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antriebstechnik 9/2016

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Tabelle 2: Einfluss der

Tabelle 2: Einfluss der untersuchten Stellgrößen und ihrer Interaktionen auf den resultierenden Eigenspannungszustand Tabelle 3: Überprüfung der Reproduzierbarkeit des resultierenden Eigenspannungszustands plastischen Verformung betrachtet. Eine richtungsabhängige plastische Verformung, welche z. B. nach der spanenden Bearbeitung in der Werkstückrandzone häufig festzustellen ist, führt zu einem richtungsabhängig verteilten Gitterparameter. Dies widerspricht der Annahme über die Richtungsunabhängigkeit der Materialeigenschaften, welche der Auswertung des Eigenspannungstensors zugrunde gelegt wird [9]. Um die Annahme über den Einfluss der plastischen Verformung auf die Eigenspannungsmessung zu prüfen, wurde eine Prozessstrategie gewählt, welche zu einer signifikanten thermischen Prozesswirkung führen soll. Eine solche Prozessstrategie könnte den Einfluss der plastischen Verformung unterdrücken und dadurch eine reproduzierbare Erfassung des Eigenspannungstensors ermöglichen. Aus diesem Grund wurden die Schnittgeschwindigkeit v c auf 250 m/min und der Axialvorschub auf 4 mm erhöht. Die resultierenden Eigenspannungen und die Referenzwerte aus den Versuchen in der Tabelle 3 werden in der Tabelle 4 verglichen. Während des hier betrachteten Schlagzahnfräsprozesses konnte gegenüber dem Referenzprozess eine deutlich höhere Prozessleistung detektiert werden, welche zusammen mit der kürzeren Prozesszeit auf einen höheren flächenbezogenen Energieeintrag hinweist. Dies unterstützt die Vermutung der erwarteten stärkeren thermischen Prozesswirkung. Wie den Messergebnissen in der Tabelle 4 entnommen werden kann, geht die Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit v c und des Axialvorschubs f z mit der Erhöhung der gemessenen Eigenspannungen s 45, s 90 einher. Einen signifikant höheren Wert erreicht außerdem die Eigenspannung s y , was den erwarteten Effekt der Schnittgeschwindigkeit und des Axialvorschubs aus den Untersuchungen des Drehfräsprozesses (Tabelle 2) bestätigt. Die beiden resultierenden Eigenspannungstensoren sind Danksagung Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung des Projektes „Simulationsbasierte Vorhersage von Randzonenveränderungen beim Schälwälzfräsen“ mit den Geschäftszeichen BR825/75-1 bzw. BO3523/2-1. miteinander vergleichbar, was auf einen positiven Einfluss der thermischen Prozesswirkung auf die Reproduzierbarkeit der Eigenspannungsmessung hinweist. In den folgenden Abschnitten sollen die Untersuchungen des lokalen Eigenspannungszustands entlang des Zahnprofils sowie entlang der Flankenlinie dargestellt werden. An dieser Stelle soll die Prozessführung v c = 250 m/min, f z = 4 mm genutzt werden. Die lokale Veränderung des Eigenspannungszustandes wird im Rahmen dieses Beitrags zuerst anhand der Messwerte von s x gezeigt. Um die lokale Variation des Eigenspannungszustandes auf einer schlagzahngefrästen Zahnflanke zu bewerten, wurden insgesamt 81 Eigenspannungsmessungen an unterschiedlichen Stellen entlang des Zahnprofils sowie entlang der Flankenlinie durchgeführt. Die resultierenden Verläufe der lokalen Eigenspannung s x entlang der Flankenlinie im Kopf-, Teilkreis- und Fußbereich der Zahnflanke sind im Bild 6 dargestellt. Hier sind zwei generelle Effekte zu erkennen: Zum einen ist eine abnehmende Tendenz in dem Eigenspannungsverlauf entlang der Flankenlinie in der Vorschubrichtung (von rechts nach links im Bild) zu beobachten. Diese Tendenz kann anhand des Härteverzugs infolge der Wärmebehandlung oder anhand eines fortschreitenden Werkzeugverschleißes in Form von zunehmender Schneidkantenverrundung erklärt werden. Um den Effekt des Werkzeugverschleißes zu prüfen, wurden Messungen des Schneidkantenradius vor und nach dem Schlagzahnfräsen untersucht. An unterschiedlichen Stellen neuer, unbenutzter Schlagzähne wurde eine mittlere Kantenverrundung von etwa 5,5 µm identifiziert. Die Messung eines Schlagzahnes, mit dem zwei Zahnräder des hier untersuchten Prozesses (v c = 250 m/min, f z = 4 mm) gefertigt wurden, ergibt eine mittlere Schneidkantenverrundung von etwa 22 µm. Somit kann angenommen werden, dass eine Zunahme der Schneidkantenverrundung den Oberflächeneigenspannungszustand in Richtung Druckeigenspannungen verschiebt. Dieser Effekt deckt sich mit den Erkenntnissen, die in [18] für die Bearbeitung von Titan nachgewiesen wurden. Weiterhin ist eine lokale, zum Teil periodische Eigenspannungsverteilung innerhalb der Vorschubmarkierungen zu beobachten. Hier ist überwiegend eine abfallende Tendenz in der Schnittrichtung zu erkennen. Diese Tendenz lässt sich auf die lokal variierende Spanungsdicke während des Schlagzahnfräsens zurückführen. Zur Verdeutlichung wurde in Bild 6 unten in die mittlere der neun 84 antriebstechnik 9/2016

