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antriebstechnik 11/2015

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Umdenken beim Umformen

Umdenken beim Umformen Höhere Produktivität an Servopressen durch neue Sicherheitskonzepte Manfred Koch Im Pressenbau geht es vor allem um Steigerung der Produktivität und Energieeffizienz. Sick entwickelt mit der sicheren Antriebsüberwachung „Motion Control“ passende Konzepte und Produkte, um die Anforderungen lösen zu können. Mit einer Sicherheits-Steuerung und dem Motion-Control-Modul werden nun neue Konzepte für Servoantriebe in der Werkzeugmaschinenindustrie realisiert. Manfred Koch ist Strategic Industry Manager Corporate Solution Center Factory Automation im Bereich Werkzeugmaschinen bei Sick AG in Waldkirch Während in der Vergangenheit die Sicherheitstechnik im Wesentlichen als eine Maßnahme am Ende der Designphase in die Maschine implementiert wurde, wird sie heute mehr zu einem zentralen Bestandteil des Steuerungsdesigns und unterstützt somit eine höhere Leistungsfähigkeit der Maschine. „Der Stand der Technik befindet sich stets im Wandel“, sagt Mathias Ams, Produktmanager im Bereich sens: Control − sichere Steuerungslösungen bei Sick. In der Vergangenheit waren z. B. bei Pressen, hydraulische Antriebe und mechanische Exzenterpressen marktführend. Nun ist die Servotechnologie mit elektrischen Antrieben − getrieben durch die Forderung nach mehr Effizienz, Flexibilität und geringerem Energieverbrauch immer stärker auf dem Vormarsch. Im Gegensatz zu anderen Maschinenarten, wie z. B. CNC-Bearbeitungsmaschinen sind Maschinen, wie Servopressen nicht vollumfänglich in Sicherheitsnormen beschrieben. Bei CNC-Maschinen sind die Anforderungen bezüglich sicherer Aktorik bereits in den Normen eingeflossen und unterstützen somit den idealen Kompromiss zwischen Sicherheit und Effizienz. Es gibt klar definierte Betriebszustände, in denen der Bediener eingreifen darf, aber die Bewegung der Aktorik sicher überwacht und auch limitiert sein muss. Im Bereich der Servopressen bedient man sich derzeit noch von den Erfahrungswerten aus dem CNC-Bereich. Basierend auf bestehenden Grundlagen aus den Normen und Erfahrungen sowie gültigen Regelungen, auch zu Pressen, können hier jedoch neue und bessere Maschinenkonzepte erstellt werden. Dadurch ist der Wandel hin zu neuen Technologien möglich. Mal anders denken Um die Vorzüge der Antriebs- und Automatisierungstechnik vollumfänglich an einer Presse nutzen zu können, ist ein Umdenken bei der Sicherheitstechnik erforderlich. Auftretende Geschwindigkeiten, Kräfte und Drehmomente können mit Servoantrieben präziser, dynamischer und entkoppelt geregelt werden. Somit können ideale Kraftbewegungsprofile erzielt werden. Daraus resultieren optimierte Prozessabläufe bezüglich Materialstärke und Fließverhalten, vor allem bei komplexen Teilegeometrieen. Verformprozesse werden optimiert, die Qualität gesteigert und Ausschuss minimiert. Außerdem sind z. B. im Gegensatz zu hydraulischen Pressen das Produktions- 50 antriebstechnik 11/2015

