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antriebstechnik 9/2019

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FORSCHUNG UND

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED 08 Vorgehensweise der analytischen Verfahren zur Bestimmung der Reglerparameter Der durch die Durchlauferhitzer eingebrachte Wärmestrom wird je nach Volumenstrom mit einer zeitlichen Verzögerung als Temperaturanstieg am Temperatursensor aufgenommen. Für die Festlegung der Temperaturdifferenzen über die Verbraucher ist darauf zu achten, dass der maximale geförderte Volumenstrom 45 l/min, gemäß den Messungen an den Demonstratormaschinen, nicht überschritten wird. Tabelle 02 stellt bei gegebener Verlustleistung und geforderter Temperaturdifferenz ∆T Verbraucher nach Gl. (1) den notwendigen Volumenstrom jedes Verbrauchers sowie des Gesamtkühlsystems dar. 09 Darstellung eines Stranges am Versuchsstand als Pumpenregelkreis Dabei ist der in das System eingetragene Wärmestrom, ρ F die Dichte des Kühlfluids, c F die spezifische Wärmekapazität und T ein die sich am Eingang ergebende Temperatur, sowie T aus die geforderte Austrittstemperatur. 10 Signalflussplan der Strecke des Pumpenregelkreises STEUERUNGS- UND REGELUNGSTECHNISCHE BETRACHTUNG DES KÜHLSYSTEMVERSUCHSSTANDS In der Systemtheorie werden physikalische Systeme mithilfe von Übertragungsgliedern beschrieben. In komplexen Systemen schafft dies Transparenz und ermöglicht eine einfachere Systemuntersuchung. Ein solches Übertragungsglied beschreibt den Zusammenhang in Gl. (2) zwischen Ein- und Ausgangssignal im Frequenzbereich. Zu beachten ist hier, dass die Ein- und Ausgangssignale im sog. Laplace-Bereich vorliegen müssen und abhängig von der komplexen Frequenzvariable s sind. Ein- und Ausgangsgrößen können jede beliebige physikalische Größe annehmen, sofern sie mathematisch miteinander verknüpft werden können. Weitere Informationen über die Grundlage der Steuerungs- und Regelungstechnik, z. B. Reglerarten, vorliegende Strecke oder Regelkreis elemente mit Übertragungsfunktion können aus zahlreicher Literatur /Moh68, Sch14, Lun14, Lut14, Lun16/ entnommen werden. 11 Kennfeld der kritischen Regelverstärkung (links) und Zeitkonstante (rechts) für den Pumpenregelkreis nahen Betrieb. Die verwendeten Regelventile bestehen aus einem 2-Wege-Regelkugelhahn kombiniert mit einem Stellmotor der Firma Sauter und zeichnen sich durch einen stufenlosen Verfahrweg des Öffnungswinkels aus /Sau18a, Sau18b/. Ein Mindestvolumenstrom ist daher für die Regelung unerlässlich, da sonst ein Temperaturanstieg nicht festgestellt wird. Auch bei negativer Regeldifferenz ist darauf zu achten, dass die Regelventile nicht vollständig schließen, um den Mindestvolumenstrom pro Kreislauf zu gewährleisten. Zur bedarfsgerechten Versorgung der einzelnen Verbraucher in den neu entwickelten Kühlsystemstrukturen am Versuchsstand werden zwei verschiedene Kühlbetriebsstrategien eingesetzt. Die erste Betriebsstrategie (BS1) bei unbekannter thermischer Last an den Maschinenkomponenten erfolgt über die Regelung der komponentenspezifischen Austrittstemperatur im geschlossenen Regelkreis (Closed Loop Control) gemäß Bild 06. Hier wird die vorgegebene Führungsgröße T aus,soll über ein Vergleichsglied, mit einer Messgröße T aus,ist verglichen und die Regeldifferenz e gebildet. Im Regelund Stellglied (z. B. Pumpe oder Regelventil) wird das Signal, je nach physikalischem Zusammenhang und dem verwendeten Regler, in das Reglerausgangssignal u R und Stellsignal umgesetzt. Im System vorliegende Störgrößen z (Wärmeeinträge aus dem Prozess und der Umgebung) werden in der Regelstrecke berücksichtigt. Die Regelgröße T aus,ist wird schließlich über einen Temperatursensor als Messgröße T aus,ist wieder zum Vergleichsglied zurückgeführt. Die zweite entwickelte Betriebsstrategie (BS2), bei der von einer bekannten thermischen Last der Maschinenkomponenten ausgegangen wird, ist als Vorsteuerung realisiert. Bild 07 zeigt das Konzept der Vorsteuerung im Allgemeinen mithilfe der Gl. (1) des jeweiligen Stranges Gestell, Linearführung und Motorspindel. Über die prozessaktuelle Berechnung des benötigten Volumenstromes bei bekanntem Wärmeeintrag , Temperaturdifferenz T aus,soll – T ein,ist sowie Stoffdaten des Kühlmediums kann das Stellsignal von der 102 antriebstechnik 2019/09 www.antriebstechnik.de

