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antriebstechnik 5/2015

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KETTEN, RIEMEN & CO. I

KETTEN, RIEMEN & CO. I SPECIAL Multitalent X-Ring Warum X-Ringe viele Dichtanforderungen abdecken Dichtungen haben einen undankbaren Job. Sie werden gequetscht, gedehnt und verschwinden in dunklen Nuten. An sie wird häufig zuletzt gedacht, dabei sollten Dichtungsexperten frühzeitig mit am Besprechungstisch sitzen. Für jedes Dichtungsproblem gibt es hoch entwickelte Lösungen, wie unser Beispiel zeigt. X-Ringe haben sich in den vergangenen Jahrzehnten ihren Stammplatz im Maschinen- und Anlagenbau erobert. Ursprünglich als Alternative zum O-Ring entwickelt, dienen sie auch zur radialen und axialen Abdichtung von Flanschen, Buchsen und Deckeln. „Ihre eigentliche Stärke liegt aber in dynamischen Anwendungen wie der Abdichtung von Kolben und Stangen, rotierenden Wellen sowie überlagerten Schrauben bewegungen“, betont Frank Stolt, Marketingfachmann bei dem Dichtungsspezialist Dichtomatik. Das dritte große Einsatzgebiet sind quasistatische Stell- und Schwenkbewegungen, zum Beispiel in Rollenketten. Gute Performance X-Ringe sind doppelt wirkende Dichtelemente aus NBR oder FKM. Die Wahl des Werkstoffes hängt vom Betriebsdruck, dem abzudichtenden Medium und der Betriebstemperatur ab. X-Ringe haben einen nahezu quadratischen Querschnitt mit Einbuchtungen, so dass eine Vierlippendichtung in Form eines fülligen „X“ entsteht. Frank Stolt nennt eine Reihe von Vorteilen dieser Geometrie. So verstärkt der Mediendruck im Betrieb die Dichtwirkung. Das quadratische Querschnittsprofil vermindert außerdem die Gefahr, dass die Dichtung verdrillt. Dadurch zeigt der X-Ring eine hohe Stabilität bei dynamischen Anwendungen – wohl eine der wichtigsten positiven Eigenschaften im Vergleich zum O-Ring. Bescheinigen lässt sich der X-Ring auch eine verbesserte Energieeffizienz: Er kommt mit einer geringen Verpressung aus. Das vermindert die Reibung. Darüber hinaus kann sich zwischen den Dichtlippen ein Schmiermittelreservoir bilden, das das Trockenlaufrisiko deutlich vermindert. Hier verläuft auch der fertigungsbedingte Pressgrat – anders als beim O-Ring mit einem störenden Pressgrat am Innen- oder Außendurchmesser. Optimales Design Die Einsatzgrenzen liegen bei der Ausführung in NBR im Temperaturbereich von –30 °C bis 100 °C, bei der Ausführung in FKM von –15 °C bis 200 °C. Optimale Einbauraumgestaltung vorausgesetzt beträgt der zulässige Betriebsdruck statisch und dynamisch 50 bar. Die Eignung für dynamische Anwendungen zeigt sich auch in den zulässigen Höchstgeschwindigkeiten mit 0,5 m/s translatorisch und 2 m/s rotatorisch. „Um die Performance des X-Rings optimal auszuschöpfen, sollten eine Reihe von Designhinweisen berücksichtigt werden“, fordert Paulo Ribeiro, Technischer Leiter bei Dichtomatik. Die mittlere Verpressung sollte bei dynamischer Anwendung 8 bis 20 %, bei statischer Belastung 10 bis 25 % bezogen auf die Schnurstärke betragen. „Die Einhaltung dieser Grenzen ist mit entscheidend für die Dichtfunktion“, so Paulo Ribeiro. X-Ringe können durchaus in gewissen Grenzen gedehnt oder gestaucht werden. Die Dehnung sollte allerdings 6 %, bezogen auf den Innendurchmesser, nicht übersteigen. Anderenfalls kommt es zu einer zu großen Querschnittsabnahme, die Dichtwirkung ist dann alles andere als optimal. Die Stauchung des Ringes sollte nicht größer als 3 % sein, um zu verhindern, dass sich der Ring verwirft. Bei axial verpressten X- Ringen reduziert sich die zulässige Dehnung und Stauchung auf 2 %. Um die geforderte Funktion zu erfüllen, sollten Konstrukteure folgende Details beachten: Alle Baueile, die mit dem X-Ring in Kontakt kommen, müssen entgratet und gerundet, in Einzelfällen auch poliert werden. Eine fachgerechte Montage verlangt außerdem kantengerundete Einfuhrschrägen. Grundsätzlich ist die Oberfläche des Einbauraumes bei einer dynamischen Belastung feiner auszuführen als bei einem statischen 66 antriebstechnik 5/2015

