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antriebstechnik 9/2015

antriebstechnik 9/2015

Motion Monitoring

Motion Monitoring Sichere Bewegungsüberwachung – für jede Anwendung und Anforderung das passende System Marcel Wöhner Die sichere Drehzahl- und Bewegungsüberwachung eines Antriebs ist Bestandteil der Maschinenrichtlinie EN ISO 13849-1 und verpflichtet den Betreiber zu einer genauen Risikobeurteilung. Relevant hierbei ist die Berechnung der Performance Level und wie diese erreicht werden können. Wir stellen Ihnen für jede Anforderung die passende Lösung zur Realisierung von Drehzahl- und Bewegungsüberwachung vor – ob antriebsintegriert oder über ein externes System. Marcel Wöhner, Produkt Management, Pilz GmbH & Co. KG, Ostfildern Die Hauptvorteile der sicheren Bewegungsüberwachung sind eine erhöhte Produktivität und verkürzte Rüstzeiten. Ein Beispiel sind ineinander greifende Abläufe. Hier vermeidet Motion Monitoring mögliche Beschädigungen durch zu hohe Prozessgeschwindigkeiten. Der Vorteil einer sicheren Bewegungsrichtung zeigt sich beim Abfüllprozess im Lebensmittelbereich, der durch einen Rücklauf kontaminiert werden könnte. Andere Motion Monitoring Lösungen sind eine sichere Drehzahl- und Stillstandsüberwachung, z. B. bei der Holzbearbeitung oder der sichere Betriebshalt bei hängenden Lasten, um ein Absacken oder Fallen zu verhindern. Risikoeinschätzung und Verifikation Motion Monitoring erlaubt einen sehr effizienten Betrieb der Maschinen − zusätzlich fordern die gesetzlichen Normen aber auch ein Maximum an Sicherheit. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um dieses zu erreichen? Die Einschätzung mög licher Gefahren einer bestimmten Anwendung hängt unter anderem von Häufigkeit und Dauer der Risikoexposition sowie der Möglichkeiten ab, eine Gefährdung zu verhindern. Aus der Summe dieser Faktoren ergibt sich der für die Einschätzung erforderliche Performance Level (PL) nach EN ISO 13849-1. Die Einstufung reicht von einem niedrigen (PL a) bis zu einem hohen Risiko (PL e). Eine Bewertung nach dieser Norm beinhaltet nicht nur das Grundgerüst der Steuerungskategorie wie bei der Vorgängernorm EN 954-1 sondern zusätzlich quantitative Größen. Dazu gehören die Informationen des Sensorherstellers zu Kategorie und MTTFd, der Diagnosedeckungsgrad des Auswertegeräteherstelles sowie die Berechnung des Common Cause Failure (Ausfälle aufgrund einer gemeinsamen Ursache) durch den Maschinenkonstrukteur. Laut Maschinenrichtlinie muss jeder Hersteller die potenzielle Gefahr über den Performance Level selbst einstufen, entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos ergreifen und dies verifizieren − auch für unterschiedliche Betriebsarten. Im Automatikbetrieb können z. B. Bewegungen nur mit geschlossener und verriegelter Schutzeinrichtung mit Zuhaltung erlaubt sein. Im Einrichtbetrieb hingegen sind Bewegungen bei geöffneter Schutzeinrichtung und aktiver Zustimmfunktion unter einem verringerten Risiko möglich. Zur Risikobeurteilung gehören auch die Festlegung von Maschinengrenzen wie Verfahrbereiche, Lebensdauer und Wartungsintervalle sowie Eingriffsmöglichkeiten durch den Bediener. 14 antriebstechnik 9/2015

