DIREKTANTRIEBE TITEL bis der Roboter sich unter dem Wagen richtig positioniert hatte. Falls die Ausrichtung des Wagens nicht optimal war, musste der AGV sogar stoppen und neu ansetzen. Mit Blick auf die Traglast der Roboter kamen häufig noch Gewichtseinschränkungen hinzu und das Risiko, dass der Wagen umkippen konnte. Die Forschung wandte sich AGVs zu, die einen Wagen ziehen konnten. Diese waren jedoch entweder dauerhaft fest mit dem Wagen verbunden oder verfügten über Andockmechanismen, die nicht besonders genau waren und daher beim Andockmanöver wieder viel Zeit in Anspruch nahmen. Die Erleuchtung kam dann in Form eines robotischen Greiferarms, der den Wagen fest umklammerte. Chintamanis neues Design konnte sich an Wagen jeder Bauart anpassen und sie sicher ziehen. Um seiner Entwicklung Autonomie hinsichtlich der Fahrwege zu ermöglichen, wollte er den Andockmechanismus mit einer AMR-Plattform (Autonomer Mobile Roboter) kombinieren. Die Lasernavigation ermöglicht das Umfahren von Hindernissen sowie dynamische und präzise Bewegungen. Die Entwicklung führte zu einem schnelleren und effizienteren Lagerhandling. 01 02 OMNIDIREKTIONALE BEWEGUNGEN Der AMR musste bei beengten Platzverhältnissen Wege innerhalb des Lagers zurücklegen und korrekt an einen in einem dicht gepackten Gang stehenden Wagen andocken können. Das omnidirektionale Design mit Mecanum-Rädern ermöglicht es dem AMR, sich auf engstem Raum mit drei Freiheitsgraden zu bewegen. Der entscheidende Schritt hin zu einer optimierten Andockgeschwindigkeit und -genauigkeit sowie des Weitertransports, war die Spezifikation eines Bewegungssystems – basierend auf einem präzisen Vierradantrieb. „Weil sie leistungsstark und ausfallsicher sind, werden Maxon Motoren in vielen akademischen Forschungsprojekten eingesetzt. Unter anderem auch in der Weltraumforschung, an der ich gearbeitet habe. Deshalb war Maxon meine erste Anlaufstelle“, erklärt Chintamani. Das Bewegungssystem musste das Schleppen eines hohen Gewichts ermöglichen und deshalb ausreichend Drehmoment erzeugen, um eine Nutzlast von mehreren hundert Kilogramm aus dem Stand heraus in Bewegung versetzen zu können. Damit es in beengten Lagern betrieben werden kann, war sein erstes AMR- Design lediglich 70 cm lang und 50 cm breit. Ein kompakter Motor, der nur wenig Platz beanspruchte, war daher grundlegend. Nach einigen Versuchen fiel die Entscheidung auf einen bürstenlosen Maxon DC-Flachmotor, den EC 60 flat. Bei vier Motoren pro Roboter – einer pro Rad – musste das Design für die Serienfertigung außerdem kostengünstig sein, zumal die Motoren auch integrierte, hochauflösende Encoder benötigten. HOHE LEISTUNGSDICHTE „Wir testeten diese Motoren im ATR1-Prototyp und sie waren wirklich beeindruckend. Sie konnten einen Wagen mit dem zusätzlichen Gewicht von drei Menschen ziehen. Dabei sind es wirklich winzige Motoren von nur 60 Millimetern Breite“, betont Chintamani. Mit der Konzeptbestätigung des Erstdesigns, einem autonomen Schlepproboter namens ATR1 (Autonomous Towing Robot), wurde Tractonomy Robotics geboren. Der ATR1 kann Wagen jeder Bauart mit einem Gewicht bis zu 400 kg bei Geschwindigkeiten von mehr als 1 m/s ziehen. Mit Unterstützung eines speziellen Navigationsmoduls dockt der Roboter schnell an und kann sogar freie Stellplätze erkennen und Wagen autonom parken. Das Navigationssystem setzt Kameras sowie Computervisions-Feedback ein. Die Steuerungsgenauigkeit basiert auf der Reaktionsschnelligkeit der Motoren. „Der ATR1 kann in unter 20 Sekunden präzise und verlässlich an Wagen andocken und sich dank Seitwärtsbewegungen, dem sogenannten ‚Strafing‘, in beengter Umgebung mittels kleinster Anpassungen punktgenau positionieren“, erklärt Chintamani. BEDARF AN SCHWERLASTSCHLEPPERN Nach weiteren Versuchen mit ATR1 erhielt Tractonomy Robotics Anfragen für das Schleppen von größeren Nutzlasten, wie beispielsweise von Blechen mit einem Gewicht von 800 kg und mehr. Dies führte zu einem radikalen Neudesign, dem ATR2, mit einem einzigartigen, adaptiven Doppelarm-Andocksystem. Damit kann der Roboter eine ganze Reihe unterschiedlicher Wagengrößen handhaben. Tractonomy plant den ATR2 in einer