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antriebstechnik 12/2017

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FORSCHUNGSVEREINIGUNG

FORSCHUNGSVEREINIGUNG ANTRIEBSTECHNIK I INTERVIEW D ie Industrielle Gemeinschaftsforschung ist ein höchst effizientes Forschungsinstrument des Bundes. Wir möchten das Wissen noch breiter und noch früher in die Industrie transferieren. Die Forschungsvereinigung Antriebstechnik ist der wichtigste Handlungsraum der Antriebstechnik. 02 Hartmut Rauen: „Die FVA-Ausrichtung fußt im Wesentlichen auf einem Bottom-up-orientierten Ansatz.“ der Mitgliedsfirma zur Anwendung zu bringen. Dazu muss man alle Register ziehen: Neujustierung von Bewertungsparametern, Beschleunigung der Selektionsprozesse, andere Mittelverteilung, Verbesserung des Wissenstransfers. Unser Vision & Mission-Prozess gibt uns als Handlungsorientierung Werte mit. Wir wollen kraftvoll, verbindend und nutzengenerierend sein und daran unser Handeln messen. Die neu konstituierten Fachbeiräte, die die kleiner strukturierten Arbeitskreise verbinden, müssen anhand der Nutzengenerierung nun härter um die Priorisierung ihrer Wunschprojekte ringen. Es ist ein intensiverer und transparenterer Diskussionsprozess, bedeutet aber, dass nicht mehr ein großes 100-Mann-Gremium, sondern nun fünf kleinere Gremien parallel in Klausur gehen. Hier werden die Projektentscheidungen, die letztlich der Wissenschaftliche Beirat und der Vorstand fällen, von den Themenexperten vorbereitet. Wir konnten zudem den gordischen Knoten zerschlagen, mehr Intensität mit höherer Geschwindigkeit paaren. Forschung, Bildung, Digitalisierung – Themen, die auch im zurückliegenden Wahlkampf immer wieder auf den Tisch kamen. Die FVA befasst sich schon immer damit. Aber was muss noch besser werden? Wo sehen Sie Ansätze zur Verbesserung? In der Bundesregierung haben wir drei Prioritäten: Erstens die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung als unbürokratisch breitenwirksames Instrument, zweitens den Ausbau der Industriellen Gemeinschaftsforschung auf mindestens 200 Mio. Euro pro Jahr als das vernetzende Förderinstrument zwischen Industrie und Wissenschaft und drittens die Ergänzung der Forschungsförderung via Verbundprojekte, um sogenannte „Transferplattformen“, die es erlauben, die Projekte einer Projektfamilie – Ausschreibung – stärker untereinander zu vernetzen und das Wissen breiter und früher in die Industrie zu transferieren. Unsere Leser sind Ingenieure und Techniker: welche Fortschritte erwarten Sie denn gerade in der Antriebstechnik auf technologischer Seite? In den nächsten Jahren wird die Antriebstechnik sicherlich von der Elektrifizierung und ihrer Digitalisierung geprägt. Vom mechatronischen Produkt zum cyberphysikalischen System mit der Anbindung an die Cloud ist ein Trend, der uns viele Jahre bewegen wird. Ebenso die mit der Elektromobilität einhergehende deutliche Intensivierung der Innovationsanstrengungen. Mit der zunehmenden Vernetzungsmöglichkeit intelligenter Komponenten, steigen auch die Potenziale für neue Systemansätze und Geschäftsmodelle. Predictive Mainte­ nance ist hier sicherlich ein bekanntes Beispiel, aber genauso interessant ist die Rolle der intelligenten Antriebstechnik für autonomisierte fahrerlose Transportsysteme, ob für Mensch oder Material, Pkw oder Landmaschine. Hier wird die Entwicklung zügig voranschreiten. Blicken wir noch zehn Jahre weiter: wie wird Ihrer Meinung nach die FVA dann aussehen und welche Rolle für die Antriebstechnikwelt spielen? Ich hoffe, dass die FVA in den nächsten zehn Jahren weiterwächst: Quantitativ mit einem Mehr an Mitgliedern, sicherlich auch ein Stück internationaler. Qualitativ mit einem Ausbau ihrer Aktivitäten im Bereich der Wissensgenerierung und des Wissenstransfers und der Art und Weise, wie sie mit ihrer Community effizient vernetzt arbeitet. Die Antriebstechnik vereint Kraft, Drehmoment und Intelligenz in ihren Produkten. Sie steht im Zentrum des Fortschritts, ist die Schlüsseltechnologie, welche Leistungsdichte, Lebensdauer, Energieeffizienz des Kundenprodukts bestimmt. Verstärkt ist sie als Industrie 4.0-Komponente auch Datenquelle. Sie ist das Bindeglied zwischen Stillstand und Bewegung, zwischen virtueller Vorstellung und realer Aktion und die FVA ist ihr wichtigster Handlungsraum. www.fva-net.org 12 antriebstechnik 12/2017

