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antriebstechnik 7/2017

antriebstechnik 7/2017

WÄLZ- UND GLEITLAGER I

WÄLZ- UND GLEITLAGER I TITEL Immer in Bewegung Neuer Wälzlagertyp für Stranggussanlagen erzielt eine dreifach längere Standzeit Hohe mechanische Belastungen, niedrige Drehzahlen, Feuchtigkeit und große Temperaturschwankungen: Die Umgebungsbedingungen für Antriebselemente, insbesondere für Wälzlager, in den Richtzonen von Stranggussanlagen sind ungünstig. Eine neue Baureihe von Zylinderrollenlagern, die eigens für diese Anwendung entwickelt wurde, erreicht unter diesen Bedingungen lange Standzeiten. Lesen Sie mehr. Wenn die in der Kokille erzeugten Stahlbrammen eine Stranggussanlage verlassen, sind nur die Außenzonen bereits erstarrt. Die Bramme durchfährt dann zunächst eine Biegezone und im Anschluss eine Richtzone. Dabei wird sie mit Luft und Wasser gekühlt und – da sie noch nicht durchgängig erstarrt ist – durch Führungsrollen gestützt. Diese beiden Zonen bilden den Übergang in die Rollgänge, die dazu dienen, die soeben gegossenen Brammen abzukühlen und der Weiterverarbeitung zuzuführen. Dabei gilt das Prinzip „Immer in Bewegung“: Da die Rollen bei einem Stillstand der Bramme aufgrund der Hitze beschädigt würden, fährt das Band kontinuierlich vorwärts und darf nicht stehen bleiben. Strangführungsrollen: Hohe Belastung der Antriebe Die Führungsrollen in der Richtzone, die in großer Anzahl vorhanden sind, werden in mehrfacher Hinsicht beansprucht, und diese Beanspruchungen haben insbesondere Auswirkungen auf die Lebensdauer der Lager. Auf die Rollen wirken hohe mechanische Ralf Petersen ist Manager Industrial Bearings, European Technology Center, bei der NSK Deutschland GmbH in Ratingen Belastungen, die letztlich von den Lagerungen aufgenommen werden müssen. Die Lager sind nicht nur hohen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt, sondern auch Kühlwasser in flüssiger Form und als Dampf. Auch die niedrigen Drehzahlen von deutlich unter zehn Umdrehungen pro Minute wirken sich negativ auf die Lebensdauer der Wälzlager aus. Darüber hinaus verändern sich die Abmessungen im Antriebsstrang durch die wechselnden Temperaturen. Die eingesetzten Lager müssen also in der Lage sein, die Ausdehnung der Strangführungsrollen zu kompensieren. Dasselbe gilt für die Kompensation bei einer Durchbiegung der Rollen. Stand der Technik: Pendelrollenlager NSK fertigt seit Jahrzehnten diverse Wälzlagerbauarten, die zielgerichtet bzw. branchenspezifisch für Anwendungen in der Stahlindustrie entwickelt wurden. Bei den hier betrachteten Strangführungsrollen in den Richtzonen kommen bzw. kamen üblicherweise Pendelrollenlager zum Einsatz. Sie bieten u. a. den Vorteil, dass sie Durchbiegungen der Welle gut kompensieren, mussten aber im Hinblick z. B. auf die Verschleißfestigkeit umfassend an die spezifischen Anforderungen der Strangführung angepasst werden. Der Grund: Pendelrollenlager stellen konstruktionsbedingt hohe Anforderungen an die Schmierung. Wird eine Mindestdrehzahl un- 12 antriebstechnik 7/2017

