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antriebstechnik 6/2021

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antriebstechnik 6/2021

FORSCHUNG UND

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG 13 Schematische Darstellung des Drehmomentverlaufs (oben) und die daraus resultierende erforderliche Wandstärke bei kreisförmiger Hohlstruktur (unten) 14 Darstellung der Rotorabschnitte 2.1 und 3.1 (siehe Bild 08): FEM bei T=14,25 Nm (links) und mit Bearbeitungszugaben im LBM-Prozess (rechts) Streng genommen gelten diese Formeln für das Widerstandsmoment W t nicht für dünnwandige Rohre, die in diesem Fall vorliegen. Für eine erste Abschätzung reicht dieser Ansatz jedoch aus und ermöglicht eine einfache Darstellung der Einflussgrößen. Eine Überprüfung der Formeln unter der Annahme eines dünnwandigen Rohrs liefert ähnliche Ergebnisse, wobei tendenziell noch kleinere Wanddicken möglich sind. Zudem basiert die beschriebene Gestaltung des Rotors zunächst auf Abschätzungen, die Annahmen zu Werkstoffen und Belastungen enthalten und festigkeitsmindernde Einflüsse durch Kerbbereiche und Oberflächeneinflüsse nicht berücksichtigen. Trotzdem zeigt die Betrachtung das Potential bei der Gestaltung einer Rotorwelle auf. Bei der Gestaltung der torsionsbelasteten Abschnitte (Abschnitte 1, 2.1 und 3.1) ist zunächst die Orientierung des Rotors im Bauraum der AM-Maschine festzulegen, da diese als wichtiges Kriterium für die Konstruktionsrichtlinien herangezogen wird. Da Unwuchten und radiale Maßabweichungen einzugrenzen sind, bietet sich die stehende Fertigung des Rotors an. Dabei zeigt die Rotationsachse des Rotors in Baurichtung. So werden die radialen Abmessungen in der xy-Ebene gefertigt und können prozessbedingt genauer umgesetzt werden. Wird in dieser Orientierung der Ansatz mit den Rohrsegmenten exemplarisch weiterverfolgt, so zeigen sich Beispiele für die Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten bei der Umsetzung mittels AM. Die theoretischen Wandstärken aus Bild 13 basieren allein auf den Abschätzungen zu der Torsionsbelastung. Die betrachteten Bereiche unterliegen jedoch weiteren Anforderungen, die zu einer deutlichen Zunahme der Wandstärke führen. Im Abschnitt 3.1 wirkt beispielsweise der Spannsatz zusätzlich auf die äußere Mantelfläche ein. Die radial wirkende Kraft führt zu einer Beanspruchung, die in einer dünnwandigen Struktur zu einer hohen Materialbeanspruchung führt. Durch eine lokale Erhöhung der Wanddicke in diesem Bereich kann eine Spannungserhöhung mit minimalem Materialeinsatz entgegengewirkt werden. Ein ähnliches Vorgehen wird in Kerbbereichen, beispielweise an der Sicherungsringnut oder bei Duchmesserübergängen, angewendet, indem durch eine gezielte Zugabe von Material und einer spannungsgünstigen Gestaltung lokale Spannungserhöhungen vermieden werden. Die erforderlichen geometrischen Anpassungen müssen im Fertigungsprozess umgesetzt werden können. Relevante Grenzen, die dabei berücksichtigt werden müssen, werden in Form von Konstruktionsrichtlinien festgehalten (Bild 07 links). In Bild 14 ist ein Entwurf der Abschnitte 2.1 und 3.1 abgebildet. Dieser Bereich ist im Wesentlichen auf Torsion belastet. Eine FEM Simulation liefert bei einer Torsionsbelastung von 14,25 Nm eine maximale Spannung von 35,17 MPa. Dieser Wert liegt deutlich unter dem theoretisch zulässigen Grenzwert. Um einen schädlichen Wärmestau im Fertigungsprozess zu vermeiden, bleibt der Bauteilquerschnitt weitestgehend konstant oder nimmt mit der Bauhöhe (in z-Richtung) ab. So kann die durch den Laser eingebrachte thermische Energie über das Bauteil in die Bauplattform abfließen. Hohe Eigenspannungen, Verzug und Pulveranhaftungen werden dadurch vermieden. ZUSAMMENFASSUNG Die bisherigen Untersuchungen liefern vielversprechende Ergebnisse und zeigen das Potential der Additiven Fertigung im Elektromaschinenbau auf. Materialien, die bisher nicht oder nur in einem beschränkten Umfang verarbeitet werden konnten, werden durch das LBM-Verfahren vearbeitbar. Trotz verbleibender Fehlstellen im Material konnte bereits eine maximale relative Permeabilität von µ r,max = 7055 erreicht werden. Die Verluste konnten bei additiv gefertigtem FeSi2.9 bei 10 Hz um 53 % reduziert werden. Neben der Möglichkeit, neue Materialien zu verwenden, bietet AM neue Optimierungspotentiale hinsichtlich der Bauteilfunktionalität. In elektromagnetischen Funktionsbereichen kann die Flussführung durch eine gezielte Gestaltung beeinflusst und die Leistungsdichte der Maschine erhöht werden. Auch eine Verringerung des Rastmoments durch neuartige 3D-Gestaltung des Aktivteils ist möglich. Die Reduzierung des Materialeinsatzes auf funktional erforderliche Bereiche bietet ein hohes Leichtbaupotential. Durch die vorgesehene Komplettfertigung des Rotoraktivteils und der Welle kann das Material auch mechanisch ideal ausgenutzt werden. Die elektromagnetisch wirksamen Rotorabschnitte können ohne spannungserhöhende Verbindungsstellen als mechanisch tragende Bereiche genutzt werden. Rein mechanisch belastete Rotorabschnitte können optimal an die wirkenden Belastungen angepasst werden. Das Potential der Additiven Fertigung zur Funktionsintegration, zur Erhöhung der Leistungsdichte und zum Leichtbau im Elektromaschinenbau wurde somit erfolgreich aufgezeigt. Dieser Lösungsansatz wird weiter untersucht und durch zusätzliche experimentelle Versuche an Prüfkörpern und an der finalen Rotorgestalt validiert. 42 antriebstechnik 2021/06 www.antriebstechnik.de