SPS IPC DRIVES 2015 01 Drive Monitor FX3-MOC0 zur sicheren Antriebsüberwachung im Zusammenspiel mit der Sicherheits-Steuerung Flexi Soft 02 Sicherheits-Steuerung Flexi Soft mit dem Drive Monitor FX3-MOC0 zur Absicherung von Servopressen umfeld und das Werkstück frei von öligen Rückständen. Bei herkömmlichen Pressen ist das Umrüsten von einem Produktionsprozess auf einen anderen häufig aufwendig, da eine mechanische Anpassung der Schaltnocken erforderlich ist. Bei Servopressen entfällt dies und wird durch Anpassungen im Steuerungsprogramm erreicht. Die Motion-Control-Technologie von Sick bietet hier die Möglichkeit, dank sicherer Geschwindigkeitsüberwachung, das neue Steuer programm unter minimiertem Risiko bei teilweise inaktiver Schutzeinrichtung in Betrieb zu nehmen und zu testen. Die so erzielte Reduktion der Rüstzeiten steigert gerade bei kleineren Produktionslosen die Effizienz der Maschine. 25 % kürzere Zykluszeiten „Das Bestreben von Sick ist es, die Anforderungen des Antriebskonzepts ideal zu beherrschen und damit die Produktivität sowie die Energieeffizienz und vor allem die Sicherheit im Prozess zu erhöhen“, betont Mathias Ams. Die sichere Überwachung wird vom einfachen Sicherheits- Licht vorhang, oder Sicherheitsschalter auf ein ganzheitliches Sicherheitskonzept, inklusive der Antriebsfunktionalität in der Sicherheits-Steuerung, verlegt. Dies ermöglicht es, Maschinen im Wartungs-, Serviceund Produktionsbetrieb effizient zu nutzen. Durch neue Konzepte in der Sicherheitstechnik kann mit Motion Control zu jeder Zeit die Bewegung der Maschine überwacht werden. Alle Signale der Sicherheitssensoren sowie der Aktoren können fusioniert werden. Dabei hat Sick nicht nur Lösungen im Bereich der Sicherheitstechnik, sondern liefert alle weiteren Komponenten, wie Sensoren oder Encoder für die gesamte Maschine. Der Drive Monitor FX3-MOC0 übernimmt gemeinsam mit der Sicherheits- Steuerung Flexi Soft die Überwachung von Pressen. Dabei können alle Arten von Antrieben überwacht werden, was eine Unabhängigkeit vom Antriebshersteller, je nach regionalen Technologie- und Marktanforderungen, mit sich bringt. Der Drive Monitor kann bestehende Motorfeedback- Signale und vorhandene Encoder sicher überwachen und Plausibilisierungssignale aus der Prozessteuerung integrieren. Durch die genaue Überwachung der Bewegungen, kann aus den Informationen abgeleitet werden, ob eine tatsächliche Gefährdung für den Maschinenbediener bei einem Eingriff in den Gefahrenbereich besteht. Damit werden Fehlabschaltungen vermieden, Zykluszeiten verkürzt, die Verfügbarkeit gesteigert und die Produktivität erhöht. Der Rückhub kann sicher überwacht werden, da keine gefährliche Bewegung stattfindet und bereits vor dem Zyklusende kann ein Eingriff in den Gefahrenbereich erfolgen. Durch die Fusion von sicheren Antriebsfunktionen und dem Nutzen aller aus dem Prozess zur Verfügung stehenden Informationen lassen sich Testfunktionen, wie z. B. der Tests der mechanischen Bremsen optimieren. „Durch eine Kombination dieser einzelnen Optimierungen im Produktionsprozess kann eine Verkürzung der Zykluszeit um 25 % und mehr erreicht werden“, sagt Mathias Ams. Sichere Überwachung Warum der Drive Monitor gerade für Servopressen geeignet ist, zeigt die Vielzahl an Antriebssicherheitsfunktionen aus der IEC 61800-5-2. Diese reichen vom Sicheren Stopp 2 (Safe Stop 2, SS2), über den Sicheren Betriebshalt (Safe Operating Stop, SOS), Sicher begrenzte Geschwindigkeit (Safely Limited Speed, SLS), bis hin zur Sicheren Bewegungsrichtung (Safe Direction, SDI). Die Anwendung dieser Funktionen, in Kombination mit Sensorsignalen und Prozesssignalen, ebnen den Weg, die technologischen Neuerungen der Steuerungsund Antriebstechnik ideal nutzen zu können. Beispielsweise kann bei einem Eingriff in die Schutzeinrichtung, z. B. in einen Lichtvorhang, ein SS2 ausgelöst werden. Die Presse wird elektrisch statt mechanisch gestoppt und der Zyklus kann ohne neues Referenzieren sofort weitergeführt werden. SDI ist die Basisfunktion um einen Eingriff an die Gefahrstelle der Presse bei einem Rückhub des Werkzeugs und somit verkürzte Zykluszeiten zu ermöglichen. Dies sind nur einige Beispiele vieler unterschiedler Potentiale. Bei Pressen ist der Taktbetrieb eine effiziente Art eine Presse zu betreiben, da durch den Eingriff in die Presse schon die Zyklussteuerung eingeleitet wird. Klassische Pressen greifen zur Taktsteuerung auf ein Nockenschaltwerk zurück, welches es bei modernen Servopressen nicht gibt. Hier kann der Drive Monitor wiederum seine Vorzüge voll entfalten, indem aus der Bewegungsüberwachung Schaltsignale für die Steuerung des Taktbetriebes abgeleitet werden, ohne dass weitere Sensoren erforderlich sind. Da der Drive Monitor unterschiedlichste Arten von Antrieben überwachen kann, lassen sich diese Konzepte einfach von elektrischen auf hydraulische Antriebe übertragen. Dies eröffnet einen hohen Grad an Flexibilität und somit auch Unabhängigkeit bei der Auswahl geeigneter Antriebskonzepte und Hersteller. Fotos: Aufmacherbild: Schuler Pressen, Weingarten www.sick.de antriebstechnik 11/2015 51