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antriebstechnik 11/2015

antriebstechnik 11/2015

GETRIEBE UND

GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN Öldorado der Planetengetriebe Öl als Schmiermittel vergrößert Einsatzbereich des Baukastens Stefan Preuß Zur Lebensdauerschmierung von Planetengetriebe kommt in der Regel Fett zum Einsatz. Mit steigenden Anforderungen fällt der Blick in Zukunft zusätzlich auf Öl als Schmiermittel. Erfahren Sie, welche Vorteile das bringt und wie aus einen Baukastensystem aus einem Eldorado ein Öldorado für Anwender wird. Stefan Preuß schreibt im Auftrag von IMS Gear in Donaueschingen Planetengetriebe bieten kompakte Bauform, große Leistungsdichte und damit verbunden eine hohe Drehmomentübertragung bei kleinstem Platzbedarf. Die Lösungen aus dem IMS Gear-Baukasten verfügen bislang ausschließlich über Lebensdauerschmierungen mit Fett. „Es zeichnen sich aber neue Anwendungsfelder für Planetengetriebe ab, bei denen z. B. höhere Umgebungstemperaturen zu erwarten sind“ richtet Hagedorn den Blick in die nahe Zukunft, „und für diese Anwendungen bietet sich Öl als Schmiermittel an.“ Als Treiber dieser Entwicklung ist u. a. der Automotive- Bereich zu nennen, der aus Gründen der Energieeffizienz oder zur Umsetzung autonomen Fahrens zunehmend Aktuatoren nachfragt, die häufig immer näher an den Verbrennungs- oder Elektromotor rücken. Attraktive Option Öl In vielen zukünftigen Anwendungen werden die seitherigen IMS Gear-Getriebe mit Lebensdauer-Fettschmierung auch weiterhin den Anforderungen genügen, ist für Hagedorn klar. „Ein ölgeschmiertes Planeten getriebe wird zunehmend als ökonomisch attraktive Alternative, die bei Bedarf am konkreten Anwendungsfall des Kunden schnell umgesetzt werden kann, an Bedeutung gewinnen.“ Die Alternative jenseits einer Lösung aus dem Baukasten hieß bislang: Entwicklung eines Sondergetriebes, gleichbedeutend mit höheren Kosten, höherem Zeitbedarf und dem grundsätzlichen Konstruktionsrisiko einer Neuentwicklung. „IMS Gear bietet nunmehr in Absprache mit dem Kunden als mögliche Option an, aus dem Baukasten heraus ein Planetengetriebe mit Ölschmierung einzusetzen.“ Öl statt Sondergetriebe – „darin liegt der Kundennutzen unserer Strategie.“ Ölschmierung macht dann Sinn, wenn Applikationen mit signifikant höherer Lebensdauer von bis zu mehreren Tausend Stunden bei Umgebungstemperaturen von bis zu 140 °C gefordert sind, benennt Hagedorn denkbare Rahmenbedingungen. Die notwendige höhere Abdichtung des Getriebes stellt dabei zwar technisch eine Herausforderung dar, lässt sich jedoch mit bewährten Materialien und Prozessen umsetzen. Die Festlegung, an welcher Stelle des Gesamtsystems Motor/Getriebe die Dichtung im Einzelfall einzufügen ist, kann dabei in Absprache mit den Kunden festgelegt werden. Für den Anwendungsfall, dass lediglich Teile des Gesamtsystems in Öl laufen sollen, sind ebenfalls Teil-Lösungen bis hin zur Lieferung von Bausätzen denkbar. Auch in dieser Frage behält das Baukastenprinzip uneingeschränkte Gültigkeit. In der Kostenbetrachtung muss ein ölgeschmiertes Planetengetriebe wegen des höheren Aufwands für die Dichtigkeit preislich oberhalb bisheriger Lösungen liegen 92 antriebstechnik 11/2015

GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN Verschleißbild Lagerbolzen bei verschiedenen Schmierungen 1. Neuwertig 2. Fettgeschmiert Nach Vollendung der Lebensdauer stark verschlissen 3. Ölgeschmiert Nach 6-facher Laufzeit (im Vergleich zu 2.) nur minimale Verschleißspuren 02 Vor der Markteinführung erfolgt eine intensive Lebensdauer- und Belastungsprüfung auf spezifischen Flächenprüfständen 1mm 1mm Test unter gleichen Lastbedingungen 01 Verschleißbild der Lagerbolzen bei verschiedenen Schmierungen – aber weit unterhalb von Sondergetrieben, wenn man die gesamten Projektkosten ins Verhältnis setzt. Öl vs. Fett: eine Frage der Verteilung Um die Vorteile eines ölgeschmierten Planetengetriebes aus dem Baukasten genauer beziffern zu können, laufen im IMS Gear- Testlabor in Eisenbach umfangreiche Erprobungen zum grundsätzlichen Ziel jeder Schmierung, nämlich das Schmiermedium an den Ort der Reibung zu bringen. „Lebensdauer begrenzender Verschleiß findet weniger an den Zahnrädern statt, sondern vielmehr am Lagerbolzen der Planetenträger“, verdeutlicht Hagedorn die Aufgabenstellung. Eine effiziente Schmierung muss in der ersten Getriebestufe bei hoher Drehzahl und wenig Drehmoment ebenso funktionieren wie in der dritten Stufe bei geringer Drehzahl und hohem Drehmoment. Nach allen bisherigen Erkenntnissen liegt die Schmierleistung von Fetten nicht grundsätzlich unterhalb der von Öl. „Aber Öl verteilt sich in einem Planetengetriebe besser, und damit steigt die Schmierleistung.“ Für einen großen Teil der Outperformance ölgeschmierter Planetengetriebe gilt demnach: Alles eine Frage der Verteilung. Öl bietet in jedem Fall die bessere Wärmeableitung und senkt somit die Temperatur am Lagerbolzen. Und während Fett sich einerseits langsam verbraucht und andererseits durch die Anreicherung mit Abrieb an Schmierfähigkeit verliert, erlaubt der Einsatz von magnetischen Schrauben bei Ölschmierung sogar, metallenen Abrieb zu binden. „Fettschmierungen wird es weiterhin geben, aber das Anforderungsdreieck Performance, Lebensdauer und Kosten verschiebt sich eindeutig Richtung Öl“ betont Hagedorn. Wenn eben mehr Performance und höhere Lebensdauer gefordert sei, wird ein ölgeschmiertes Planetengetriebe die bessere wirtschaftliche Entscheidung sein. Tests unter Verwendung von getrieben aus dem IMS Gear-Baukasten haben ergeben, dass die Laufzeiten ölgeschmierter Varianten vervielfacht werden Standard- konnten. Der Temperaturverlauf im Betrieb der Getriebe erweist sich dabei als verlässlicher Indikator für den Verschleiß. Weitere Tests, insbesondere auch in vertikaler Einbaulage, versprechen weitere wertvolle Erkenntnisse. Einsatzbereich Baukasten vergrößert Die sukzessive Erweiterung des Baukastens um die Möglichkeit der Ölschmierung in enger Zusammenarbeit mit den Kunden entlang derer Anwendungsfälle vergrößert den Einsatzbereich standardisierter Komponenten mit allen Kostenvorteilen und der Sicher heit erprobter Technologie bis in einen Bereich hinein, der bislang Sondergetrieben vorbehalten war. Somit eröffnet IMS Gear Anwendern die Chance, auch bei gesteigerten technischen Anforderungen hinsichtlich Lebensdauer, Einsatztemperatur oder weiteren Parametern schneller und ohne die Risiken einer Einzelentwicklung zur Serienreife zu gelangen. www.imsgear.com Dirk Schaar, Chefredakteur Ö l als Alternative zu Fett – neue Anforderungen bei Planetengetrieben machen diese Überlegungen notwendig. Was technische Vorteile bringt, führt zunächst zu höheren Kosten. Aber: Teure Sonder-Planetengetriebe lassen sich vermeiden! Hier sollten Maschinen- bauer in Zukunft näher hinschauen. antriebstechnik 11/2015 93