ELEKTROMOTOREN I INTERVIEW „Die Messe war der Startschuss“ GMN drängt mit Highspeed-Elektroantrieben auf den Markt Wie man seine Kernkompetenzen erfolgreich auf andere Produkte überträgt und damit ein neues Geschäftsfeld erschließt, zeigte GMN auf der SPS IPC Drives. Der Nürnberger Maschinenbauer will mit hochdrehenden Elektromotoren den Markt erschließen. Die rundum positive Resonanz stimmt Joachim Schnüttgen, Technikleiter Elektrische Antriebe, optimistisch. GMN als traditioneller Spindelbauer stellt nun auch hochdrehende Elektromotoren her. Wie kam es dazu? Der Markt für Elektromotoren ist für uns zunehmend interessant geworden. Verschiedene Faktoren wie strengere Effizienzvorgaben, sinkende Preise bei Steuerungssystemen und neue Anforderungen der E-Mobilität, haben die Entwicklung beflügelt. Branchenübergreifend sind immer leichtere und kleinere Modelle gefragt, und das am besten mit gleichbleibender oder steigender Leistung. Wichtige Anforderungen sind außerdem ein geringer Wartungsbedarf und die Option zum schnellen Nachrüsten. Verstärkt werden Antriebe für Highspeed-Anwendungen nachgefragt. Hier sind wir von Haus aus Experten, denn Kompaktheit und Leistungsdichte sind Kernkompetenzen von GMN, mit denen wir sowohl bei Maschinenspindeln als auch bei Elektroantrieben punkten können. Unsere Direktantriebe benötigen wenig Wartung, die Leistungsdichte können wir durch höhere Drehzahlen steigern. Deshalb haben wir vor gut fünf Jahren beschlossen, unser Produktportfolio in Richtung Elektromotoren auszubauen. Angefangen als interner Entwicklungsbereich, sind wir mittlerweile auch Entwicklungspartner für Kunden aus der Automotive- Industrie. Darüber hinaus planen und fertigen wir Standardantriebe und Einbauelemente für einen breiteren Kundenkreis. Die zwei ersten Baureihen haben wir auf der Messe erstmals präsentiert. Was zeichnen Elektromotoren von GMN aus? Unsere Alleinstellungsmerkmale sind die hohen Drehzahlen und ein Maximum an Leistung im vorgegebenen Bauraum. In unserer Standardmotor-Reihe MSP gehen wir hoch bis zu 45 kW und einer maximalen Drehzahl von 18 000 min -1 . Zudem setzen wir auf eine effiziente Wasserkühlung, wodurch wir nochmals kompakter bauen können. Ein Beispiel: unser Modell MSP 112.4-30/9000 erreicht 30 kW im Dauerbetrieb – bei einer Höhe von 212 mm und 500 mm Länge. Ein vergleichbarer luftgekühlter Asynchronmotor in 50 Hz-Ausführung mit gleicher Leistung ist etwa fünf Mal so groß. Normierte Bauformen und Anschlüsse sind bei uns Standard, die Medienzuführungen und Kabelgänge am Motor lassen sich flexibel gestalten. Deshalb eignen sich unsere Komplettantriebe zum Beispiel als Ersatz für Bestandsmotoren, wenn mehr Leistung benötigt wird. Sind auch höhere Drehzahlbereiche möglich? 20 antriebstechnik 1-2/2018
INTERVIEW I ELEKTROMOTOREN Bei unserer zweiten Reihe modularer Antriebskits lassen sich noch viel höhere Leistungen erreichen. Diese haben wir speziell für Sonderanwendungen im Highspeed-Bereich entwickelt. Auf Basis von Rotoren und Statoren unserer Standardreihe, die sowohl mit als auch ohne Welle erhältlich sind, entstehen kundenspezifische Ausführungen, bei denen eine Maximalleistung von 150 kW und Drehzahlen bis 250 000 min -1 durchaus realistisch sind. Bei diesen modular aufgebauten Antrieben kann der Käufer die Lagerung, die mechanische Schnittstelle und das Gehäuse selbst gestalten, oder wir entwickeln sie in seinem Auftrag. Dabei setzen wir optimal für den Motor ausgelegte Bauteile aus eigener Fertigung ein. Welche Bauteile sind das? In der Spindeltechnik entwickeln und fertigen wir schon lange Lagerungen und Abdichtungen für hohe Drehzahlen. Hier besitzen wir