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antriebstechnik 5/2017

antriebstechnik 5/2017

KOMPONENTEN UND SOFTWARE

KOMPONENTEN UND SOFTWARE 08 Variierung der Balligkeit zur Ermittlung der optimalen Breitenkorrektur 09 Resultat der Variationsrechnung Lastfaktoren werden sowohl in der Zahnsteifigkeitsberechnung, als auch in der Ermittlung der Wellenbiegelinie verwendet. Dieser Berechnungsansatz wurde innerhalb des ISO-Komitees besprochen und als geeignet empfunden, wobei für Vergleichszwecke auch der bisherige Berechnungsansatz verwendet werden kann [3]. Eine Bewertung des Zahnkontaktes mit Kontaktanalyse unter Last ist mittlerweile Stand der Technik. Mit der Kontaktanalyse werden Effekte wie vorzeitiger Eingriff aufgrund der Zahnbiegung, die tatsächlichen Überdeckungen und weitere berücksichtigt [4]. Sie liefert Resultate zu den Kriterien wie Drehwegabweichung, Verluste, Graufleckigkeit, Fressen oder Flankenbruchrisiko. Die Kontaktanalyse liefert auch die Auswertung der Lastverteilung über die Zahnbreite. Dazu wird die im Wälzpunkt C auftretende Linienlast verwendet, welche von den Überdeckungsverhältnissen von Einzel- oder Doppeleingriff abhängt, und somit deutlich unterschiedlich im Vergleich zur Berechnung der Linienlast nach Anhang E ausfallen kann. Es ist klar, dass die beiden Methoden „Anhang E“ und „Kontaktanalyse“ aufgrund ihrer unterschiedlichen Konzeptionierungen Unterschiede in den Absolutbeträgen aufweisen. Wesentlich ist jedoch, dass beide Methoden bei optimaler Flankenlinienkorrektur exakt übereinstimmen. Somit ist die Methode nach Anhang E bestens geeignet, um auf raschem Weg die ideale Breitenkorrektur zu finden. Für eine gesamtheitliche Beurteilung ist die Berechnung mit der Kontaktanalyse wiederum empfohlen (Bild 02). Einfluss der Wellen- und Lagernachgiebigkeiten Die nachfolgenden Untersuchungen werden an der Abtriebsstufe durchgeführt, wobei zunächst nur der Einfluss der Wellendeformationen auf die Laufeigenschaften betrachtet wird. Die Wellendeformation besteht aus Biegung sowie Torsion und wird analytisch mit dem Timoshenko-Balken gerechnet. Bei der Berechnung der Lagernachgiebigkeit werden die Kontakte der Wälzkörper zum Lagerinnenring und zum Lageraußenring als elastisch betrachtet [5], was zu einer beidseitigen Einfederung der Wälzkörper führt und somit eine Verschiebung des Lagerinnenringes in Bezug auf den Außenring bewirkt. Auch die Lagerluft und die Toleranzen von Welle und Nabe sind wie im tatsächlichen Getriebe definiert und in der Berechnung berücksichtigt. Das Gehäuse wird zunächst als unendlich steif betrachtet, daher befinden sich die Lageraußenringe in der theoretischen Position. Ein Vorschlag für eine optimale Flankenlinienkorrektur wird in Kisssoft auf Basis des Anhangs E erhalten. Für die vorliegende Abtriebsstufe betragen die Werte am Rad 1 für die Schrägungswinkelkorrektur c Hβ = –11 μm und die Balligkeit c β = 19 μm (Bild 03). Die Breitenlastverteilung mit Berücksichtigung der oben genannten Einflüsse zeigt sich in Bild 04, links. In Bild 04, rechts, zeigt sich die resultierende Breitenlastverteilung mit der Flankenlinienkorrektur. Der Breitenlastfaktor K Hβ verbessert sich von 1,17 auf 1,01. Einfluss der Herstelltoleranzen Im Anschluss an die theoretische Wellendeformation wird der Einfluss der Fertigungsabweichungen berücksichtigt. Es ist ein häufig vorkommender Fehler, dass für die Auslegung der Korrekturen nur die Verformungen betrachtet werden, ohne die in der Praxis auftretenden Herstelltoleranzen miteinzubeziehen. Üblicherweise werden zwei Toleranzengruppen beachtet: n Flankenlinien-Winkeltoleranz f Hβτ der Zahnräder n Achslagetoleranzen f ∑β , f ∑δ (Parallelität der Wellen). Die Flankenlinientoleranz nach ISO 1328 [6] begrenzt die zulässigen Herstellabweichungen aufgrund der Zahnradfertigung (Bild 05). Für die vorliegende Stirnradverzahnung mit Modul 12 mm betragen die zulässigen Flankenlinien-Winkelabweichungen f Hβ 15 μm für das Ritzel und 16 μm für das Rad. Der Konstrukteur hat in Kisssoft die Möglichkeit, diese Abweichungen als Maximalwerte (also 31 μm) oder mit einer statistischen Bewertung zu berücksichtigen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,7 % beträgt die Flankenlinien-Winkelabweichung weniger als 21,9 μm, was ein sinnvoller Maximalwert ist und hier angewendet wird. Die Achslagetoleranzen nach ISO/TR 10064-3 [7] begrenzen die zulässigen Einbaulage-Abweichungen der Wellen im Gehäuse, für die Komponenten Achsschränkung f ∑β und Achsneigung f ∑δ angegeben (Bild 06). Die ISO/TR 10064-3 leitet die Werte aus der zulässigen Flankenlinienabweichung F β ab, mit Berücksichtigung des Lagerabstandes L und der Zahnbreite b: Die Komponenten werden wie folgt in eine Unparallelität in der Kontaktebene f ∑ zusammengeführt: Die Werte für Lagerabstand L, Zahnbreite b und die zulässige Flankenlinienabweichung F β werden gemäß der Werte am Getriebe in die Berechnung eingesetzt und ergeben eine Achsschränkung f ∑β 48 antriebstechnik 5/2017

