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antriebstechnik 1-2/2020

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antriebstechnik 1-2/2020

IDEENSCHMIEDE STW Was

IDEENSCHMIEDE STW Was zeichnet eine Ideenschmiede aus? Dass sie frei agieren kann? Dass sie sehr kreativ ist? Dass sie völlig neue Wege geht? Egal, wie man den Begriff definiert: Die Vorentwicklungsabteilung von STW ist eine echte Ideenschmiede. Das beweist sie unter anderem mit ihrem aktuellen Projekt: dem STWiesel. Peter Becker, Redaktion antriebstechnik Was ist ein STWiesel? Hierbei handelt es sich um ein Demonstrationsfahrzeug, das die Vorentwicklungsabteilung der Kaufbeurer Experten für Sensorik und Steuerungstechnik aufgebaut haben. STW hat jedoch keinen „gewöhnlichen“ Systemdemonstrator konstruiert, oder auf ein bestehendes Fahrzeug eines Kunden aufgesetzt. Nein, die Vorentwicklungsabteilung des Unternehmens hat von Grund auf eine neue Maschine entwickelt. Das Ergebnis erinnert auf den ersten Blick an ein kleines fahrerloses Transportsystem oder einen großen Haushaltsroboter. Das ist auch kein Zufall, denn der Trend geht zum mobilen Arbeitsroboter. Kleine Mäh- oder Staubsaugerroboter für den Hausgebrauch sind inzwischen etabliert, auch in der Intralogistik haben autonome (Klein-)Fahrzeuge inzwischen einen festen Platz. Dieser Trend wird sich auch auf den Heavy-Duty-Bereich ausweiten, ist man sich bei STW sicher. Dementsprechend wurde das STWiesel entwickelt, das autonom fahren und arbeiten kann. Einen ausführlichen Artikel über die Vorzüge des Demonstratorfahrzeugs können Sie übrigens in unserer Schwesterzeitschrift Mobile Maschinen lesen. Den Link zu diesem Beitrag finden Sie am Ende dieses Artikels. Angesichts der Neuentwicklung des STWiesels haben wir die Gelegenheit genutzt, um der Ideenschmiede in Kaufbeuren einen Besuch abzustatten, und uns mit den „Vätern“ des Fahrzeugs – Stefan Lang, Simon Schätzle, Lukas Simnacher und Karl Haberger – über den Entwicklungsprozess und die Innovationsstrategie des Unternehmens zu unterhalten. Wie wurde die Idee „STWiesel“ geboren? Lang: Dass wir das STWiesel gebaut haben, ist einem Umdenken im Unternehmen zu verdanken. Vor etwa zwei Jahren gab es eine strategische Neuausrichtung. Die Geschäftsführung entschied gemeinsam mit den Geschäftsbereichsleitern, dass STW über den Status des reinen Hardware-Zulieferers hinaus agieren möchte. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von sogenannten Leveln. Das unterste Level ist das des Komponentenlieferanten. Wir wollen künftig aber auch auf dem höherliegenden Level, das wir Build-your-system oder Systemkit-Level nennen, agieren. Dahinter verbirgt sich, dass alle Komponenten aus dem Hause STW perfekt aufeinander abgestimmt sind. Der Kunde ist also vor Inkompatibilitäten gefeit. Und nochmals höhergelegen ist das Level des Lösungslieferanten. Für den Kunden bedeutet dies, dass er künftig nicht mehr nur eine Steuerung von STW kaufen kann, sondern gleich die fertige gewünschte Lösung „Spurhalteassistent“ in Verbindung mit der Steuerung. Diesen Lösungsansatz wollen wir in den nächsten Monaten deutlich ausbauen. Denn unsere Kunden profitieren unserer Meinung nach sehr stark von dieser Idee. Wir nehmen ihnen die Vorentwicklung dieses Assistenzsystems ab. Der Kunde kann sich viel stärker auf sein Kern geschäft konzentrieren. Und vor diesem Hintergrund entstand die Idee einen Demonstrator aufzubauen, der unser Lösungs-Know-how in Sachen autonome Robotik beziehungsweise Hochautomatisierung verdeutlicht. Ist diese Auslagerung der Entwicklungsarbeit vom Kunden gewünscht? ZU DEN PERSONEN Stefan Lang ist studierter Lasertechniker und seit Mai 2016 im Dienste von STW. Als Leiter der Vorentwicklung übernahm er im Rahmen des STWiesel-Projekts die Gesamtkoordination. Zudem hatte er die Idee, den Robotik-Demonstrator aufzubauen. Simon Schätzle ist promovierter Mechatroniker. Seit Anfang 2019 ist er als Gruppenleiter Systemtechnologie bei STW tätig. Bezogen auf das STWiesel hatte er die Projektleitung inne. Lukas Simnacher hat Elektro- und Informationstechnik studiert. Nach seinem Praktikumsjahr bei STW ist er als Systemingenieur zur Vorentwicklungsabteilung des Unternehmens gestoßen. Karl Haberger ist studierter Mechatroniker und seit Mitte 2018 bei STW. Als Projektingenieur kümmerte er sich u. a. um die Spezifizierung des Use Cases des STWiesels sowie um die Demonstration auf der Agritechnica 2019. Lang: Wir glauben daran. Es ist natürlich auch von der Größe des Unternehmens abhängig. Die ganz großen Global Player entwickeln in der Regel selbst und maßgeschneidert für ihr eigenes Portfolio. Doch viele kleinere und mittelgroße OEM haben gar nicht die Kapazitäten, selbst Assistenzsysteme oder ähnliches zu entwickeln. Hier setzen wir an und bieten eine Lösung, mit der es auch diesen kleineren Herstellern möglich ist, ihre Maschinen mit modernsten Steuerungslösungen zu bestücken. Wie entwickelt STW generell neue Ideen? Lang: Unsere Mitarbeiter sind prinzipiell dazu angehalten, neue Ideen einzubringen. Man muss hierbei zwei Ebenen unterscheiden. Auf Geschäftsleitungsebene bearbeiten wir das Thema strategisch: Welche Innovationen brauchen unsere Kunden, braucht der Markt, brauchen wir? Wie sieht der Markt der Zukunft aus? Wie reagieren wir hierauf? Wir versuchen, diese Fragen methodisch zu beantworten und entsprechende Ideen zu entwickeln. Und dann gibt es noch die informelle Ebene innerhalb des Ressorts Technik in unserem Haus. Hier führen wir einen regen Austausch, der aber keiner spezifischen Methodik folgt. Nichtsdestotrotz ergeben sich hieraus oft gute Ideen für das Unternehmen. Wenn wir in einem Gedanken Potenzial sehen, wird der 22 antriebstechnik 2020/1-2 www.antriebstechnik.de

