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antriebstechnik 9/2020

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antriebstechnik 9/2020

FORSCHUNG UND

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG TEIL 5 TOPOLOGISCHES SCHLEIFEN BEI STIRNRADVERZAHNUNGEN Topologisches Schleifen bei Stirnradverzahnungen – vermeintlich ein Detail. Doch es leistet einen wesentlichen Beitrag, wenn es um das optimierte Einsatzverhalten von Getrieben und die Nutzung der Potenziale im Antriebsstrang geht. 1 EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG Die Lebensdauer von Zahnradgetrieben wird durch die Makrogeometrie sowie mikrogeometrische Modifikationen und Fertigungsfehler beeinflusst. Flankenmodifikationen werden zur Kompensation der Zahnverformungen infolge der zu übertragenden Lasten und die Gewährleistung eines korrekten Zahneingriffs zur Erzielung eines optimalen Tragbildes eingesetzt. [HELL15] Das diskontinuierliche Profilschleifen und das kontinuierliche Wälzschleifen repräsentieren die gängigen Technologien der Hartfeinbearbeitung. In beiden führen Breitenmodifikationen zwangsläufig zu unbeabsichtigten Profiländerungen beim konventionellen Schleifen von Schrägverzahnungen. Bei der Erzeugung von Breitenballigkeiten wird dies durch Unterschiede der oberen und unteren Profillinien deutlich, die entgegengesetzte Profilwinkelfehler aufweisen, wodurch eine Verwindung der Zahnflanke beschrieben wird. Die Kinematik zwischen Werkzeug und Werkstück sowie der Linienkontakt beim Profilschleifen und der Punktkontakt beim Wälzschleifen haben Abweichungen in den Flankenformen zur Folge. Diese Abweichungen spiegeln sich beim Wälzschleifen und Profilschleifen in gegenläufig orientierten Verschränkungen wider. [HELL15] Die Verschränkung wird in den meisten Anwendungen vermieden, da die Auswirkungen auf das Laufverhalten und die Lebensdauer nicht vollumfänglich bekannt sind. Die in den letzten Jahren entwickelten und optimierten Kinematiken befähigen dazu die Verschränkung im Fertigungsprozess zu kontrollieren. Demnach kann sowohl eine Verschränkungskompensation oder eine gezielte Verschränkung eingestellt werden. [HELL15] Das Ziel des dem Bericht zugrundeliegenden Forschungsvorhabens war der Nachweis der Verbesserung des Einsatzverhaltens. Das Einsatzverhalten gliedert sich u. a. in das Anregungsund das Tragfähigkeitsverhalten. Während in den vorangegangenen Teilen dieser Artikelserie das Anregungsverhalten für verschiedene Applikationen untersucht wurde, soll in diesem Bericht die Tragfähigkeit in Abhängigkeit der Verschränkung thematisiert werden. Für diese Untersuchungen wurde eine grübchenkritische Prüfverzahnung der Firma ZF herangezogen, für die Optimierungsrechnungen zur toleranzfeldbasierten Zahnflankentopografieauslegung durchgeführt und die Verschränkung für ein verbessertes Einsatzverhalten ausgelegt wurde. Zur Auslegung der gezielten Verschränkung ist die FE-basierte Zahnkontaktanalysesoftware FE-Stirnradkette genutzt worden [CAO02]. Nach dem Aufbau der Simulationsmodelle erfolgte eine Optimierung der Topografie mithilfe von Variantenrechnungen in Abhängigkeit des zu untersuchenden Antriebsmomentes und der Fertigungsqualität. Weiterhin wurde ein robustes Einsatzverhalten der Radpaarungen durch die Analyse des Toleranzfeldes mittels Variantenrechnung berücksichtigt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wird in diesem Bericht vorgestellt. Hierzu werden der Versuchsaufbau und -ablauf beschrieben, die Untersuchungsergebnisse vorgestellt und die Simulationsergebnisse validiert. 52 antriebstechnik 2020/09 www.antriebstechnik.de

