SPECIAL: ANTRIEBSTECHNIK IN VERPACKUNGSMASCHINEN TRIBOPOLYMERE IN VERPACKUNGSMASCHINEN GUTE FÜHRUNG OHNE SCHMIERUNG In der neuen Generation der Thermoform-Verpackungsanlagen PowerPak Plus hat das Unternehmen GEA eine Vielzahl von Innovationen miteinander vereint. Wichtige Kriterien für die eingesetzten Komponenten waren: Verzicht auf aktive Schmierung, lange Lebensdauer, hygienegerechte Konstruktion und Eignung für intensive Reinigungsprozesse. Beim Verpacken von frischen Lebensmitteln – insbesondere von Fleisch und Käse – hat sich das Thermoformen durchgesetzt. Eine stabile Unterfolie wird in die vom Anwender gewünschte Schalenform gebracht, die Ware eingelegt (wenn gewünscht im Vakuum oder unter Schutzgas) und mit einer meist transparenten Oberfolie versiegelt. Lebensmittelhersteller, die dabei auf hohe Verpackungsqualität sowie auf eine lange Lebensdauer der Verpackungslinie achten, nutzen für diese Aufgabe häufig die Maschinen der PowerPak Serie von GEA Food Solutions. Entsprechend hoch waren die Anforderungen bei der Entwicklung der neuen PowerPak Plus. Auch die Reputation von GEA – einem international führenden Anbieter von Prozesstechnik für die Nahrungsmittelindustrie mit einem Umsatz von 4,83 Milliarden Euro (2018) – legte die Messlatte hoch. Die Erwartungen wurden jedenfalls erfüllt, denn die PowerPak Plus verkauft sich gut. Was auch nicht überrascht, denn die GEA Konstrukteure in Biedenkopf-Wallau haben echte Innovationen mit klarem Kundennutzen realisiert und dabei, wie schon bei der Vorgängerserie, den Igus-Konstruktionsbaukasten zu Hilfe genommen. Eine Innovation der neuen Thermoformanlage ist die freie Sicht auf den Prozess. Die klassischen Schutzhauben wurden durch eine einzige Schiebetür ersetzt, die sich über die gesamte Arbeitsbreite von bis zu drei Metern nach unten schieben lässt. Geführt wird die Tür an beiden Seiten über Igus Linearsysteme der Serie Drylin W und das entsprechende Drylin Hybrid-Rollenlager. Sie sind verdeckt eingebaut und werden über Gegengewichte in der gewünschten Position gehalten. Mit dieser unkonventionellen Lösung haben die GEA Ingenieure auch die Sicherheitsexperten der Berufsgenossenschaft überzeugt. Jürgen Niesar, Konstrukteur in der Forschung und Produktentwicklung: „Sie haben nur als zusätzliche Absicherung eine Lichtschranke am oberen Abschluss der Tür gefordert.“ DIE IDEE „Verpackungsmaschinen sind aufgrund der komplexen Anforderungen, die sich aus zu verpackendem Produkten und der Notwendigkeit der Reinigung ergeben, ein anspruchsvolles Umfeld für Konstrukteure. Die Polymere von Igus lösen einige der Probleme. Sie sind schmiermittelfrei und daher hygienetechnisch sehr geeignet und werden sowohl als Gleitlager als auch als Kugellager eingesetzt. In der elektrisch leitfähigen Variante entschärfen die Igus-Tribopolymere auch die Gefahren elektrostatischer Aufladungen beim Folienabrollen.“ Lars Braun, Leiter Branchenmanagement Verpackungsindustrie bei Igus in Köln 34 antriebstechnik 2021/01-02 www.antriebstechnik.de
KEINE AKTIVE SCHMIERUNG Die Vorteile der Schiebetür bestehen in der freien Sicht und dem optimalen Zugang zum Arbeitsraum. Die Drylin Linearführungen bieten den Vorteil, dass sie ein leichtgängiges Auf und Ab der Tür ermöglichen und ohne aktive Schmierung auskommen. Das ist für GEA aus mehreren Gründen eine zentrale Anforderung. Jürgen Niesar: „Da die Maschinen Nahrungsmittel verpacken, verzichten wir auf Schmierung, da sie Kontaminationen verursachen könnte.