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antriebstechnik 9/2015

antriebstechnik 9/2015

ELEKTROMOTOREN ALMA

ELEKTROMOTOREN ALMA schaut ins All Servotechnik bringt revolutionäres Teleskop in Position Giuseppe Meo Während Captain Kirk und die Besatzung der Enterprise ferne Galaxien mit Warp-Geschwindigkeit erreichen, muss die reale Weltraumwissenschaft dafür nicht mal von der Erde abheben. In rund 5 000 m Höhe, in der Atacamawüste von Südamerika, steht ALMA, das aktuell größte bodengebundene Radioteleskop der Welt. Servoregler sind an diesem internationalen Gemeinschaftsprojekt beteiligt. Sie bringen einen Teil der Parabolantennen exakt in Position − damit weder Unschärfe noch Spiralnebel den Blick ins All trüben. Giuseppe Meo ist Vertriebsingenieur bei Lenze in Aerzen Hinter ALMA, die Abkürzung steht für Atacama Large Millimeter Array, stecken 66 Präzisionsantennen, die zu einem bisher einzigartigen Teleskopverbund zusammengeschlossen sind. Alle 66 Antennen sind mobil und können umgesetzt werden, um die Array-Konfiguration zu verändern. Damit bekommen die Wissenschaftler ein leistungsstarkes Zoom- Objektiv an die Hand, dessen Brennweite bestimmt wird von der Anordnung der Einzelantennen zueinander. Die Abstände liegen zwischen 150 m und 16 km. Jede Antennenschüssel sammelt Strahlung aus dem Weltall und fokussiert sie auf einen Empfänger. Die Signale der einzelnen Antennen werden zusammengeführt und in einem speziellen Supercomputer, dem sogenannten ALMA-Korrelator, für die Weiter verarbeitung aufbereitet. Die großen Entfernungen, die die Wissenschaftler bei der Beobachtung des Kosmos überwinden, machen deutlich, warum ein hochgenaues Antriebssystem für die Anten-

fast forward solutions nen gefragt ist: Jede muss exakt in Position gebracht und während einer laufenden Observation im Verbund synchron nachgeführt werden können. Bereits kleinste Ungenauigkeiten würden Unschärfen verursachen. Anspruchsvolle Antriebsauslegung Bei der Auslegung der Antriebstechnik stand das Projektteam vor der Herausforderung, trotz der großen mechanischen Ausmaße sowie Umweltbedingungen wie Sand, Kälte und Windlasten genau diese Präzision bei der Positionierung zu erreichen. „Wir bewegen uns technisch in einem sehr speziellen Bereich. Vom Anspruch her liegt er in der oberen Ecke“, fasst Klaus Willmeroth, Leiter des Bereichs Servoantriebs- und Steuerungstechnik bei Vertex Antennentechnik GmbH aus Duisburg zusammen. Vertex hat 25 der 66 Antennen konzipiert und technisch ausgerüstet. Der Auftrag für das Gesamtprojekt ist aufgeteilt auf Nordamerika, Europa und Neben der generellen Positioniergenauigkeit ist bei der Antriebsauslegung die Höhe, in der die Radioteleskope stehen, eine weitere Herausforderung. Weil die Luft auf 5 000 m deutlich dünner ist als in den Produktionsanlagen mit nahe Normalnull, hat dies Auswirkungen auf die Spannungsfestigkeit. Es besteht ein höheres Risiko von Spannungsüberschlägen. Darüber hinaus sorgt die Höhe nicht nur bei Bergsteigern dafür, dass ihnen die Puste ausgeht. „Die Verlustwärme wird in der Atacamawüste schlechter abgeführt als in tiefer liegenden Regionen“, erklärt Willmeroth. Intensive fachliche Applikationsbegleitung Angesichts dieser nicht alltäglichen Bedingungen war Vertex bereits in der frühen Projektphase auf der Suche nach einem Antriebstechnikhersteller, der bereit war, sich diesen besonderen Anforderungen zu stellen. Lenze simulierte z. B. die Höhe von 5 000 m in der Unterdruckkammer der Abgefahren „Störungsfreier Empfang: Alle Komponenten im Schrank sind auf eine geringe EMV-Abstrahlung ausgelegt“ Ost-Asien. „Wir bedienen mit unserer deutschen Technik gemeinsam mit Lenze den amerikanischen Teil des Auftrags“, erklärt Willmeroth, denn Vertex gehört zu einem US-Konzern. Was Willmeroth mit „in der oberen Ecke“ meint, macht eine Zahl deutlich: Der Reflektor mit 12 m Durchmesser muss an seinem äußeren Rand auf ca. 0,03 mm genau positioniert werden − Verformungen durch Wind und Temperatur bereits eingeschlossen“, macht der Diplomingenieur deutlich. Eine Position einmal einzustellen ist aber nur eine Sache, sie zu halten ist die Herausforderung, denn ALMA wird bei seinen Beobachtungen aufgrund der Erddrehung ständig nachgeführt. Dabei darf die Reflektorposition nur um höchstens 0,01 mm von der Sollbahn abweichen. Dafür sind die Antennen mit sechs Servoantriebsachsen von Lenze ausgestattet: Zwei bilden den sogenannten Azimuthantrieb für die Drehbewegung, vier Achsen übernehmen die Elevation − also das vertikale Verfahren der Parabolspiegel. Als Servoregler sind für beide Aufgaben Geräte der Reihe 9400 von Lenze in der Highline-Ausführung mit CAN-Kommunikation zum zentralen Vertex-Antennenrechner im Einsatz. TU München, um die Verfügbarkeit der Technik in einem Betriebstemperaturbereich von 20 bis +50 °C belastbar zu verifizieren. Ferner haben Applikationsingenieure des Spezialisten für Motion Centric Automation das Projekt über Jahre fachlich intensiv begleitet. Welche Dimension das Projekt ALMA weltweit annimmt, belegt der im Vergleich zum Maschinenbau enorme Zeitraum von den anfänglichen Skizzen bis zur Eröffnung: ALMA wurde in den 90er Jahren geplant. Erste Gespräche zwischen Vertex und Lenze gab es bereits 1999 − zu einem Zeitpunkt, als es die 9400er-Serie von Lenze noch gar nicht gab. In den Jahren 2001 bis 2003 wurde von Vertex in den USA ein Prototyp gebaut, seinerzeit noch mit Lenze-Reglern der Baureihe 9300. 2006 wurde entschieden, für die Produktionsphase die damals noch brandneuen L-force-Reihe 9400 in der Ausbaustufe Highline zum Einsatz zu bringen. Damit stellte Vertex seinerzeit die langfristige Verfügbarkeit der Antriebselektronik sicher. Bei einer Laufzeit von ALMA von 30 Jahren muss sichergestellt sein, dass gleiche oder zumindest kompatible Geräte auch in zehn Jahren noch lieferbar sind. Weitere Vorteile des Umstiegs auf die neue Baureihe waren Antriebslösungen für 3 Schiebetüren 3 Schiebe-Schwenktüren 3 Schiebe-, Klapptritte / Rampen www.buehlermotor.de Wir freuen uns auf Ihren Besuch: IAA in Frankfurt 15.9. – 27.9.2015 | Halle 4 | Stand D31