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG 2 VORGEHENSWEISE ZUR UNTERSUCHUNG DER FLANKENTRAGFÄHIGKEIT Im Projekt wurde die Zahnflankentopografie der Prüfverzahnungen variiert. Daher standen Ermüdungsschäden der Zahnflanke im Fokus der Arbeiten. Die Versuche zur Zahnflankentragfähigkeit wurden auf einem Lastniveau im Zeitfestigkeitsbereich für unterschiedliche Zahnflankenkorrekturen durchgeführt. Insgesamt wurden vier unterschiedliche Zahnflankenkorrekturen untersucht. 2.1 PRÜFAUFBAU UND PRÜFABLAUF Zur Bestimmung des Einflusses der Verschränkung auf die Zahnflankentragfähigkeit sind Untersuchungen an einer Standardprüfverzahnung der Firma ZF auf einem 2-Wellen-Verspannungsprüfstand am WZL durchgeführt worden. Der Verspannungsprüfstand bietet den Vorteil, dass Schadensarten gezielt und reproduzierbar untersucht werden können. Das Prinzip des 2-Wellen-Zahnradverspannungsprüfstands ist nach DIN ISO 14635 genormt und besteht aus einem Leistungskreislauf, der sich insbesondere aus dem Prüfgetriebe, einem Übertragungsgetriebe, einer Torsionswelle und einer Verspannkupplung zusammensetzt, vgl. Bild 01, [DIN06]. Prinzipbedingt weist das Übertragungsgetriebe dieselbe Übersetzung wie das Prüfgetriebe auf. Damit die Schäden sicher nur im Prüfgetriebe auftreten, ist diese Zahnradstufe breiter ausgeführt. [KLOC17] Dem Achsabstand der Stirnradverzahnungen entsprechend sind die Wellen des Prüfstands parallel zueinander angeordnet. Für die Durchführung der genormten Prüfungen im Rahmen dieses Vorhabens war ein Achsabstand von a = 91,5 mm vorgesehen. Das Aufprägen des Belastungsmoments erfolgt durch eine Relativverdrehung des Verspannkreislaufs bei geöffneter Verspannkupplung und das anschließende Schließen der Verspannkupplung. Der mechanische Verspannungsprüfstand bewirkt eine permanente Belastung des Prüf- und Übertragungsgetriebe. Aus diesem Grund muss der Antriebsmotor lediglich die mechanische Verlustleistung des Systems aufbringen und kann im Vergleich zu elektrischen Verspannungsprüfständen kleiner ausgeführt werden. [KLOC17] Die am WZL verwendete Methode zur Aufbringung des Prüfdrehmoments ist in der DIN ISO 14635 definiert [DIN06]. Hierbei wird zunächst eine Hälfte der Verspannkupplung mittels eines Bolzens arretiert. Anschließend wird die andere Hälfte der Verspannkupplung ein Belastungshebel angebracht und mit einem Gehänge und Gewichten belastet, wodurch eine Verdrehung der Kupplungshälften aufgrund des Torsionsmoments erfolgt. Zur Überwachung des so erzeugten Moments dient der Verdrehwinkel mit kalibrierten DMS-Vollbrücken an der Torsionswelle. [KLOC17] Die drehweiche Torisionswelle ermöglicht die Verdrehung bzw. Belastung im Leistungskreislauf. Durch Setzerscheinungen im Gesamtsystem kann es zu einem Drehmomentverlust im Leistungskreislauf kommen. Mit zunehmender Verspannung respektive zunehmendem Verdrehwinkel der Kupplungshälften reagiert der Prüfstand weniger empfindlich, was einem 01 Verspannungsprüfstand für Gerad- und Schrägverzahnung [KLOC17] n Kenndaten a = 91,5; 112,5; 200 mm n Aufbringen der Last Hebel + Gewicht Hydraulisch n Legende 1 Antriebsmotor 2 Übertragungsgetriebe 3 Torsionswelle 4 Verspannkupplung 4* Hydraulische Verspanneinheit 5 Prüfverzahnung 6 Heizung/Kühlung Verspannungskreislauf 02 Auswertung der Zeitfestigkeitsergebnisse im Wahrscheinlichkeitsnetz [KLOC17] n Versuche auf einem Lastniveau bis zum Schaden Zuordnung der Ausfallwahrscheinlichkeit nach Laufzeit: – Ordnungszahl i, beginnend bei kürzester Laufzeit – Stichprobenumfang n – Berechnung nach Weibull: P i a = · 100 % n + 1 – Berechnung nach Rossow (modifiziertes Verfahren) 3 · i– 1 P a = · 100 % 3 · n + 1 – Berechnung der geometri - schen Wahrscheinlichkeit i P a = · 100 % n Auswertung für 50 % Ausfallwahrscheinlichkeit üblich n Verzahnungsdaten m n = 2,9 mm z 1,2 = 26/31 α n = 20,0° β = +/- 25,0° b = 25,2/25,2 mm a = 91,5 mm n n Schleifverfahren Wälzschleifen / Profilschleifen Simulationssoftware FE-Stirnradkette 4.2 Prüfverzahnung Verzahnung: ZF Friedrichshafen AG Drehmoment [Nm] Ausfallwahrscheinlichkeit [%] 10 4 X X X 1 2 3 4 5 6 Schwingspielzahl N (log) X X X Serie ohne Verschränkung Profilschleifen mit nat. VS 10 5 10 6 90 70 50 30 10 Oberes Lastniveau (nach Weibull) 03 Ease-offs der betrachteten Varianten der Prüfverzahnung Abweichung [µm] Abweichung [µm] C Vα1 = 0 µm C Vα1 = 64 µm Max. Abweichung: 32,1 µm Max. Abweichung: 42,2 µm Abweichung [µm] Abweichung [µm] Lastwechselzahlen der 3 Versuchspunkte: – 49950000, 52290000, 57800000 49950000 Lastwechsel (i=1) 1 P a = · 100 % = 25 % 3 + 1 52290000 Lastwechsel (i=2) 2 P a = · 100 % = 50 % 3 + 1 57800000 Lastwechsel (i=3) 3 P a = · 100 % = 75 % 3 + 1 Wälzschleifen mit nat. VS C Vα1 = -37,7 µm Max. Abweichung: 52,8 µm Top. Opt. mit gezielter VS C Vα1 = 33 µm Max. Abweichung: 42,2 µm www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2020/09 53