langjähriges Know-how und einige Produkte, die wir in gleicher oder modifizierter Form für die Elektroantriebe nutzen können. Das sind zum Beispiel fettgeschmierte Hochgeschwindigkeits-Hybridkugellager, durch die Reibung und Verschleiß im Motor verringert werden. Dazu kommen berührungslose Dichtungen mit Labyrinthgeometrie und robuste Klemmkörperfreiläufe, die wir ebenfalls für hohe Drehzahlbereiche entwickelt haben. Diese Bauteile und unsere Präzisionsfertigung tragen dazu bei, unseren Antrieben Laufruhe und eine hohe Wuchtgüte zu verleihen. Da wir zudem auf hochwertige Materialien setzen, arbeiten sie auch bei hohen Drehzahlen effizient. Ihr Fazit zur ersten Messe, bei der Sie die neuen Produktreihen zeigen konnten? Wir hatten viel mehr und bessere Kontakte sowie intensivere Gespräche als bei unseren vorigen Messeauftritten, bei denen wir uns mit unseren Elektroantrieben noch in der Startphase befanden. 2017 konnten wir unser neues Geschäftsfeld und seine Dienstleistungen mit vielen interessanten Exponaten anschaulich vermitteln. Mit Erfolg: wir haben gleich mehrere Anfragen für kundenspezifische Motoren erhalten. Ich bin sicher, dass sich hieraus konkrete Projekte ergeben werden. Der Bedarf ist da, und zwar in ganz unterschiedlichen Branchen. Besonders gut gefiel den Besuchern die Wahlfreiheit, die wir mit den zwei Reihen bieten. Entweder sie erwerben ein Antriebskit und gestalten einen eigenen Motor, oder sie machen es sich leicht und wählen eine fertige Konstruktion. Aus welchen Branchen kommen Interessenten für Highspeed-Motoren? Anfragen zu den Standardbauformen kamen zum Beispiel aus der Prozess- und der Prüfstandstechnik – von überall dort, wo im kleinen Bauraum eine hohe Performance gefragt ist. Ingenieurbüros und Pkw- sowie Nutzfahrzeughersteller, die an unseren Stand kamen, waren vor allem auf der Suche nach individuell gefertigten Motoren oder Entwicklungspartnerschaften. Mit uns gesprochen haben unter anderem Anbieter, die sich mit Nutzfahrzeugen kleiner und mittlerer Größe beschäftigen und auf der Suche nach neuen Antriebskonzepten als Alternative zum Verbrennungsmotor sind. Viele Gespräche drehten sich um hochspezialisierte Anwendungen, in denen Antriebsleistungen zwischen 100 und 150 kW benötigt werden. Das ist genau das Gebiet, auf dem wir uns zu Hause fühlen: kundenspezifische Highspeed-Lösungen entwickeln und in gewohnter GMN-Qualität umsetzen. Wie geht es jetzt mit Ihren Elektromotoren weiter? Es gibt einen Markt für unsere Highspeed- Motoren, aber bislang kennt uns als Neuling nur ein Bruchteil aller potenziellen Interessenten. Viele der Besucher waren begeistert und haben uns gefragt: „Warum kommt Ihr erst jetzt mit den Motoren?“ Unsere Bekanntheit wollen wir natürlich verbessern. Einer unserer Grundsätze ist stets, Qualität vor Quantität zu setzen. Wir wollen begeisterte Kunden – deswegen sehen wir uns mögliche Projekte genau an und nehmen die an, bei denen wir den Auftraggeber mit dem Ergebnis restlos überzeugen können. Mit einigen Unternehmen, mit denen wir erste Kontakte geknüpft haben, führen wir aktuell konkrete Gespräche. Hier erwarten wir schon bald Projekte, die wir rasch realisieren können und die uns mehr Bekanntheit verschaffen. Ich bin sicher: Sie hören bald wieder von uns, z. B. unter www.gmn-emot.de. www.gmn.de 01 Rotor und Stator aus der modular aufgebauten MSP Basic-Reihe als Einbaukit 02 Pkw-Synchronmotor für die E-Mobilität mit einer Leistung von bis zu 80 kW und einer maximalen Drehzahl von 8 450 min -1 03 Kompakter Highspeed-Antriebsmotor der MSP Basic-Reihe als Komplettpaket antriebstechnik 1-2/2018 21
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