Aufrufe
vor 3 Jahren

antriebstechnik 6/2020

  • Text
  • Untersuchungen
  • Drehfehler
  • Anwender
  • Rodriguez
  • Serie
  • Memetis
  • Drehmoment
  • Unternehmen
  • Getriebe
  • Antriebstechnik
antriebstechnik 6/2020

GETRIEBE UND

GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN GETRIEBETECHNIK VERKANNTE STÄRKEN DER EVOLOIDEN GETRIEBE Getriebebauarten mit einer Zähnezahl gleich Eins bieten schnelle, wie langsame Betriebsgeschwindigkeiten; können rückdrehbar oder selbsthemmend modelliert werden. Ihre komplexe Herstellung erfordert besondere Fachkompetenz, lohnt sich aber. DIE IDEE Evoloidgetriebe sind Getriebe, bei denen mindestens ein Zahnrad weniger als fünf Zähne hat. Seit 1965 sind sie dafür bekannt in Stirnradgetrieben mit parallelen Achsen verbaut zu werden. Dabei haben Getriebe mit einer Ritzelzähnezahl gleich Eins (Z=1) besondere Vorteile. Inzwischen kann die Evoloidverzahnung in allen linear untersetzenden Getriebearten zum Einsatz kommen. Neben besagten Stirnradgetrieben zählen dazu Schraubenradgetriebe, Innenstirngetriebe, Zahnstangengetriebe, Kegelradgetriebe sowie Kronenradgetriebe. Aufgrund der komplexen Herstellung der Evoloidverzahnung findet die Methode allerdings nur selten Anwendung. VORTEILE Vorteile der Evoloidgetriebe mit Ritzelzähnezahl gleich Eins sind z. B. die wesentlich höhere Untersetzung pro Stufe. Außerdem sind gekreuzte, schräge und parallele Achsen in beliebigen Winkellagern möglich. Effiziente Wirkungsgrade erlauben den Wechsel in schnelle oder langsame Betriebsgeschwindigkeiten. Ihre Statik verleiht Evoloidgetrieben eine hohe Belastbarkeit. Die Verzahnung kann für eine hohe Untersetzung rückdrehbar oder für ein hohes Drehmoment selbsthemmend modelliert werden. Für eine selbsthemmende Verzahnung können die Verzahnungsparameter bei allen Getriebearten frei bestimmt werden. Das Bezugsprofil der Verzahnung entspricht DIN 58400, bzw. DIN 867. Ihre geringe Anzahl an Bauteilen macht das Getriebe robust und spart Wartungskosten ein. „Als Konstruktionsbüro für hochuntersetzende Getriebe streben wir seit geraumer Zeit an, die Zähnezahl des Antriebsritzels zu verringern, weil dadurch die Über- oder Untersetzung enorm gesteigert werden kann. Ist die Ritzelzähnezahl gleich 1, ist das Optimum der Übersetzung erreicht. Mit Anwendung der altbekannten Technik der Evoloidverzahnung ist es nun gelungen alle Getriebearten mit Ritzeln mit Z=1 zu gestalten. Damit sind parallele, gekreuzte, schräge und geschränkte Achsen der Getriebe, in beliebiger Winkellage, möglich.“ RÜCKDREHBARKEIT UND SELBSTHEMMUNG In der Aktorik, z. B. für Gebäudetechnik, Medizintechnik oder dem Automobilbau, werden oft Getriebe angewendet, die eine möglichst hohe Untersetzung ins Lang- Hans-Erich Maul ist Geschäftsführer der Maul Konstruktionen GmbH in Würselen Hans-Erich Maul, Geschäftsführer, Maul Konstruktionen GmbH 30 antriebstechnik 2020/06 www.antriebstechnik.de

Ein evoloides Stirnradgetriebe mit Zähnezahl Eins und einem Motorritzel mit Zähnezahl Zwanzig leistet eine Untersetzung von 20:1 same und damit ein großes Drehmoment erzeugen. Gleichzeitig muss das Abtriebszahnrad wiederum rückdrehbar bleiben. Diese Getriebetechnik ist aus sicherheitstechnischen Gründen von Relevanz. Damit können die Aktoren in elektrisch gesteuerten Klappen oder Fenstern in Gebäuden oder Automobilen im Notfall eines Stromausfalls auch von Hand betätigt werden. Wiederum benötigen andere Anwendungen ein durch den Aktor erzeugtes hohes Drehmoment, das auch nach Abschaltung der elektrischen Spannung – also im nicht bestromten Zustand – seine Position halten muss. Als Beispiel kann hier die elektrische Parkbremse eines Elektroautomobils genannt werden. Der Aktor der Parkbremse besteht aus einem Elektromotor und Getriebe, die ein hohes Drehmoment erzeugen. Aufgrund der Selbsthemmung des Getriebes kann der Aktor auch nach der Abschaltung sein Drehmoment sicher halten. Die Verzahnungsparameter des Evoloidgetriebes mit Ritzelzähnezahl Eins können so angepasst werden, dass sowohl eine sehr leichte Rückdrehbarkeit, wie auch eine vollständige Selbsthemmung eingestellt werden kann. GERÄUSCHENTWICKLUNG Ein weiterer Vorteil der Evoloidgetriebe ist ihre geringe Geräuschentwicklung. Bei Untersetzungsgetrieben ist die Motorstufe aufgrund ihrer hohen Zahneingriffsfrequenz die größte Lärmquelle. Bei Evoloidgetrieben mit einem Ritzel-Zahnrad mit Zähnezahl Eins ist die geräuschverursachende Zahneingriffsfrequenz mit der Motorantriebsdrehfrequenz identisch. Dadurch wird die Zahneingriffsfrequenz in der ersten Stufe unter die Hörschwelle des Menschen gedrückt. Es werden nur die höheren harmonischen Stufen wahrgenommen, die einen niedrigeren Schalldruckpegel haben. In gebauten Getrieben kann das Geräusch um bis zu 10 dB(A) gesenkt werden. PARTNER FÜR DIE HERSTELLUNG Nach dem sich die positiven Eigenschaften von Evoloidgetrieben in diversen Tests bestätigen ließen, hat sich die Firma Maul Konstruktionen Evoloidgetriebearten mit Zähnezahl gleich Eins patentieren lassen. Das Konstruktionsbüro hat etliche Varianten dieser Getriebetechnik entwickelt und in Großserien produziert. Anhand ihres Erfahrungsschatzes erklärt die Firma, dass sich Evoloid-Zahnräder von Z=1 bis Z=5 aus Kunststoffen und Metallen in Massenfertigungsverfahren mittels Urformverfahren oder Umformverfahren herstellen lassen. Ebenfalls geeignet für die Produktion sind mechanische Zahnradbearbeitungsmaschinen. Dies wiederum erfordert spezielle Anpassungen der Verzahnungswerkzeuge, Formfräser und Schleifscheibenkonturen, z. B. die Berechnung der Einstellparameter für Verzahnungsmaschinen. Das Konstruktionsbüro Maul aus Würselen verfügt für diese Aufgabe über ein breites Spezialwissen. Auf seiner Website zeigt das Unternehmen, wie evoloidverzahnte Zahnräder im Wälzschleifverfahren, Wälzfräsverfahren, Wälzschälverfahren, Wälzhonverfahren und Wälzstoßverfahren hergestellt werden können. Fotos: Maul Konstruktionen GmbH www.maul-konstruktionen.de