WÄLZFRÄSEN Tabelle 4: Vergleich der gemessenen Eigenspannungen auf rechten Zahnflanken für v c = 150 m/min, f z = 2 mm und v c = 250 m/min, f z = 4 mm 06 Verläufe der Eigenspannung s x auf der rechten Zahnflanke in der Flankenlinienrichtung Vorschubmarkierungen das Simulationsergebnis des ortsaufgelösten vorschubbedingten Materialabtrags nach [16] hineingelegt. Zu erkennen ist hier eine Abnahme von etwa 120 µm Materialabtrag zu Beginn des vorschubbedingten Werkzeugeingriffs hin zu einem Materialabtrag von 0 µm am Ende der 4 mm breiten Vorschubmarke. Die Abnahme des lokalen Materialabtrags führt zur Unterschreitung der kritischen Spanungsdicke und dadurch zur Abnahme der resultierenden Eigenspannung. Ein vergleichbarer Effekt konnte bereits während der Analyse der drehgefrästen Werkstücke (Bild 5) als Folge eines erhöhten Anteils der plastischen Verformung detektiert werden. Aus dem Vergleich der Eigenspannungen s x im Zahnkopf-, Teilkreis- und Zahnfußbereich lässt sich keine eindeutige Tendenz erkennen. Dies entspricht den Untersuchungen des Drehfräsprozesses, welche eine Abhängigkeit der Eigenspannung s x von dem lokalen Krümmungsradius (entsprechend der Position entlang des hier betrachteten Zahnprofils) ausschließen (Tabelle 2). Die dargestellten Ergebnisse weisen darauf hin, dass durch das Schlagzahnfräsen mit den hier betrachteten Stellgrößen grundsätzlich Zugeigenspannungen induziert werden. Dieser Effekt ist umso stärker ausgeprägt, je größer der vorschubbedingte Materialabtrag innerhalb einer Vorschubmarkierung ist. Die erläuterten Effekte sind auf allen drei Konturhöhen (Kopfbereich, Mitte, Fußbereich) in ähnlicher Ausprägung zu beobachten. Zusammenfassung und Ausblick Wie die hier dargestellten Ergebnisse zeigen, ist eine eindeutige Identifizierung des resultierenden Eigenspannungszustands nach dem Schälwälzfräsen durch mehrere Effekte bedingt. Dazu gehören die lokale Variation des Eigenspannungszustandes entlang einer Werkzeugeingriffsbahn sowie die zusätzliche Variation durch die Überlagerung der aufeinanderfolgenden Wälzstellungen. Vor der Anwendung der röntgenographischen Eigenspannungsmessung muss die mechanische Wirkung des Schälwälzfräsprozesses berücksichtigt werden, welche einen zusätzlichen Einfluss auf die Reproduzierbarkeit der Messergebnisse haben kann. Im Rahmen der zukünftigen Forschungsarbeiten sollen die Schlussfolgerungen aus den hier dargestellten Analogieversuchen durch reale Schälwälzfräsversuche verifiziert werden. Es sollen die Annahme bezüglich der Übereinstimmung der Hauptspannungsrichtungen mit der Profil- sowie der Flankenlinienrichtung und die Annahme bezüglich des Einflusses der Bearbeitungsstrategie geprüft werden. Literaturverzeichnis [1] Bausch, T., Innovative Zahnradfertigung, 3. Auflage, Expert Verlag, Renningen, 2006. [2] Karpuschewski, B., Knoche, H.-J., Hipke, M., Gear finishing by abrasive processes, CIRP Annals – Manufacturing Technology, Volume 57, Issue 2, 2008. pp. 621-640. [3] Roos, V., Schälwälzfräsen als Feinbearbeitungsverfahren einsatzgehärteter Zylinderräder, Dr.-Ing. Diss., RWTH Aachen, 1983. [4] Tragfähigkeit schälwälzgefräster Zylinder- und Kegelräder, Abschlussbericht zum FVA-Forschunsvorhaben Nr. 115, 1988. [5] Einfluss unterschiedlicher Gefügezustände auf den Werkzeugverschleiß bei der Feinbearbeitung von einsatzgehärtetem Stahl, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben AiF 12633N/1, 2003. [6] Blog Antriebstechnik, Schray Antriebstechnik GmbH & Co.KG., Online: URL: http://www.schray-antriebstechnik.de/blog/ [7] Schriefer, H., Thyssen, W., Wirz, W., Scacchi, G., Gretler, M., Kontinuierliches Wälzschleifen von Verzahnungen, Eigenverlag, Reishauer AG, Wallisellen, 2008. [8] Bußmann, W., Formfehleranalyse beim Planfräsen gehärteter Bauteile, Dr.-Ing. 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[15] Stein, S., Lechthaler, M., Krassnitzer, S., Albrecht, K., Schindler, A., Arndt, M., Gear Hobbing: A Contribution to Analogy Testing and ist Wear Mechanisms, Procedia CIRP, Volume 1/2012. pp. 220-225. [16] Böß, V.; Denkena, B.; Henning, S.: Investigation of the skive hobbing process by applying a dexel-based cutting simulation, Procedia CIRP 37 (2015) 182-187. [17] Montgomery, D.C. Design and Analysis of Experiments. 7. Edition, John Wiley & Sons, Hoboken, 2009. [18] Nespor, D: Randzonenbeeinflussung durch die Rekonturierung komplexer Investitionsgüter aus Ti-6Al-4V. Dr-Ing. Dissertation, Leibniz Universität Hannover, 2015. antriebstechnik 9/2016 85