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antriebstechnik 9/2017

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Edle Tropfen Induktiver

Edle Tropfen Induktiver Linearwegsensor erfasst Bewegung mit hoher Abtastrate Mit dem Freeformer hat Arburg in der Kunststoffwelt für Aufsehen gesorgt. Die werkzeuglos auf Basis von Standardgranulaten arbeitende Maschine produziert den industriellen Ansprüchen genügende Bauteile. Ermöglicht wird dies unter anderem durch dicht aufgetragene Kunststofftröpfchen und eine komplett über Highspeed-Ethernet angebundene Aktorik und Sensorik der Maschine. Die Bewegung der Schnecke in den beiden Austragseinheiten erfasst dabei Turcks berührungsloser Linearwegsensor Li-Q25 mit einer Abtastrate von 5 kHz. Ralf Moder ist Vertriebsspezialist bei der Hans Turck GmbH & Co. KG in Mülheim Wer Einzel- oder weniger als 100 Bauteile benötigt, stand bisher vor einem Problem. Für derartig kleine Stückzahlen lohnt sich die Fertigung einer Spritzgussform kaum, umgelegt auf das einzelne Bauteil steigen die Kosten ins Unwirtschaftliche. Der Freeformer bietet eine Lösung für die Fertigung von Einzelteilen und individualisierten Kleinserien. Der 3-D-Druck als Fertigungsverfahren wird durch den Einstieg eines weltweit führenden Spritzgießmaschinenherstellers aufgewertet und Arburg spricht gleichzeitig andere Kunden an, als die Hersteller herkömmlicher 3-D- Drucker. „Der Freeformer druckt nicht nur Prototypen- oder Anschauungsexemplare, Die Positioniergenauigkeit und Reproduzierbarkeit waren die entscheidenden Vorteile des Sensors Werner Faulhaber, Leiter Entwicklung Elektrotechnik, Arburg GmbH & Co. KG sondern fertigt industriell einsetzbare Einzelteile und Kleinserien, die von der Stabilität, aber auch von der Bauteilgenauigkeit her, industriellen Anforderungen entsprechen“, erklärt Entwicklungsleiter Dr. Eberhard Duffner. Das gelingt der Maschine, indem sie den Kunststoff je nach Düsengröße in 140 bis 300 µm kleinen Tröpfchen aufträgt. Mit diesem Verfahren ließen sich auch komplexe Geometrien realisieren. Zwei Austragseinheiten Der Freeformer ist standardmäßig mit zwei Austragseinheiten ausgestattet und kann Materialen unterschiedlicher Farbe oder Eigenschaften in einem Bauteil kombinieren. So sind auch funktionale Bauteile, z. B. mit einer Hart-Weich-Verbindung, herstellbar. Beim AKF (Arburg-Kunststoff-Freiformen) knüpfen die Tröpfchen in allen drei Dimensionen Verbindungen, die so produzierten Bauteile sind entsprechend stabil. Beim Zugtest erreichen PC-Bauteile Werte von etwa 90 %. Zur Erreichung der hohen Stabilität müssen die Kunststofftropfen mit hoher Dichte ausgebracht werden. Um die Produktionszeit dennoch gering zu halten, werden pro Sekunde zwischen 70 und 200 Tropfen ausgetragen – die Geschwindigkeit variiert z. B. beim Druck von Konturen oder Füllungen. Die Austragseinheit bleibt beim Druck starr. Stattdessen bewegt sich der sich darunter befindliche Träger über drei Achsen auf wenige Mikrometer genau zur korrekten Positionierung des Bauteils. „Wir haben 68 antriebstechnik 9/2017