TITEL I WÄLZ- UND GLEITLAGER terschritten, ist mit erhöhtem Verschleiß in den Wälzzonen zu rechnen. Zudem können bei konventionellen Pendelrollenlagern nicht nur in dieser Anwendung Differentialgeschwindigkeiten im Wälzkontakt auftreten, die zu ungleichmäßigem Verschleiß und, in der Folge, zu Abblätterungen und Rissen an der Außenringlaufbahn führen. Um diese Nachteile auszugleichen, hat NSK die Pendelrollenlager der SWR-Serie entwickelt. Bei ihnen kommt eine optimierte Stahllegierung zum Einsatz, die eine erheblich höhere Verschleißfestigkeit (Faktor 3 im Vergleich zu AISI 52100-Wälzlagerstahl) und einen verbesserten Schutz gegenüber Ermüdungsschäden (Faktor 5) aufweist. Für die Loslagerseite: Käfiglose Zylinderrollenlager Die SWR-Baureihe bewährt sich in Stranggussanlagen weltweit. Dennoch sind sowohl die Anlagenbetreiber als auch die Wälzlagerhersteller stetig auf der Suche nach Verbesserungen und auch nach Alternativen. Das betrifft insbesondere die Loslagerseite. Hier ist ein Ausgleich der Längendehnung wünschenswert, die bei den Strangführungsrollen zwangsläufig auftritt. Pendelrollenlager können diese Funktion bauartbedingt nicht übernehmen, wohl aber Zylinderrollenlager. Deshalb kommen bzw. kamen hier Zylinderrollenlager der RUB-Serie mit winkeleinstellbarem Außenring zum Einsatz. Für exakt diese Anwendung steht ab sofort auch die neu entwickelte NUB-Baureihe zur Verfügung. Diese käfiglosen Zylinderrollenlager zeichnen sich u. a. durch geringe Reibung und eine hervorragende Winkeleinstellbarkeit im Wälzkontakt aus. Fluchtungsfehler bis zu 12 Winkelminuten beeinträchtigen Funktion und Lebensdauer des Lagers nicht. Geringere Reibung, einfache Montage Eine wichtige Eigenschaft bei den Loslagern ist die axiale Verschiebbarkeit des Außen- gegenüber dem Innenring. Diese Funktion gewährleistet hier die gewünschte Kompensation gegenüber temperaturbedingten Dimensionsveränderungen. Beim NUB-Lager geschieht dies im Wälzkontakt und nicht – wie beim Pendelrollenlager – im Gehäuse. Im Vergleich zu den Pendelrollenlagern, die auch in diesem Bereich häufig zum Einsatz kommen, tritt bei den NUB-Lagern aufgrund des vorherrschenden Linienkontaktes in der Laufbahn reine Rollreibung auf. Deshalb kommt es zu geringeren Reibungen und somit zu vermindertem Verschleiß. Ein weiterer Vorteil ist die einfache Montage: Der einteilige Innenring wird durch einen Sprengring fixiert. Das ist angesichts der großen Anzahl an Strangführungsrollen und der gewünschten hohen Anlagenverfügbarkeit ein wichtiger Aspekt, der auch die Stillstandskosten der Stranggussanlage signifikant verringern kann. Fazit: Dreifache Standzeit Die in Japan entwickelte NUB-Serie wurde bereits umfassend in mehreren Stahlwerken getestet. Am Ende des Tests war die Schleifbearbeitung der Laufbahn immer noch sichtbar. Es gab also keinen Abtrag und – wie die Laboruntersuchungen zeigten – keinen sonstigen Verschleiß. 01 Die Strangführungsrollen in der Richtzone werden hoch beansprucht 02 Am Auslauf von Stranggussanlagen sorgen Biege- und Richtzonen für das gezielte Abkühlen der noch nicht vollständig erstarrten Brammen 03 Pendelrollenlager wie die SWR-Baureihe sind Stand der Technik in Strangführungsrollen Somit kann man festhalten, dass NSK den Herstellern und Anwendern eine neue, verschleißfeste Alternative zu den bislang eingesetzten Wälzlagern in Strangführungsrollen bietet. Im Vergleich zu den Vorgängerbaureihen erreichen die NUB-Lager, die mit Außendurchmessern von 170 bis 280 mm verfügbar sind, eine dreifach längere Standzeit unter den gegebenen rauen Einsatzbedingungen. Damit leisten die neuen käfiglosen Zylinderrollenlager einen Beitrag zur wirtschaftlichen, kontinuierlichen und produktiven Stahlverarbeitung. Und sie sind auch in anderen Bereichen einsetzbar, in denen ähnlich ungünstige Bedingungen mit hohen mechanischen Belastungen, Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen vorherrschen. www.nskeurope.de antriebstechnik 7/2017 13