50 JAHRE I FORSCHUNGSVEREINIGUNG ANTRIEBSTECHNIK Zwei Fragen an den FVA-Vorstand Dr.-Ing. Arbogast Grunau ist Vorsitzender der FVA und Leiter Zentrale Entwicklung der Schaeffler AG Herr Dr. Grunau, was ist das Besondere an der FVA? Die Forschungsvereinigung Antriebstechnik ist eine ausgezeichnete Plattform für vorwettbewerbliche Forschung. Hier können die Mitglieder technische Themen der Antriebstechnik einbringen. Und zwar die Themen, von denen sie meinen, dass Wissen über diese Themen für ihre Zukunft wichtig ist. Damit haben unsere Mitglieder die Möglichkeit, ihre branchen- und firmenorientierten Lösungen auf einer gesicherten Basis schnell und effizient zu entwickeln. Weil in der FVA kleine und große Firmen gemeinsam die Forschungsthemen lenken, lassen sich Themen bearbeiten, für die viele Firmen alleine gar nicht die Finanzkraft hätten. Dadurch dass für die Forschungsthemen die besten Hochschulinstitute gewonnen werden können, stellt die FVA auch die Qualität der Forschung sicher. Ein gewünschter Nebeneffekt: Wissenschaftler aus den Hochschulen bekommen intensiven Industriekontakt und legen dabei vielfach den Grundstein für Ihre Industriekarriere. Welche Rolle spielte und spielt die FVA gestern, heute und morgen für die Antriebstechnik? Dass sich die deutsche Antriebstechnik eine weltweite Spitzenposition erarbeitet hat, hat die FVA unterstützt oder vielleicht sogar erst ermöglicht. Diese Spitzenposition zu halten und auszubauen, ist erklärtes Ziel der FVA-Arbeit. Zukünftig werden in der Antriebstechnik mehr und mehr die Elektronik und die Digitalisierung eine gewichtige Rolle spielen. Zum Beispiel sind die für uns bedeutenden Themen Industrie 4.0 und Elektromobilität ohne Elektronik und Digitalisierung gar nicht denkbar. Mit der Aufnahme entsprechender Firmen trägt die FVA diesen bedeutenden Trends Rechnung. Da viele unserer Mitglieder global agieren, inzwischen teilweise sogar mit weltweiten R&D-Aktivitäten, wird auch die FVA zunehmend internationaler – zuerst mit einer Öffnung in Richtung Europa und sicherlich in einigen Jahren auch in Richtung der amerikanischen und asiatischen Märkte. Hierbei ist natürlich mit unseren Mitgliedern die Vorgehensweise und Geschwindigkeit abzustimmen, damit die Antriebstechnik in Deutschland ihre hervorragende Position weiter ausbaut. All dies ist mit einer Forschungsgemeinschaft besser möglich als wenn diese Kräfte der Antriebstechnik nicht gebündelt würden. antriebstechnik 12/2017 13