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antriebstechnik 4/2016

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HANNOVER MESSE

HANNOVER MESSE 2016 Zurück zu Bewährtem Robustes „altes“ Motorendesign für den Retrofit in Heavy-Duty-Anwendungen Anja Leipold Wo Förderbänder im Tagebau betrieben werden, da fallen schwere Steine auch auf die Antriebe. Hier müssen Motoren besonders robust und langlebig sein, hohe Traglasten aushalten können und sich durch Unempfindlichkeit gegen Schwingungen und Erschütterungen auszeichnen. Menzel Elektromotoren baut für Heavy-Duty-Anwendungen spezielle Motoren in der alten Gehäusebauart IC511 nach. Aber sind Sie gefeit gegen herabfallendes Material? Die Gehäusebauart IC511 war früher eine weitverbreitete Standardbauform, da sie eine besonders effiziente Motorenkühlung gewährleistet. Aufgrund der aufwändigen, teuren Fertigung und ihrer unflexiblen Bauweise sowie einer eher geringen Leistung solcher Motoren wurde sie nach und nach jedoch von moderneren Kühlarten verdrängt. Die heute gängigen Kühlarten IC411 und IC611 sind schneller und kosteneffizienter herzustellen und verfügen über ein hohes Standardisierungspotenzial. Ihre Fertigung erlaubt die Verwendung von Gussgehäusen oder einfachen Schweißgehäusen und durch Tauschen des Kühlaufsatzes können sie ohne großen Aufwand auch mit IC81W bzw. IC01- Kühlung versehen werden. Dagegen müssen für die Bauart IC511 handgeschwei ßte Gehäuse in einem langwierigen, aufwändigen Prozess konstruiert werden. Eine Änderung der Kühlart im Nachhinein ist nicht möglich. Für eine Reihe von Nischen-Anwendungen ist die IC511-Bauweise aber bis heute unschlagbar. Dazu gehören auch einige Heavy- Duty-Anwendungen, die auf sehr robuste Antriebe mit effizienter Kühlung angewiesen sind. IC511 gewährleistet eine gleichmäßige Kühlung, da die Kühlrohre symmetrisch um das Blechpaket herum angeordnet sind. Die Anja Leipold ist Leiterin Unternehmenskommunikation bei der Menzel Elektromotoren GmbH in Berlin größere Dimensionierung solcher Motoren wird dabei in Kauf genommen, denn die Konstruktionsart bietet noch andere Vorteile für Heavy-Duty-Anwendungen: An der glatten, runden Oberfläche rutschen herabfallende Materialien einfach ab. Kühlrippen können nicht verstopfen. Außerdem führt die Verteilung der Kühlrohre um das Blechpaket herum zu einer insgesamt recht flachen Bauhöhe, weshalb sich solche Mo toren gut als Unterbau für diverse Maschinen eignen. Ihre geringe Gesamtlänge macht die Motoren zudem widerstands fähig gegen Schwingungen. Durch die Verwendung drehsteifer Schweißstahlgehäuse eignen sie sich überdies für den Einsatz in Um gebungen mit widrigsten Laststößen und Erschütterungen. Hier wird IC511 noch gebraucht Da aber IC511 heute in Europa nicht mehr standardmäßig gebaut wird, kann es für Anwender schwierig werden, einen Ersatz für altgediente Maschinen in dieser Bauart zu finden. Aufwändige Umbauarbeiten an Fundament und Anschlüssen, die den Einbau eines modernen Standardmotors gestatten würden, sind vielen Anlagenbetreibern nicht möglich. Und ein exakter Nachbau des alten Motors, mit identischen mechanischen und elektrischen Merkmalen und Anschlüssen an den exakt gleichen Stellen erfordert spezielles Know-how seitens der Ingenieure. Große Motorenhersteller können solche Sonderanfertigungen zwar durchführen, aber oft nicht zeitnah liefern. Das Berliner Unternehmen Menzel Elektromotoren hat sich deshalb auf die schnelle Maßanfertigung kundenspezifischer Motoren spezialisiert und bietet weltweit umfassende Dienstleistungen rund um Motoren. Der Elektromotorenhersteller ist in der Lage, auch außer gewöhnliche Sonderwünsche binnen kurzer Zeit zu erfüllen − bei Bedarf auch Nachbauten inzwischen unüblicher Konstruktions arten wie IC511. In den vergangenen Jahren hat Menzel viele Motoren mit dieser Kühlart gefertigt und an verschiedenste Kunden geliefert. Wir möchten drei Aufträge beschreiben, bei denen Motoren mit der alten Bauweise im Mittelpunkt standen. Ein Motor für Jordanien In Ländern außerhalb Europas kommen Antriebe mit Kühlart IC511 noch häufiger zum Einsatz. So erreichte Menzel im Januar 2015 die Anfrage eines Zementanlagenbetreibers aus Jordanien, der noch über einen alten Lüfterantrieb dieser Bauart verfügte. Der inzwischen sehr alte Siemens-Motor lief nicht mehr zufriedenstellend und sollte schnellstmöglich ersetzt werden. Weil es für den Betreiber nicht möglich war, vor Ort Umbauten an der Anlage vorzunehmen, um einen Standardmotor einzusetzen, kam nur ein exakter Nachbau des alten Motors infrage. Für Menzel eine interessante Herausforderung. „Solche Motoren in historischer Konstruktionsart exakt nachzubauen, gibt uns die seltene Gelegenheit zu zeigen, dass wir auch ungewöhnliche Aufträge schnell und zufriedenstellend abwickeln können“, so Mathis Menzel, Firmenchef von Menzel 28 antriebstechnik 4/2016