NEWSLETTER Der E-Mail-Service für Anwender aus dem gesamten Umfeld mechanischer und elektrischer Antriebstechnik. Aktuelle Nachrichten rund um mechanische, thermische und elektrische Antriebstechnik, sowie deren Steuerungen und Regelungen. Der X-Ring ist vielseitig und deckt viele Dichtanforderungen ab Jeden Monat neu. Einsatz. Die Rauheit wird nach DIN EN4288 mit verschiedenen Kennwerten klassifiziert. Die Angabe des Mittenrauwertes reicht in vielen Fällen nicht aus. Sorgsame Montage Aus Erfahrung weiß man bei Dichtomatik, dass das Versagen von Dichtungen eher selten im Dichtelement selbst zu suchen ist. „Der überwiegende Teil der Schäden sind Montagefehler, die über kurz oder lang zum Versagen der Dichtung führen“, betont Frank Stolt. „X-Ringe aus Elastomeren sind nun einmal empfindlich gegen mechanische Beanspruchung und erfordern eine sorgsame Behandlung.“ So verbiete sich das Aufweiten des Ringes über die Dehnungsgrenze hinaus. „Ein X-Ring, der nicht passt, wird dadurch auch nicht passender“, ergänzt Paulo Ribeiro. Kaum zu glauben, aber immer wieder beobachtet: Der Einbauraum wird vor dem Einbau der Dichtung nicht peinlich genau von Staub, Schmutz und Metall spänen gereinigt. Das geht nicht nur zu Lasten der Funktion, sondern verkürzt auch die Standzeit des X-Ringes. Der Ausbau der alten Dichtung sowie der Einbau einer neuen verursacht im laufenden Betrieb durch Stillstandszeiten und komplexe Einbausituationen ein Vielfaches an Kosten im Vergleich zur sekundenschnellen Säuberung des Einbauraumes bei der Erstmontage. Ebenso selbstverständlich wie die Säuberung sollte das Einfetten des Einbauraumes sein, um die „Strapazen“ der Montage für den Ring möglichst niedrig zu halten. Als probates Mittel, um die Montage zu erleichtern, empfiehlt Ribeiro, den Ring warm zu machen. „Das Erwärmen in Öl oder Wasser auf rund 80 °C macht Elastomere geschmeidiger. Dadurch lässt sich der Ring leichter für die Montage aufdehnen.“ Nicht zuletzt ist eine sachgerechte Lagerung ein Garant für eine lange Standzeit des X-Ringes. Elastomere sind anfällig gegen UV-Strahlung. Für den eingebauten Zustand spielt das keine Rolle, weil der Ring in der Regel im Einbauraum verschwindet. X-Ring deckt breites Aufgabengebiet ab „Der X-Ring ist vielseitig und deckt trotz – oder vielleicht gerade wegen – seines einfachen Aufbaus viele Dichtanforderungen ab“, hebt Frank Stolt noch einmal hervor. „Da es eine Vielzahl unterschiedlicher Einbauräume und Einsatzbedingungen gibt, bevorratet Dichtomatik ein breites Sortiment in den Werkstoffen NBR und FKM.“ Die statische Abdichtung bei radialer Verpressung eignet sich für die Abdichtung von Zapfen, Bolzen, Rohrverschraubungen oder Zylinderrohren. Die statische Abdichtung bei axialer Verpressung sollten Konstrukteure bei Flansch- und Deckelabdichtungen vorsehen. Das Hauptarbeitsgebiet der X-Ringe aber ist die dynamische Abdichtung bei radialer Verpressung. „Aber Vorsicht bei der Auslegung“, warnt Frank Stolt. „Die Anwendung beschränkt sich auf eher niedrige Drücke und Geschwindigkeiten.“ www.dichtomatik.de erscheint monatlich Jetzt kostenlos anmelden! www.vfmz.com/newsletter