Standard-Drehmoment-Ausführung sowie als Variante mit hohem Drehmoment zu produzieren. Die Zuglasten sollen jeweils 600 kg und 800 kg betragen, wobei Geschwindigkeiten von 1,8 m/s bis zu 2,5 m/s (6,5 km/h bis 9 km/h) erreicht werden. Bei Abmessungen von 90 x 64 cm ist der ATR2 größer als sein Vorgänger mit 70 x 50 cm, um Platz für zusätzliche Batterien und eine neue Elektronik zu schaffen. Aber um die höhere Nutzlast bei weiterhin kompakter Baugröße transportieren zu können, waren deutlich höhere Drehmomentmotoren nötig. „Nach Beratungen mit Maxon Ingenieur:innen stellte sich heraus, dass wir einen für das Gesamtsystem geeigneten Motor mit niedrigerer Spannung einsetzen konnten, der aber immer noch die Spitzenmotordrehzahlen und -drehmomente erzeugen konnte, die die höhere Last erforderte und dabei die thermischen Grenzwerte einhielt“, sagt Chintamani. „Dank dieser bedeutenden Empfehlung bieten wir unter Verwendung von nur zwei Motortypen eine einzige Plattform, die für eine ganze Reihe von Wagen und Nutzlasten geeignet ist.“ Beim Ziehen schwerer Lasten mit hohen Geschwindigkeiten wird die Bremskraft umso wichtiger. Deshalb ist der ATR2 mit integrierten Bremsen und einem 360°-Sicherheitssystem ausgestattet, das Kollisionen verhindert. Auch die Bauteilausfallsicherheit spielt bei einem Rund-um-die-Uhr-Betrieb eine Schlüsselrolle. „Diese Maschinen legen täglich mindestens 15-20 Kilometer unter variablen Bedingungen zurück. Ausfälle verringern die Pro- 14 antriebstechnik 2023/10 www.antriebstechnik.de
03 Hohe Genauigkeit - hartgewirbelte Kugelgewindetriebe hohe Traglast hohe Oberflächengüte 01 Der Autonomous Towing Robot ATR1 von Tractonomy war der Vorgänger: Die intelligenten, omnidirektionalen Schlepper können eine Vielzahl von Lagerwagen bewegen und agieren im Team 02 Der offene Rotor unterstützt die Kühlung im Betrieb, wodurch höhere Dauerdrehmomente erreicht werden können 03 EC 60 flat: Die bürstenlosen Flachmotoren von Maxon mit integriertem Hall-Sensor sind eine gute Wahl, wenn es eng wird und für kostenoptimierte Serienprodukte hergestellt in Deutschland hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis duktivität. Daher ist eine verlässliche Bewegungslösung besonders wichtig“, erklärt Chintamani. FLEXIBILITÄT BEIM MATERIALHANDLING ATR2 tritt gerade in die Phase der betrieblichen Validierung ein und Tractonomy konzentriert sich nun auf die Serienfertigung. Der AMR richtet sich primär an die verarbeitende Industrie und Vertriebslogistik, die auf Materialhandling- Technologien angewiesen sind, wie Fabriken, Lager großer Supermärkte und Postdienstleister. Die Roboter können auch für das Be- und Entladen von Wagen in Lastwagen eingesetzt werden und stellen so einen kostengünstigen Ersatz für konventionelle Routenzüge und Förderanlagen sowie eine sicherere und automatisierte Alternative zu Gabelstaplern dar. Chintamani fügt hinzu: „Wir sehen eine steigende Nachfrage nach nur einer einzigen Maschine, die für die verschiedensten Materialhandling-Anwendungen genutzt werden kann. Denn dies reduziert die Kosten sowie den Verwaltungsaufwand für den Endverbraucher. Tractonomy bietet genau diese Flexibilität mit nur einem Roboter, der für die unterschiedlichsten Materialhandling- Funktionen eingesetzt werden kann.“ Bilder: Maxon, Tractonomy Robotics www.maxongroup.de www.tractonomy.com DIE IDEE „Maxon Flachmotoren eignen sich besonders für begrenzte Platzverhältnisse. Die bürstenlosen Motoren sind als Innen- und Außenläufer konzipiert und erreichen Drehzahlen von bis zu 20.000 min -1 . Dank der einfachen Konstruktion ist eine weitgehend automatisierte Fertigung möglich, welche in einem günstigen Preis resultiert. Wahlweise gibt es die EC-Flachmotoren mit Hall-Sensoren, sensorlos oder mit integrierter Elektronik. Zudem können sie mit Getrieben und Encodern kombiniert werden.“ Patrik Britschgi, Product Manager EC Flat Motoren, Maxon Group, Sachseln (Schweiz) Gewindetriebe von Dr. TRETTER ® Motek Stuttgart 10.-13.10.2023 Halle 7 Stand 7224 Am Desenbach 10+12 73098 Rechberghausen fon +49 7161 95334-0 mail info@tretter.de www.tretter.de
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