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antriebstechnik 12/2020

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antriebstechnik 12/2020

SPECIAL:

SPECIAL: PRÜFSTANDTECHNIK MOTORENPRÜFSTÄNDE AUF LEISTUNG GETRIMMT Um Tests auf Prüfständen immer näher an die Bedingungen der Wirklichkeit heranzuführen, sind möglichst realitätsgetreue Testaufbauten und -umgebungen hilfreich. Aber auch modellbasierte Testszenarien erlangen immer mehr Bedeutung. Das führt zu besonderen Anforderungen für Konstruktion und Einbau der Belastungsmaschinen. Die müssen einerseits mehr Dynamik zeigen, andererseits sich in Modellumgebungen beweisen. Komplexere Fragestellungen in der Entwicklung von Automobil-Antrieben führen zu steigenden Anforderungen an die dabei zum Einsatz kommende Prüf- und Messtechnik. Diese muss modellbasierte Testszenarien und insgesamt eine höhere Dynamik seitens der eingesetzten Systeme ermöglichen. Ein deutscher Erstausrüster hatte sich hier entschieden, bestehende Motorenprüfstände in dieser Hinsicht zu modernisieren. Dessen Prüfstände in einem Leistungsbereich von 500 bis 700 kW ermöglichen Tests an Antrieben mit Ottomotoren sowie Hybrid- und E-Antrieben. Diese sind einerseits als Prüfstände für Inline- sowie als Prüfstände für Front-Quer Antriebssysteme konzipiert. Prof. Dr. Martin Sobczyk, Geschäftsführer Krebs & Aulich GmbH, Wernigerode und Michael Wastian, Corporate Identity/Design KS Engineers, Kristl, Seibt & Co Ges.m.b.H, Graz, Österreich Grundlegende Bedingung war die Übernahme von bestehender Infrastruktur wie Prüfstandgrundplatten und Palettensysteme für die Aufnahme der zu testenden Aggregate. Kernelemente wie die Belastungsmaschinen, Prüfstandunterbauten, Wellenverbindungen, Leistungselektronik, Sicherheitstechnik und Automatisierungssystem wurden von KS Engineers aus Graz neu konzipiert und geliefert. HOCHDYNAMISCHE PM-SYNCHRONMASCHINEN Als Belastungsmaschinen kommen hochdynamische PM-Synchronmaschinen der Krebs & Aulich GmbH aus Wernigerode zum Einsatz. Die zu testenden Antriebe werden in originaler Einbaulage – zum Beipsiel 2 ° geneigt – am Prüfstand aufgebaut. Dabei entstehende Winkelversätze in Bezug auf die Belastungsmaschine werden durch die direkte Verbindung über Gleichlaufgelenkwellen aufgenommen. Ein Fokus bei der Konzeption des Prüfstandsaufbaus lag auf den schwingungstechnisch optimierten Maschinenunterbauten. Dabei wurden die Resonanzfrequenzen außerhalb des nutzbaren Drehzahlbereiches gelegt bzw. Komponenten niederfrequent entkoppelt. Für realitätsnahe Versuche werden die originalen Abgasanlagen am Motor aufgebaut. Die Herausforderung dabei lag insbesondere im Inline-Prüfstandsaufbau. Um hier den Betrieb von beispielsweise zweiflutigen Abgasanlagen mit quer angeordnetem Endschalldämpfer zu ermöglichen, werden diese unter der Belastungsmaschine kollisionsfrei durchgeführt. Dies wird durch einen speziell optimierten portalartigen Aufbau des Maschinenrahmens mit hängender Belastungsmaschine ermöglicht. Die für den jeweiligen Anwendungsfall maßgefertigten Maschinen von Krebs & Aulich bilden hinsichtlich Leistung und Drehmoment (850 kW und bis zu 1 800 Nm) dieser anspruchsvollen Prüfstände bei minimalen Massenträgheitsmomenten (0,2 kgm²) ab, was eine hochdynamische Regelung der Lastszenarien im Prüfstand ermöglicht. Diese hier vergleichsweise hohe Massenträgheit des Rotors ist dem Rasselbetrieb in der Verbrennersimulation geschuldet. Andere 32 antriebstechnik 2020/12 www.antriebstechnik.de

