992-2013, Frankfurt 2013 [18] FVA-VORHABEN 755: Gleitlagerverschleißgrenzen II – Einsatzgrenzen von hydrodynamischen Weißmetallgleitlagern infolge von Verschleiß. IGF 18643 BG Zusammenfassung Im Beitrag wurde die Weiterentwicklung eines analytischen Modells zur Berechnung der minimalen Schmierspalthöhe und der Übergangsdrehzahl in die Mischreibung unter Berücksichtigung elastischer Lagerverformungen vorgestellt. Die verbesserte Berechnung beruht im Wesentlichen darauf, dass das in [10] entwickelte Verfahren so modifiziert wurde, dass es für beliebige Sommerfeldzahlen So, B/D-Verhältnisse bis B/D = 1 und verschiedene Lagervarianten angewendet werden kann. Durch die Einführung unterschiedlicher Lagertypen in das Berechnungsmodell können sowohl geometriebedingte Tragkraftsteigerungen als auch Tragkraftminderungen berücksichtigt werden. Anhand zweier Berechnungsbeispiele konnten die Unterschiede zu bestehenden Verfahren bei der Berechnung der Übergangsdrehzahl aufgezeigt werden. Der Vergleich des neuen Verfahrens mit numerischen Berechnungen ergab eine gute Übereinstimmung bei der Vorhersage der Übergangsdrehzahl in die Mischreibung. Damit stellt es eine einfache und praktikable Lösung zur schnellen Bestimmung des Mischreibungsüberganges bei zylindrischen Radialgleitlagern dar. Literaturverzeichnis: [1] ISO 7902-1:2013-11: Hydrodynamic plain journal bearings under steady-state conditions – Circular cylindrical bearings – Part 1: Calculation procedure, Beuth Verlag, 2013 [2] ISO 7902-2:1998-05: Hydrodynamic plain journal bearings under steady-state conditions – Circular cylindrical bearings – Part 2: Functions used in the calculation procedure, Beuth Verlag, 1998 [3] ISO 7902-3:1998-07: Hydrodynamic plain journal bearings under steady-state conditions – Circular cylindrical bearings – Part 3: Permissible operational parameters, Beuth Verlag, 1998 [4] KHONSARI, M. M.; BOOSER, E. R.: Applied Tribology: Bearing Design and Lubrication, Second Edition. John Wiley & Sons Inc New York, NY. 2008 [5] BOBACH, L.: Simulation dynamisch belasteter Radialgleitlager unter Mischreibungsbedingungen. Dissertation, Universität Magdeburg, Shaker Verlag Aachen 2008 [6] KHONSARI, M. M.: On The Fluid-Solid Interaction in Reference to Thermoelastohydrodynamic Analysis of Journal Bearings. Journal of Tribology Vol. 113 (1991), 398-404 [7] VDI 2204: Auslegung von Gleitlagern, Blatt 1-4, Beuth Verlag, Berlin 1992 [8] VOGELPOHL, G.: Geringste zulässige Schmierschichtdicke und Übergangsdrehzahl. Konstruktion Vol. 14 (1962) 12, 461-468 [9] LU, X; KHONSARI, M.M.: On the Lift-Off Speed in Journal Bearings. Tribology Letters Vol. 20 (2005), 299–305 [10] SPIEGEL, K.: Über den Einfluss elastischer Deformationen auf die Tragfähigkeit von Radialgleitlagern, Schmiertechnik + Tribologie Bd. 20 (1973), 3-9 [11] LANDHEER, D.; FAESSEN, J. P. M.; DE GEE, A. W. J.: Nomenklaturen Kurzzeichen Einheit Erläuterung B m Lagerbreite C m absolutes Lagerspiel = D B -D J C T m -1 Faktor von Vogelpohl D m Lagerdurchmesser E‘ N/m 2 reduzierter E-Modul F N Lagerkraft h min m minimale Schmierspalthöhe h lim m kleinstzulässige minimale Schmierspalthöhe K E – Elastizitätskennzahl n tr min -1 Übergangsdrehzahl Ra µm arithmetische Mittenrauheit Rz µm gemittelte Rauhtiefe Rq µm quadratische Mittenrauheit N/m 2 mittlere Flächenpressung = F/B·D So – Sommerfeldzahl = U tr m/s Übergangsgeschwindigkeit V m 3 Lagervolumen ε – relative Exzentrizität η Pas dynamische Viskosität ω 1/s Winkelgeschwindigkeit Ψ ‰ relatives Lagerspiel = C/D Danksagung Dieser Beitrag ist eines der Ergebnisse des Forschungsvorhabens FVV1016 [17], das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e. V. (AiF) finanziell gefördert wurde. Für die finanzielle Unterstützung möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken. antriebstechnik 11/2016 139