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antriebstechnik 6/2016

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Simulation linearer und

Simulation linearer und nichtlinearer Werkstoffkombinationen in mechatronischen Bauteilen 01 Experimenteller Aufbau Klimaschrank mit 3-D-Bildkorrelationssystem Michael Fister, Patrick Obermann Mechatronische Baugruppen werden durch Wärmeeintrag von umliegenden Bauteilen und eigenen Leistungsverlusten thermisch hoch belastet. Durch die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten werden Spannungen hervorgerufen, die zum Ausfall der Baugruppe führen können. Das Fachgebiet für Mechatronik an der Universität Kassel beschäftigt sich mit der Entwicklung eines einfach anzuwendenden, schnellen Berechnungsverfahrens für die Vorhersage von Spannungen in mechatronischen Baugruppen. Somit lassen sich mögliche Fehlerquellen bereits in der Konstruktionsphase erkennen. Prof. Dr.-Ing. Michael Fister ist Leiter des Fachgebiets Mechatronik mit dem Schwerpunkt Fahrzeuge an der Universität Kassel Dipl.-Ing. P. Obermann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Mechatronik mit dem Schwerpunkt Fahrzeuge an der Universität Kassel In der Kraftfahrzeugtechnik und anderen Bereichen des Maschinenbaus vereinen mechatronische Komponenten eine Vielzahl von Funktionen innerhalb eines Gesamtsystems. Im Fokus steht dabei die Verknüpfung der Mechanik mit der Elektronik sowie einer übergeordneten Informationsverarbeitung. Aus den Anforderungen an die mechatronische Gesamtkomponente wird eine Aufteilung in zwei Funktionsgruppen notwendig. Die physikalische Funktionsgruppe übernimmt die Energieumwandlung und Aktorik. Die logische Funktionsgruppe übernimmt die Informationsverarbeitung und den Informationsfluss. Im Betrieb ist die physikalische Funktionsgruppe mechanischen Belastungen zum Beispiel durch Kräfte und Reibung unterworfen. Des Weiteren treten thermische Belastungen zum Beispiel durch Leitungsverluste und die Strahlungswärme umliegender Wärmequellen auf. Die physikalische Funktionsgruppe gliedert sich in Haupt- und Nebenfunktionen. Am Beispiel einer permanent erregten Synchronmaschine in einem Hybridantriebsstrang, stellt die Umwandlung von elektrischer Leistung in eine mechanische Drehung eine Hauptfunktion dar. Die Nebenfunktionen haben unterstützenden oder ergänzenden Charakter und tragen indirekt zur Erfüllung der Hauptfunktion bei. Am Beispiel der permanent erregten Synchronmaschine werden Stromleitung, Isolation sowie Trag- und Stützfunktion als Nebenfunktionen formuliert. Um Haupt- und Nebenfunktionen innerhalb eines Bauteils zu realisieren ist ein hohes Maß an Funktionsintegration erforderlich. Vor diesem Hintergrund werden hohe Anforderungen an die verwendeten Werkstoffe und die konstruktive Gestaltung der Komponente gestellt. 80 antriebstechnik 6/2016

MECHATRONIK Die Werkstoffe Bauteile mit hoher Funktionsintegration bestehen aus sogenannten Werkstoffverbunden. Die Abgrenzung zum klassischen Verbundwerkstoff ist gleitend. Der Verbundwerkstoff besteht aus Fasern oder Teilchen die in eine Matrix eingebettet sind. Es liegt eine stoff- oder formschlüssige Verbindung vor und die Verbundwerkstoffe werden als Halbzeuge oder Fertigbauteile hergestellt. Dem gegenüber steht der Werkstoffverbund. Dieser besteht aus Werkstoffen die verschiedenen Stoffgruppen angehören, darunter sind häufig Verbundwerkstoffe wie glasfaserverstärkte Kunststoffe anzutreffen. In Anwendungen mit stromführenden Leitern werden u. a. glasfaserverstärkte Polyamide oder Polyphenylensulfide als Isolatoren verwendet, die mit Schienen aus Kupferlegierungen bestückt werden. Diese Systeme sind häufig mit engen Toleranzen in eine Trägerkonstruktion aus Stahl oder Aluminium eingepasst. Um den Aufbau vor korrosiven Medien oder eindringender Feuchtigkeit zu schützen wird eine Abdichtung mittels eines elastischen Werkstoffs vorgenommen. Häufig werden dazu Silikonelastomere verwendet die gegenüber herkömmlichen Elastomerwerkstoffen weniger temperaturempfindlich sind. 02 Probenpräparation für Bildkorrelationssystem 03 Aufbau und Abmessungen der 3-Komponentenprobe Die Problematik Bei der konstruktiven Gestaltung von oben beschriebenen Werkstoffverbunden und der anschließenden FEM-Simulation werden meist sehr geringe Verschiebungen durch eine aufgeprägte Temperaturerhöhung angezeigt. Vor diesem Hintergrund werden die resultierenden Bauteilspannungen als unkritisch eingestuft und auf weiterführende Berechnungen wird zum Teil verzichtet, was sich ggf. durch spätere Rissbildung im Betrieb bermerkbar macht. Die Simulation von linearen und nichtlinearen Werkstoffkombinationen benötigt jedoch einiges an Wissen. Zum einen ist für die Simulation nichtlinearer Werkstoffe die Auswahl eines geeigneten Materialgesetzes zu treffen, zum anderen müssen die freien Variablen mit Werkstoffkennwerten versehen werden. Die Kennwerte aus Werkstoffdatenblättern sind im Idealfall ausreichend, um die Simulationsmodelle für einen isothermen Zustand zu bedaten. Kommt es zu einer Verifikation werden nicht selten große Abweichungen zu den Ergebnissen aus einer Simulation festgestellt, die im technischen Versuch zum Ausfall der Komponente führen würden. Der Berechner steht nun vor einer Vielzahl von Variablen, die zu der Divergenz des Simulationsmodells geführt haben können. 04 Auswertungsvektor des Bildkorrelationssysstems Das Hooksche Materialgesetz wird typischerweise bei Werkstoffen mit linear-elastischen Verhalten eingesetzt. Ebenfalls findet das Hooksche Gesetz bei der Berechnung von Kunststoffteilen Anwendung, die mit kleinen Dehnungsamplituden beaufschlagt werden. Ein in der Praxis gängiger Modellierungsansatz für Werkstoffverbunde mit geringen Dehnraten ist die Verwendung des Hookschen Gesetzes für alle verwendeten Werkstoffe. Kennwerte, wie beispielsweise der Elastizitätsmodul für Silikonelastomere, werden dafür häufig unter Verwendung der Boussinesq-Gleichung [1] ermittelt: Stand der Technik Soll ein Berechnungsmodell für die Berechnung von Spanungszuständen infolge homogener Temperaturänderungen und mechanischer Lasten für einen Werkstoffverbund aufgebaut werden, wird die Wahl des zu verwendenden Materialgesetzes anhand der zu erwartenden Dehnrate festgelegt. Das Materialgesetz stellt dabei den mathematischen Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung her. Die Konstanten C 1 ; C 2 und C 3 sind mit werkstoffspezifischen Werten belegt und das Einsetzen der Shorehärte S h A liefert das theoretische Elastizitätsmodul für einen Werkstoff mit viskoelastischen Verhalten. Die Berechnung eines komplexen Bauteils mit konstantem E-Modul ist jedoch nur dann möglich, wenn im Bauteil ein homogener Spannungszustand vorherrscht. Im Bereich von Unstetig- antriebstechnik 6/2016 81