SPECIAL: PRÜFSTANDTECHNIK Maschinen ohne Rasselbetrieb erreichen Massenträgheiten von 0,043 kgm² und ermöglichen so noch dynamischere Simulationen von Fahrzyklen. Krebs & Aulich hat in den zurückliegenden Jahren mehrere Baureihen dieser Maschinen mit Drehzahlen bis zu 25 000 m -1 bei Leistungswerten bis zu 500 kW entwickelt, die erfolgreich in mehreren Prüfständen weltweit im Einsatz sind. WICHTIGER BESTANDTEIL: DER FREQUENZUMRICHTER Für die Regelung der Motorenprüfstände wurde auf das KS-R2R System gesetzt. Neben den klassischen Regelungsarten liegt der Fokus auf dem modellbasierten Testen. Hierbei werden nicht vorhandene Triebstrangkomponenten und das Fahrzeugverhalten durch mathematische Modelle nachgebildet; d. h. der Prüfstand bildet die Reaktion des Triebstrangs und des Fahrzeugs inklusive der Darstellung von Triebstrangschwingungen in Echtzeit ab. Eine straßenrealistische Belastung ist durch den Einsatz der KS-R2R Regelung mit hochdynamischen Regelungsfeatures, wie der Trägheitskompen sation (Kompensation der Massenträgheit der E-Maschine beim Anlasserstart) und der aktiven Drehschwingungsdämpfung möglich. Zentraler Bestandteil dieser Technologie ist der KS-R2R Frequenzumrichter. Dabei handelt es sich um einen Umrichter, welcher von KS Engineers für hochdynamische Regelungsaufgaben entwickelt wurde. Der Systemaufbau des Umrichters stellt sicher, dass die für die Abbildungsgenauigkeit relevante Regelschleife mit 10 kHz ausgeführt werden kann. MODELLBASIERTE TESTSZENARIEN SPAREN KOSTEN Die Automatisierung der Prüfstände erfolgt über das leistungsstarke Echtzeitregelungssystem KS ADAC und die KS Tornado Software Suite. Neben der Verwaltung von Prüfaufgaben, Erfassung und Visualisierung von Messdaten bietet KS Tornado auch umfangreiche Schnittstellen zum Messdaten-, Prüffeld- und Auftragsmanagement. Modellbasierte Testszenarien ermöglichen signifikante Kostenund Zeiteinsparungen bei der Entwicklung und Absicherung von Antriebs- und Assistenzsystemen. Einzelne Entwicklungsaufgaben und deren Validierung werden in frühe Phasen verlagert, was als Frontloading bezeichnet wird. Zu diesem Zweck werden Tests auf Systemebene unabhängig vom physikalischen Aufbau am Prüfstand mithilfe von Einsatzszenarien, anstatt wie bisher mit synthetischen Lastprofilen, definiert. Sämtliche Messdaten und Aufbauten sind fahrzeug- und somit funktionsbezogen. Für die Virtualisierung fehlender Teilkomponenten am Prüfstand sind echtzeitfähige Modelle notwendig, die das Verhalten der simulierten Komponenten mit möglichst geringem Rechenaufwand in ausreichender Genauigkeit beschreiben. Wird eine physikalische Komponente durch ein entsprechendes Modell ersetzt, muss das Verhalten des Gesamtsystems unverändert bleiben. Idealerweise wird das jeweilige Teilmodell bereits vorab in der Simulation verwendet und anschließend direkt am Prüfstand eingebunden. Diese Vorgehensweise erlaubt es in weiterer Folge, Messergebnisse am Prüfstand direkt mit Simulationsergebnissen zu vergleichen und die verwendeten Teilmodelle sukzessive weiterzuentwickeln und an das reale Verhalten anzupassen. Krebs & Aulich bietet hier mit einer gewachsenen Kompetenz in Auslegung und Berechnung, Konstruktion und Bau ideale Voraussetzungen für den maßgeschneiderten Aufbau zur Simulation eines entsprechenden Belastungsverhalten für motorische und angetriebene Komponenten. Fotos: Krebs & Aulich, KS Engineers www.krebsundaulich.de 01 03 01 Belastungsmaschine mit Portalrahmen, Wellenstrang und Berstschutz 02 Eintriebsmaschine für einen Simulationsprüfstand für angetriebene Komponenten 03 Schematische Darstellung des Prüfstands mit Fahrzeug und Prüfrahmen 02 www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2020/12 33