01 IDEENSCHMIEDE STW 02 Kreis der beteiligten Personen dann auch schnell erweitert, sodass wir auch die Produktentwicklung und auch Marketing und Vertrieb einbinden können. Diese Verzahnung der verschiedenen Abteilungen gelingt uns inzwischen sehr gut. Wo lassen Sie sich inspirieren? Haberger: Inspiration holen wir uns auf vielen Konferenzen und Tagungen, die auf den ersten Blick vielleicht fachfremd wirken: der berühmte Blick über den Tellerrand. Hier transferieren wir das Gehörte auf die STW-Welt. Wie könnte man diese Technologie für uns und unsere Kunden nutzen, auch wenn sie zum Beispiel aus der Consumer-Welt stammt? Aber natürlich sieht und hört man auch viel im Alltag und versucht diese Eindrücke für die eigene Arbeit zu nutzen. Gibt es feste Prozesse für Vorentwicklungen bei STW? Schätzle: Grundsätzlich soll sich die Vorentwicklung nur in Ausnahme fällen auf die bei STW übliche Entwicklungsmethodik stützen. Denn diese ist stark an Normung und Nachweisbarkeit gekoppelt. Dieses Vorgehen ist bei Serienprodukten auch gut und richtig, denn nur so kann dem Kunden letztlich ein richtlinienkonformes Produkt angeboten werden. Die Vorentwicklung soll jedoch VOR-denken, wie der Name schon sagt. Wir sollen uns von den etablierten Prozessen lösen und Neues ins Unternehmen bringen. Wenn wir uns durch Prozesse selbst einschränken würden, wäre das kontraproduktiv. Die Vorentwicklung von STW soll zudem nicht nur neue Produkte oder Produktverbesserungen entwickeln, sondern vor allem auch neue Entwicklungsprozesse testen und einführen, von denen die Serienproduktion in Konsequenz profitiert. Dasselbe gilt übrigens auch für die Welt der Software. Wir dürfen und sollen frei denken und das Maximum an Innovationskraft für das Unternehmen entwickeln. Sie sind also eine echte Ideenschmiede. Software ist ein gutes Stichwort. Das STWiesel basiert softwareseitig auf dem ROS (Robot Operation System). Was ist hiermit alles möglich? Simnacher: Durch die Installation der ROS-Software auf dem Kommunikationsmodul TCG-4 ist eine Einbindung von Sensoren in das ROS der Maschine möglich. Beim STWiesel sind dies zum Beispiel Time-of-Flight-Kameras und Laserscanner. Diese können wir über das ebenfalls integrierte Telekommunikationsmodul TCG-4 ansteuern, auslesen und auswerten. Beispielhaft konnten wir so über die TCG-4 einen Notbremsassistenten integrieren. Auch die autonome Navigation läuft über ROS. Wir lernen bei dieser Arbeit extrem viel über unsere eigenen Komponenten. Durch die intensive Beschäftigung mit diesem System wissen wir nun, wie wir unsere Komponenten ROS-befähigen und auf diese Weise durch kleinere Erweiterungen neue Funktionen erschließen. Viele Möglichkeiten waren uns vor diesem Projekt gar nicht bewusst, da wir uns bislang sehr stark mit der Komponente und weniger mit der Applikation auseinandergesetzt haben. Die Integration der Applikation in unsere Entwicklungsbemühungen, gerade auch im Bereich Software, wollen wir künftig stärker intensivieren. Vielen Dank für das Gespräch. Fotos: Redaktion antriebstechnik www.stw-mobile-machines.com 01 Stefan Lang (Bild rechts) erläutert Peter Becker, Redaktion antriebstechnik, das STWiesel im STW-Showroom in Kaufbeuren 02 Auf dem STWiesel fallen vor allem die oben aufgesetzten Komponenten ins Auge: am linken Fahrzeugrand sitzen die Sensoren, unten in der Mitte die Steuerung und rechts unten das Telekommunikationsmodul MEHR ÜBER DAS STWIESEL Hier können Sie den ausführlichen Beitrag zum Fahrzeug durchlesen: http://bit.ly/STWIESEL_Beitrag VIDEO Dieses Video demonstriert in Kürze einige Funktionen des STWiesels: http://bit.ly/STWIESEL www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2020/1-2 23