SENSORIK UND MESSTECHNIK 01 Der Li-Q25-Sensor konnte Arburgs Anforderungen an Positioniergenauigkeit und Reproduzierbarkeit erfüllen 02 02 Am Ende der Zylinder erfassen Li-Sensoren den Weg der Plastifizierschnecke 03 Das Design des Freeformers wurde 2014 mit dem Red Dot Award ausgezeichnet 01 03 vier Millisekunden Zeit, um den Tisch entsprechend zu positionieren“, erklärt Werner Faulhaber, Leiter der Abteilung Entwicklung Elektrotechnik bei Arburg, eine Herausforderung der Freeformer-Konstruktion. Der Tisch muss im Takt der Ausbringeinheit schnell und über eine kurze Distanz exakt bewegt werden. Sensor erfasst Schneckenbewegung Takt und Größe der Tropfen werden von einer Blende an der Spitze der Austragseinheit geregelt. Der plastifizierte Kunststoff wird mit einem Druck von einigen hundert Bar vor die Blende gespannt. „Dieser Druck wird mit der Plastifizierschnecke erzeugt und geregelt. Um die Tropfengröße bezüglich Viskositätsschwankungen des aufgeschmolzenen Materials konstant zu halten, wird mit dem sich extrem langsam verändernden Schneckenweg – gemessen am Li- Sensor – ein Korrekturmodell gerechnet“, so Faulhaber. Tropfen mit abweichender Größe schadeten der Qualität des Bauteils. Dessen Oberfläche erreicht zwar nicht die Glätte einer spritzgegossenen Version, die regelmäßige Anordnung der Tropfen gewährleistet jedoch die Richtigkeit der späteren Abmessungen. Ermöglicht wird das unter anderem von Turcks induktiven Linearwegsensor Li-Q25, der die Bewegung der Schnecke im Freeformer erfasst. „Wir arbeiten auf 25 µm genau. Der Li leistet dies über einen Weg von 500 mm, ohne dass die Genauigkeit mit der Messlänge abnimmt“, beschreibt Werner Faulhaber die zentralen Gründe für die Wahl des Sensors für die Plastifizierschnecke. „Diese Genauigkeit ist bei Sensoren mit Varan-Schnittstelle ein Alleinstellungsmerkmal.“ Einfach einbinden Turcks Li-Sensoren werden auch an Spritzgießmaschinen von Arburg eingesetzt. Obwohl die Sensoren in den Spritzgießmaschinen auch an der Schnecke verwendet werden, sei die Anforderung dort anders gelagert. „Von der Performance her ist der Li an der Spritzgießmaschine eher belastet“, so Faulhaber. Die Geschwindigkeit der Signalaugabe sei beim Freeformer und der vergleichsweise langsamen Bewegung der Schnecke unkritisch. „Hier war wichtig, dass wir die Abtastrate erfüllen können, die die Servoachsen benötigten. Auch wenn die translatorische Bewegung der Schnecke selbst nicht dynamisch ist, rufen wir den Wert häufig ab.“ Arburg setzt in beiden Maschinentypen einen induktiven Linearwegsensor mit einer maximalen Abtastrate von 5 kHz ein. „Wir hatten die Vision, die komplette Aktorik und einen maßgeblichen Teil der Sensorik über Echtzeit-Ethernet anzubinden“, beschreibt Faulhaber die Entscheidung für das Highspeed-Ethernet-Protokoll Varan. Damit war ein weiteres Kriterium bei der Auswahl des geeigneten Linearwegsensors gesetzt. Arburg hat die Varan-Schnittstelle des Li 2012 für den Einsatz in elektrisch angetriebenen Spritzgussmaschinen mitentwickelt und konnte davon nun erneut profitieren. „Wir haben den Vorteil, dass wir den Sensor in dieser speziellen Ausführung so einfach einbinden können wie einen unserer eigenen Aktoren oder Messsysteme“, sagt der Abteilungsleiter im Hinblick auf die Integration in die Maschinensteuerung. Seine Steuerungen entwickelt Arburg für alle Maschinentypen selbst. Angesichts des rein elektrisch angetriebenen Freeformers war die hohe EMV-Stabilität ein weiterer Vorteil des Turck-Sensors. Fotos: Arburg www.turck.de antriebstechnik 9/2017 69