TITEL I STEUERN UND AUTOMATISIEREN 01 Das kompakte E/A-Modul PSSu K F EI überwacht sichere Geschwindigkeit, Bewegungsrichtung und Stopp-Funktionen 02 Für jede Anwendung in der Drehzahl- und Bewegungsüberwachung gerüstet – ob antriebsintegriert oder extern Passen Geber und Auswertegerät zusammen? Ein Sin/Cos-Geber, wie er häufig bei Feedbacksystemen eingesetzt wird, ermöglicht einen deutlich höheren Diagnosedeckungsgrad (solange diese Signale nicht synthetisch bzw. von Prozessoren erzeugt werden) und damit einen höheren Performance Level als ein klassischer Rechteckgeber. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die genutzten Auswertegeräte die dafür notwendigen Auswertefunktionen besitzen. Mit einem Feedbackgeber − und das muss keine sichere Komponente sein − wird mit einem Kanal typischerweise PL d erreicht, aber nicht PL e. Auch dann nicht, wenn er mit einem PL e-fähigen Auswertegerät kombiniert wird. Denn jede Sicherheitskette ist nur so stark wie das einzelne Glied. Um PL e zu erreichen muss entweder ein sicherer Geber (hohe Kosten) eingesetzt werden oder man nutzt die Kombination aus Geber plus einen Initiator, also zwei unabhängige Messsysteme. Antriebsintegrierte Systeme Beim Aufbau einer sicheren Drehzahl- und Bewegungsüberwachung wird grundsätzlich zwischen einem antriebsintegrierten System und einem externen Messsystem unterschieden. Welcher Ansatz der richtige ist, hängt davon ab, welcher Sicherheitslevel in der jeweiligen Anwendung benötigt wird. Pilz als Komplettanbieter bietet für jede Anwendung und Anforderung das passende System. PMCprotego DS (Servoregler + Sicherheitskarte) zählt zu den integrierten Safe-Motion Lösungen. Diese haben den Vorteil, dass sie nicht nur schneller sondern auch regelnd in die Achsbewegung eingreifen. Safe Motion von Pilz beinhaltet umfangreiche Sicherheitsfunktionen, die alle Anforderungen der Maschinenrichtlinie nach IEC 61800-5-2 erfüllen und bis PL e nach EN ISO 13849-1 bzw. SIL CL 3 nach EN/IEC 62061 ausgelegt sind. Darüber hinaus nutzt er für die Überwachung neben dem Feedbacksystem den Motorstrom als Signalpfad. Ein sehr effizienter Einsatz dieser Lösung mit integrierten Sicherheitsfunktionen ist das Motion Monitoring einer Vertikalachse. Ist beispielsweise das Gefährdungspotenzial beim Einrichten niedrig und die Aufenthaltsdauer unter der Last eher gering, so ist ein „Sicherer Bremsentest“ (SBT) in Verbindung mit einem zugangsgesicherten Bereich eine mögliche risikomindernde Maßnahme. Mit diesem zyklischen Bremsentest, der mit einem zusätzlichen Lastmoment nach Kategorie 2, EN ISO 13849-1 erfolgt, können auch Fehler in der Ansteuerung und an der Mechanik der Bremse aufgedeckt werden. Andere relevante Funktionen für Vertikalachsen sind die „Sichere Bremsenansteuerung“ (SBC), die den Absturz hängender Lasten verhindert und die „Sicher Anwender profitieren von reduzierten Reaktionszeiten, höherer Produktivität und einfacherer Wartung. begrenzte Position“ (SLP) zur Überwachung vorab definierter Endlagen. Eine weitere Anwendung von PMCprotego DS ist die Sicherheit an Pressen. Funktionen wie „Sicher begrenzte Geschwindigkeit“ (SLS) und „Sicher begrenztes Schrittmaß“ (SLI) überwachen den Walzenvorschub und ermöglichen in Kombination zusätzlich einen sicheren Tippbetrieb der Achsen beim Einrichten. Externe Sicherheitssysteme Mit einem externen Überwachungsgerät wird ein sicheres Motion Monitoring separat von der Maschinen- und Antriebssteuerung antriebstechnik 9/2015 15