PEER REVIEWED FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Vorsteuerung an die Stellglieder, Pumpe und Regelventil, weitergeleitet werden. Die auftretenden Temperaturabweichungen können zusätzlich über den Regler wie bei der ersten Betriebsstrategie ausgeglichen werden. Für eine genauere Berechnung der erforderlichen Volumenströme mithilfe der Vorsteuerung wird die Eintrittstemperatur T ein,ist kontinuierlich gemessen und der Vorsteuerung zur Verfügung gestellt. Zur Bestimmung der in einem System optimalen Reglerart und deren Parameter gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden analytische sowie experimentelle Verfahren verfolgt. Die analytischen Verfahren beruhen auf der Identifizierung des Übertragungsverhaltens der Regelstrecke nach /Lun14, Lun16, Str18, Lut14/. Diese dienen im Wesentlichen der Bestimmung der vorliegenden Strecke des realen Systems. Somit lässt sich ein passender Regler für die ermittelte Systemstrecke wählen. Die Analyse der Strecke wird mit einem mathematischen Modell basierend auf physikalischen Größen durchgeführt. Zur Validierung der mathematischen Modelle können praktische Untersuchungen durchgeführt werden. Bild 08 zeigt die Vorgehensweise des analytischen Verfahrens zur Bestimmung der Reglerparameter. Ziel der analytischen und experimentellen Methode ist es, kritische Reglerparameter zu bestimmen. Diese sind die kritische Reglerverstärkung K krit und ggf. die kritische Periodendauer T krit für schwingungsfähige Systeme. Die kritischen Parameter werden in der analytischen Methode unter Verwendung mathematischer Gleichungen mit kritischen Randbedingungen bzw. für kritische Arbeitspunkte bestimmt. Nach der Bestimmung der beiden Parameter K krit und T krit werden die Reglerparameter nach Einstellregeln berechnet. Das hier verwendete Verfahren nach Ziegler und Nichols beruht auf der in Tabelle 03 dargestellten Vorschrift. Die aus der analytischen Systemuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse sind ein Abbild des real ablaufenden Prozesses. Somit können die analytisch berechneten Reglerparameter als Ausgangswerte für die experimentelle Ermittlung der Reglerparameter durch heuristische Verfahren verwendet werden. Als Stellglieder sind die drehzahlvariablen Pumpenantriebe und die Regelventile definiert. Die Pumpenantriebe sind für die bedarfsgerechte Bereitstellung des Kühlmediums in allen drei neu entwickelten Kühlstrukturvarianten zuständig. Die Regelventile kommen für die Regelung des Volumenstroms in Kühlstruktur 1 sowie für die Anpassung des Kaltwassers für die Abführung der Wärme aus dem Versuchsstand über den Plattenwärmetauscher zum Einsatz. Grundvoraussetzung für die Anwendung der Verfahren zur Reglerauslegung sind Festlegungen von Systemgrenzen und kritischen Arbeitspunkten, für die die Regler entworfen werden sollen. Für die Ermittlung der kritischen Reglerparameter über analytische Verfahren für den Regelkreis des drehzahlvariablen Pumpenantriebs in Bild 09 werden die einzelnen Signalflussplanblöcke in Bild 10 modelliert. Das Stellglied (Dv-Pumpenantrieb) und die Regelstrecke (Durchlauferhitzer, Rohrstück) werden analysiert. Nach Analyse und Modellierung der einzelnen Glieder des Regelkreises ergibt sich eine Gesamtübertragungsfunktion als PT3-Glied gemäß Gl. (3). Stellglied Verhalten Verstärkung Zeitkonstante Pumpe: G Pu (s) PT1-Glied K Pu = 2,3 l/min · V T 1,Pu = 1,6 s Durchlauf erhitzer: G DL (s) PT1-Glied Rohrstück: G Rohr (s) PT1-Glied K Rohr = 1 Tabelle 04: Streckenverstärkungen und die entsprechenden Zeitkonstanten der Über ­ tragungsglieder, Pumpe, Durchlauferhitzer und Rohrstück 12 Temperatursprungantwort ϑ aus,ist des Pumpenregelkreises nach Bild 09 für variierte Reglerverstärkung K R /Jan18/ Die ermittelte Strecke des Pumpenregelkreises wird auf die charakteristische Gleichung des geschlossenen Regelkreises in Gl. (4) angewendet. Somit kann die kritische Reglerverstärkung des Dv-Pumpenantriebs in der Gl. (6) mit K S = K Pu · K DL · K Rohr dargestellt werden. Mit der so ermittelten kritischen Kreisverstärkung kann die Übertragungsfunktion für den offenen Regelkreis in der Form geschrieben werden. Daraus ergibt sich die charakteristische Gleichung für den geschlossenen Regelkreis mit Tabelle 04 fasst die berechneten Streckenverstärkungen der Übertragungsglieder, Pumpe, Durchlauferhitzer und Rohrstück mit den entsprechenden Zeitkonstanten zusammen. Durch setzen von s = j · ω + σ können die Nullstellen der Gl. (8) www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2019/09 103