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Literaturverzeichnis: [Ada15] ADAM, G. A. O.: Systematische Erarbeitung von Konstruktionsregeln für die additiven Fertigungsverfahren Lasersinter, Laserschmelzen und Fused Deposition Modeling. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, Forschungsberichte des Direct Manufacturing Research Centers, Band 1, 2015. [AZ14] ADAM, G. A. O.; ZIMMER, D.: Design for Additive Manufacturing – Element transitions and aggregated structures. CIRP Journal of Manufacturing Science and Technology, vol 7, iss. 1, pp.20-28, 2014. [BNM13] BRENNE, F.; NIENDORF, T.; MAIER, H.J.: Additively manufactured cellular structures - Impact of microstructure and local strains on the monotonic and cyclic behavior under uniaxial and bending load. Journal of Materials Processing Technology 2013; 213, S. 1558-1564. [Bon00] BONNETT, A. H.: Operating temperature considerations and performance characteristics for IEEE 841 motors. 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Detmar Zimmer, Leitung am Lehrstuhl für Konstruktions- und Antriebstechnik, Universität Paderborn Sebastian Magerkohl, M.Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Konstruktions- und Antriebstechnik, Universität Paderborn Prof. Dr.-Ing. Mirko Schaper, Leitung am Lehrstuhl für Werkstoffkunde an der Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn Lennart Tasche, M.Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Werkstoffkunde an der Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn Prof. Dr.-Ing. Bernd Ponick, Leitung am Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik an der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik, Leibniz Universität Hannover Stefan Urbanek, M.Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik an der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik, Leibniz Universität Hannover www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2021/06 43