KOMPONENTEN UND SOFTWARE 10 Lastverteilungen mit Berücksichtigung der Wellendurchbiegungen und den möglichen Kombinationen der Flankenwinkel- und Achslagetoleranzen 11 Erforderliche Breitenkorrekturen insgesamt und aufgrund der Herstelltoleranzen 12 Iteration der Gehäusedeformationen aufgrund der Lagerkräfte und -momente 13 Tatsächliche axiale Abstützung über Seegerring im Getriebe (links), vereinfachte axiale Abstützung über Zylinderfläche im FE-Modell (rechts) von 29,7 μm und eine Achsneigung f ∑δ von 59,4 μm. Die resultierende Unparallelität in der Kontaktebene f ∑ beträgt maximal 50 μm. Auch bei der Achslagetoleranz scheint das Maximum übertrieben, deshalb wird diese ebenfalls mit einer 99,7 % Wahrscheinlichkeit berücksichtigt und beträgt somit f ∑ = 32,6 μm. Alternativ zur Achslagetoleranz nach ISO/TR 10064-3 könnten direkt die vorgegebenen Positionstoleranzen der Lagerbohrungen aus der Gehäusezeichnung verwendet werden (Bild 07), welche ähnliche Werte ergeben. Für die Korrektur von Herstellungsfehlern ist eine einseitige Schrägungswinkelkorrektur nicht zielführend, da damit nur das Optimum für eine spezifische Toleranzlage erreicht werden kann. Als Kompensation von Herstellfehlern kommen nur symmetrische Korrekturen wie Balligkeit oder Endrücknahme in Frage. Die optimale Breitenballigkeit wird nachfolgend mit einer Variationsrechnung ermittelt. Die Schrägungswinkelkorrektur c Hβ = –11 μm der nicht toleranzbehafteten Geometrie wird dabei als Basiskorrektur unverändert übernommen (Bild 08, oben). Die neue erforderliche Balligkeit wird mit einer Parametervariation berechnet (Bild 08, unten). Aus der Variationsrechnung wird ersichtlich, dass der kleinste Breitenlastfaktor mit einer gesamten Breitenballigkeit c Hβ = 43 μm erreicht werden kann (Bild 09). Eine abschließende Nachrechnung der möglichen Kombinationen der Flankenlinien-Winkelabweichungen f Hβ und der Achslageabweichungen f ma (+fma +fHβ, +fma -fHβ, -fma +fHβ, -fma -fHβ) zeigt, dass die gewählte Breitenkorrektur hervorragend geeignet ist, um sowohl die Wellendurchbiegungen wie auch die verschiedenen Toleranzlagen kompensieren zu können, da keine der extremen Toleranzlagen eine Kantenpressung aufweist (Bild 10). Zusammenfassend betragen die erforderlichen Korrekturen also –11 μm für die Schrägungswinkelkorrektur c Hβ und 43 μm für die Breitenballigkeit c β . Im Bild 11 wird die gesamte erforderliche Breitenkorrektur sowie die erforderliche Balligkeit c Hβ = 24 μm aufgrund des Einflusses der Herstelltoleranzen dargestellt (hellorange). Der resultierende Breitenlastfaktor K Hβ beträgt im Minimum 1,07 und im ungünstigsten Fall 1,16, was eine geringe Lastüberhöhung in der Normrechnung von 7 bis 16 % bedeutet. Beide Werte sind absolut akzeptabel, wenn man bedenkt, dass die Auslegung hiermit robust gegen verschiedene Toleranzlagen ausgelegt ist. Einfluss der Gehäusenachgiebigkeit Der Fokus dieser Untersuchung liegt auf dem Einfluss der Gehäusenachgiebigkeit auf die Lastverteilung über der Zahnbreite. Die Lagerkräfte der Wellen wirken auf das Gehäuse ein und bewirken eine elastische Verschiebung der Lagerbohrungen und somit des Lageraußenringes. Die Nachgiebigkeit des Gehäuses ist in einer Steifigkeitsmatrix enthalten, welche mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode berechnet wird. Dabei wird das Gehäuse an den Lagerstellen auf Masterknoten reduziert. Die Steifigkeitsmatrix wird mit der Software Ansys in Zusammenarbeit mit der Firma Cadfem Suisse AG erstellt. Für die Berechnung dieser Verschiebungen mithilfe einer Steifigkeitsmatrix ist eine Iteration nötig, da die geänderten Positionen und Verkippungen der Lageraußenringe unterschiedliche Lagerkräfte und Lagermomente ergeben, welche wiederum unterschiedliche Gehäusedeformationen bewirken (Bild 12). Der Ablauf wurde bereits in früheren Veröffentlichungen von Kisssoft vorgestellt [8]. Relevante Details der Steifigkeitsmatrix Die Steifigkeitsmatrix wird beeinflusst über die verwendeten Elemente im Finite-Elemente-Programm. Üblicherweise werden in FE die Masterknoten mit sogenannten RBE2-Elementen mit den Knoten im Querschnitt verbunden. Diese beinhalten eine starre Verbindung des Masterknotens mit den Knoten im starren Querschnitt. Das bedeutet, dass bei Aufbringen der Verschiebung auf antriebstechnik 5/2017 49