“ Auch die aus Hygienegründen erforderliche Reinigung der Anlagen und weitere Umgebungsbedingungen erschweren die Auswahl von Antriebskomponenten: Einige Anwender reinigen ihre Verpackungsmaschinen mit Heißdampf, andere schäumen sie mit Säuren oder Laugen ein. Auch Trockeneis kommt zum Einsatz. Das alles sind extreme Belastungen für die Lagerstellen. Schmierstoff würde schnell ausgewaschen, deshalb fordert GEA schmierstofffreie Komponenten. Zudem ist die Umgebung wegen der Reinigung meist feucht und die Temperatur kann sehr kalt (zum Beispiel bei der Verpackung von Fleisch- und Wurstwaren) oder warm (in Großbäckereien) sein. All das stellt besondere Anforderungen an rotative und lineare Lager. Die Antriebskomponenten von Igus sind für solche Anwendungen entwickelt. Bei den Linearlagern werden Aluminium- oder Edelstahlführungen verwendet, auf denen Gleitelemente aus Tribo-Polymeren mit inkorporiertem Schmierstoff verfahren. Diese Werkstoffkombination kommt ohne zusätzliche Schmierstoffe aus und bewährt sich unter den widrigen Umgebungsbedingungen der Nahrungsmittelverarbeitung und –verpackung. EINFACH AUFGEBAUT UND ELEKTRISCH LEITFÄHIG Die meist dünnen Oberfolien der Verpackungen werden mit einer definierten Bahnspannung abgerollt. Ein von GEA selbst entwickelter Torquemotor bewegt die bis zu 200 Kilogramm schwere Folienrolle, eine „schnelle“ Regelung hält die Bahnspannung im gewünschten Bereich. Das Spannsystem – eine verstellbare Rolle – wird rezeptabhängig voreingestellt, die bislang übliche „Tänzerrolle“ entfällt. Beim Folienwechsel fährt die Verstellung die Rolle aus dem Spannsystem. Diese lineare Verstellung wird automatisch über ein Lineargleitlager vom Typ Drylin JUM vorgenommen, bei dem ein Tribokunststofflager aus leitfähigem Iglidur F2 eine elektrostatische Aufladung der Folie verhindert. Frank Sabato, Konstrukteur in der Produktentwicklung Horizontalverpackung: „Wir haben ein Gleitlager in die Gleitfläche integriert, die als Linearfolie ausgeführt ist. Das funktioniert in der Praxis sehr gut und ersetzt das Ableiten über ein Kupferband.“ Die Führungsrollen selbst werden mit den Xiros Polymerkugellagern gelagert. Frank Sabato: „Auch hier nutzen wir den Vorteil der elektrostatischen Ableitung. Beim Einsatz konventioneller Kugellager, kann es zum Funkenüberschlag kommen.“ Einen weiteren Vorteil zeigt Frank Sabato, indem er eine Rolle leicht in Drehung versetzt: Sie läuft und läuft und läuft, da aufwendige Dichtungskonzepte beim Xiros Design überflüssig sind. Die Kombination von Polymergehäuse und Edelstahlkugeln ermöglicht einen schmiermittel- und wartungsfreien Betrieb, die FDA-Zulassung dokumentiert die Eignung für die Nahrungsmittelverpackung. Zudem kann GEA nun mit nur drei hygienisch geschlossenen, elektrisch leitfähigen und leichtgängigen Serienrollen alle Umlenkungen der PowerPak Plus realisieren. Der Folienlauf muss nicht nur im Hinblick auf Abrollgeschwindigkeit und Spannung reguliert werden, sondern auch in der Längsrichtung. Jürgen Niesar: „Ein Sensor erfasst die Bahnkante und gibt der Steuerung eines Stellmotors in der Rollentrommel das Signal zum Nachregeln. Für den Anwender heißt das: Er kann verschiedenste Folienqualitäten verarbeiten.“ Technisch wird die Bahnkantenverstellung wiederum mit dem Igus Antriebsbaukasten gelöst: Ein DC-Motor treibt eine Drylin Trapezgewindespindel an, die Mutter aus Iglidur Tribokunststoff verschiebt die Rolle axial (Bild 3). HUBSYSTEM FÜR TIEFZIEH- UND SIEGELSTATIONEN Ein für die Thermoformanlagen ganz wichtiger Bewegungsablauf wurde schon bei der Vorgängergeneration der PowerPak Plus mit Igus Lagern dargestellt. Die schweren Werkzeuge der Tiefzieh- und Siegelstationen, in denen die Unterfolie unter Einwirkungen von Druck und Wärme ihre Form erhalten, müssen in vertikaler Richtung beweglich sein. Dies gewährleisten Hubstationen mit Linearhub- und Kniehebelsystemen. Ihre Achsen werden in Iglidur Gleitlagern geführt, wobei je nach Anwendung zwei verschiedene Polymerwerkstoffe – Iglidur J und Iglidur Z – zum Einsatz kommen und hohe Kräfte aufnehmen. Für die Linearhübe werden Drylin Linearfolien und Linearclipslager der Serie Iglidur JUCM verbaut. Mit der neuen PowerPak Plus-Baureihe hat GEA die Erwartungen der „Verpacker“ bestens erfüllt. Die Igus Antriebselemente leisten dazu einen wesentlichen Beitrag. Bilder: Igus & GEA www.igus.de Auch in der Unterfolienabwicklung wird die verschiebbare Sicherheitseinhausung mit leichtgängigen Linearführungen bewegt www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2021/01-02 35
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