HANNOVER MESSE 2016 Elektromotoren. „Weil die Motoren handgeschweißt werden müssen, ist es auch immer eine schöne Möglichkeit für uns, ein Stück echte Handwerkskunst zu fertigen und so unser Fachwissen zu demonstrieren.“ Menzel lieferte schließlich einen 8-poligen Motor mit einer Leistung von 600 kW, einer Nennspannung von 6000 V und einer Drehzahl von 740 min -1 im gewünschten Design. Einsatz im Reifenwerk Ein ähnlicher Nachbau wurde auch in einem deutschen Reifenwerk als Ersatz für einen alten 8-poligen Schleifringläufermotor mit einer Drehzahl von 750 min -1 , benötigt. Die Maschine aus den 60er Jahren trieb den Kunststoffkneter an und verfügte ebenfalls über Kühlart IC511. Sie wurde zusammen mit einem 6-poligen Motor starr im Antriebsstrang gekuppelt. Da sich immer nur ein Motor in Betrieb befand, während der zweite stromlos mitgedreht wurde, ergaben sich spezielle Anforderungen an die Kohlebürsten und Schleifringe: Denn bei stromloser Rotation sollte ein möglichst geringer Abrieb der Kohlebürsten erreicht, aber im Arbeitsbetrieb trotzdem eine gute Patinabildung auf den Schleifringen ermöglicht werden. Durch diese elektrisch und mechanisch stark einschränkenden Bedingungen kam nur eine exakte Kopie des bestehenden Motors einschließlich der Kühlart IC511 infrage. Obwohl in diesem Fall die Kühlart nicht der ausschlaggebende Faktor für die Entscheidung war, fertigte Menzel einen Nachbau der historischen Konstruktionsart. Heavy-Duty im Kohlekraftwerk 01 Diesen Reservemotor für ein Zementwerk baute Menzel Elektromotoren in der histo rischen Konstruktionsart IC511 nach 03 IC511 gekühlter Motor, den Menzel für ein Reifenwerk konstruierte 02 Maßzeichnung eines robusten Heavy-Duty-Motors mit Kühlart IC511, wie er in Förder antrieben im Tagebau heute noch verwendet wird Auch in einem rumänischen Kohlekraftwerk sah man sich besonderen elektrischen und mechanischen Herausforderungen gegenüber. Im Rahmen der Modernisierung diverser Kohlekraftwerke seit 2007 benötigte man neue robuste Maschinen mit effizienter Kühlung für Kohlemühlen, Förderbänder und Rauchgasentschwefelungsanlagen der jeweiligen Kraftwerke. Menzel Elektromotoren fertigte eine Reihe von Mittel- und Hochspannungsmotoren für verschiedene ru mänische Kraftwerke, da runter auch zwei baugleiche Käfigläufermotoren in Kühlart IC511 für einen Förderbandantrieb. Das runde Gehäuse der Motoren erwies sich an gesichts herunterfallender Kohlebrocken als ideale Lösung für die Anwendung, bei der die Motoren besonders robust sein müssen und sich freiliegende Kühlrippen dichtsetzen könnten. Die beiden 4-poligen röhrengekühlten Motoren aus dem Hause Menzel verfügen jeweils über einer Leistung von 1400 kW bei einer Spannung von 6000 V und 50 Hz. Fotos: fotolia, Menzel Elektromotoren www.menzel-elektromotoren.com antriebstechnik 4/2016 29