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antriebstechnik 12/2015

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Sensorlose Regelung zur

Sensorlose Regelung zur aktiven Schwingungsdämpfung in Antrieben mit DGASM Ulrich Beckert, Jan Wenske, André Warschofsky Ziel des Verfahrens ist es, durch eine intelligente Regelung der doppeltgespeisten Asynchronmaschinen (DGASM) die Torsionsschwingungen im mechanischen Antriebsstrang aktiv zu dämpfen, damit den Verschleiß zu vermindern und die Lebensdauer zu erhöhen. Das herausragende Merkmal des Regelverfahrens besteht darin, dass es ohne Sensoren für Drehwinkel, Drehzahlen und Drehmomente auskommt. 01 DGASM als drehzahlvariablen Generator D er Beitrag bezieht sich auf ein sensorloses Regelverfahren für Antriebe mit doppeltgespeisten Asynchronmaschinen (DGASM) großer Leistung mit schwingungsfähigem mechanischen System, wie z. B. für Windenergieantriebe. Ziel des Verfahrens ist es, durch eine intelligente Regelung des umrichtergespeisten Drehstromgenerators die Torsionsschwingungen im mechanischen Antriebsstrang aktiv zu dämpfen, damit den Verschleiß zu vermindern und die Lebensdauer zu erhöhen. Das herausragende Merkmal des Regelverfahrens besteht darin, dass es ohne Sensoren für Drehwinkel, Drehzahlen und Drehmomente auskommt. Gemessen werden nur die Ständerspannungen und die Ständerströme sowie die Läuferströme der DGASM. Die DGASM stellt die Alternative zur umrichtergespeisten Synchronmaschine beim Einsatz als drehzahlvariabler Windenergie- Generator dar. Während bei der Lösung mit der Synchronmaschine die gesamte Leistung über den Umrichter fließt, braucht bei der DGASM der im Läuferkreis liegende Frequenzumrichter (Bild 01) nur die Läuferscheinleistung zu liefern. Diese ist dem Schlupf Prof. em. Dr.-Ing. habil. Ulrich Beckert, Institut für Elektrotechnik, TU Bergakademie Freiberg Prof. Dr.-Ing. Jan Wenske, Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES, Bremerhaven Dipl.-Ing. André Warschofsky, Institut für Elektrotechnik, TU Bergakademie Freiberg (bis Dezember 2014) (n s = ƒ 1 ⁄ p = synchrone Drehzahl, p = Polpaarzahl) proportional und beträgt deshalb nur einen Bruchteil der Ständerleistung, wenn man sich auf einen schmalen Drehzahlbereich um die Synchrondrehzahl beschränkt. In Bild 02 ist die erforderliche Umrichterscheinleistung in Abhängigkeit vom Schlupf bei generatorischem Betrieb der DGASM mit Nennwirkleistung für unterschiedliche Werte der dabei zu erzeugenden Blindleistung dargestellt. Q 1 = 1 entspricht dem Betrieb mit Nennblindleistung, Q 1 = 0 dem mit dem Leistungsfaktor 1 und Q 1 = -1 dem Betrieb mit kapazitiver Blindleistung vom Betrag der Nennblindleistung. Die DGASM bietet außerdem den Vorteil, dass im generatorischen Betrieb Wirk- und Blindleistung unabhängig voneinander und entkoppelt von der Drehzahl geregelt werden können [1, 2, 3], wenn die gesamte Regelung in einem mit dem Ständerflussraumvektor rotierenden Koordinatensystem als sog. Feldorientierte Regelung (FOR) erfolgt. Der geregelte elektrische Antrieb lässt sich grob in ein elektrisches und ein mechanisches Teilsystem unterteilen. Das elektrische Teilsystem beschreibt die elektromagnetische Entwicklung und die Regelung des Luftspaltmomentes. Das mechanische Teilsystem ist bei den meisten Antrieben ein schwingungsfähiges System, das für regelungstechnische Zwecke durch einen Zweimassendrehschwinger ausreichend genau beschrieben wird. Seine Eigenfrequenz liegt meist unter 30 Hz. Bei der klassischen Antriebsregelung (FOR oder DSR) wird das Luftspaltmoment m i gemäß dem vom Drehzahlregler bzw. beim Windenergieantrieb gemäß dem vom Wirkleistungsregler gelieferten Sollwert unabhängig vom mechanischen Antriebsstrang eingeprägt. Änderungen des Luftspalt- oder des Lastmomentes führen deshalb zu Torsionsschwingungen, die das Material ermüden und die Lebensdauer der Bauteile verkürzen. 58 antriebstechnik 12/2015

SCHWINGUNGSDÄMPFUNG 02 Umrichterscheinleistung als Funktion des Schlupfes bei generatorischem Betrieb mit Nennwirkleistung 03 Schwingungsdämpfung mittels Zustandsregelung Durch Einbeziehung der Mechanik in die Regelung, am besten mit einer Zustandsregelung nach Bild 03, lassen sich die auftretenden Torsionsschwingungen aktiv dämpfen [4, 5, 6, 7] und der Verschleiß vermindern. Jedoch werden für eine solche Zustandsregelung die Momentanwerte aller Zustandsgrößen des mechanischen Systems (m i ,n M ,m Wel ,n A ) benötigt. Da ihre kontinuierliche Messung während des Betriebes sehr aufwändig ist und im Allg. nicht toleriert wird, werden die benötigten Zustandsgrößen zweckmäßig mit Hilfe eines Beobachters rekonstruiert. Alle bekannten Beobachter des mechanischen Systems bilden den Beobachterfehler aus der gemessenen und der vom Beobachter geschätzten Motor- bzw. Generatordrehzahl, benötigen also einen Drehzahlgeber mit hoher Auflösung. Raue Umgebungsbedingungen (wie z. B. im Traktionsbereich) erschweren bzw. verhindern den Einsatz von optischen Inkrementalgebern. Deswegen ist man zunehmend bestrebt, die Drehzahl des Antriebes ohne Messung der Drehzahl „sensorlos“ zu regeln, s. z. B. [8, 9, 10, 11, 12]. Im Folgenden wird eine Schätzeinrichtung für geregelte Drehstromantriebe mit der DGASM und schwingungsfähigem mechanischen System vorgestellt, mit der das Luftspaltmoment und die Drehzahl der DGASM, das Wellenmoment im mechanischen Antriebsstrang sowie die Lastdrehzahl und das Last- bzw. Antriebsmoment sowohl während des stationären als auch während des dynamischen Betriebes in hoher Qualität geschätzt werden können. Gemessen werden dabei nur die Ständerspannungen und die Ständerströme sowie die Läuferströme der DGASM (Bild 04). Die Schätzeinrichtung für Antriebe mit der DGASM besteht aus einer MRAS-Struktur für die DGASM und einem Beobachter für das mechanische System (Bild 05). Diese Schätzeinrichtung bildet das Grundelement für eine sensorlose Zustandsregelung zur aktiven Dämpfung der Torsionsschwingungen und zur Verschleißminderung. 04 Schätzeinrichtung für Antriebe mit DGASM Modell der Asynchronmaschine Den entwickelten Schätzeinrichtungen liegt das bekannte mathematische Modell der stromverdrängungsfreien ASM im ständerbezogenen Koordinatensystem (α, jβ) zugrunde [14]: 05 Schätzeinrichtung für DGASM antriebstechnik 12/2015 59