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antriebstechnik 10/2019

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ELEKTROMOTOREN

ELEKTROMOTOREN ANTRIEBSSYSTEM DER WURM IST DRIN Von der Diplom-Arbeit zum Start-up: Vier junge Techniker wollen mit einem neuen Ansatz einen Sanierungsroboter für Abwasserkanäle auf den Markt bringen – und lassen sich dazu von der Natur inspirieren. Stefan Roschi ist Redaktor Corporate Publishing bei der Maxon Motor AG in Sachseln, Schweiz 01 Der Regenwurm ist ein Bewegungstalent. Ausgestattet mit einer komplexen Ring- und Längsmuskulatur, ist er in der Lage, sowohl vorwärts als auch rückwärts zu kriechen. Dieses perfekte Bewegungskonzept der Natur sollte sich auch in der Robotik einsetzen lassen, dachte sich ein junger Techniker aus Österreich, als er 2014 seine Diplom-Arbeit in Angriff nahm. 2016 schloss das inzwischen fünfköpfige Team die Arbeit erfolgreich mit einem funktionstüchtigen Prototyp eines Roboters ab, der sich wie ein Regenwurm bewegte. Das Konstrukt bestand aus mehreren Segmenten mit veränderbaren Durchmessern. Es wurden jeweils nur jene Teile bewegt, die verkleinert sind und somit nicht den Boden berührten. Es folgten mehrere Innovationspreise und Berichte in den Medien, dann meldeten sich erste interessierte Investoren. „Der Schritt in die Selbstständigkeit war danach nur mehr ein kleiner“, sagt Matthias Müller, der inzwischen Geschäftsführer des Start-ups Foccus Innovation ist. LÖSUNGEN DURCH BRAINSTORMINGS Ihrem Ziel sind die jungen Männer bedeutend nähergekommen. Inzwischen haben sie einen ersten Prototyp eines Rohrsanierungsroboters für den kommerziellen Einsatz gebaut, der für die grabenlose Sanierung von Kanälen eingesetzt werden kann. Und bis Ende 2019 soll ihr Produkt bereits auf den Markt kommen. Natürlich, es hat auch technische Probleme gegeben, „aber die haben wir meist sehr rasch und effizient in Brainstormings miteinander gelöst“, so Müller. 60 antriebstechnik 2019/10 www.antriebstechnik.de

ELEKTROMOTOREN 01 Das Team des Start-ups Foccus Innovation mit seinem Sanierungsroboter 02 02 Vorbild für das Bewegungskonzept war ein Regenwurm Die größere Hürde seien Zulieferer gewesen, die zu viel versprochen oder sogar falsche Ware geliefert hätten. „Ein Großteil der Unternehmen hatte kein Interesse an einem Start-up mit schwer kalkulierbarem zukünftigen Absatz.“ MEHR ALS ZWÖLF ANTRIEBE PRO ROBOTER Durch einen Tipp sind die Entwickler auf das Unternehmen Maxon gestoßen. Dort haben sie sich für das ‚Young Engineers Program‘ (YEP) gemeldet und sind angenommen worden. Jetzt verwenden sie für die Antriebe in ihrem Roboter ausschließlich Maxon-Produkte – teils Standardantriebe, teils Sonderanfertigungen. Matthias Müller dazu: „Durch das gute Kraft-Größen-Verhältnis der Elektromotoren ist es uns möglich, ein solch kleines und doch so kräftiges Arbeitsgerät zu realisieren.“ Mehr als zwölf Antriebe stecken im Regenwurm-Roboter. Meist sind es Kombinationen aus bürstenbehafteten oder bürstenlosen DC-Motoren sowie GPX-Planetengetrieben und Encodern. Hinzu kommen einige Controller. Für die Entwickler des Sanierungsroboters sind vor allem Produkteigenschaften wie hohe Langlebigkeit, Präzision und eine kompakte Baugröße entscheidend. TATKRÄFTIGE UNTERSTÜTZUNG Das Start-up hat von Maxon in Österreich konzeptionelle Unterstützung erhalten. „Zudem hat uns Maxon leihweise Elektromotoren für Testzwecke zur Verfügung gestellt. So konnten wir verschiedene Konzepte überprüfen und unsere Antriebe richtig auslegen.“ Das Team hat bereits viele Herausforderungen gemeistert und dafür unzählige Wochenenden und Nächte geopfert. Nun muss sich der „Regenwurm“ von Matthias Müller und seinen Kollegen im Markt der Kanalsanierungsroboter einen Platz erkämpfen. Sie sind überzeugt, dass ihr System viele Vorteile gegenüber bestehenden Lösungen bietet. Etwa einen geräuscharmen Betrieb. Aber auch eine neuartige Steuerung, die dem Benutzer ein Vibrationsfeedback und hochauflösende 4-K-Bilder liefert. In einer ersten Phase sollen ausgewählte Kunden das Produkt ausführlich testen. Und danach soll der Regenwurm­ Roboter regelmäßig durch die Abwasserkanäle der Nachbarschaft kriechen. Fotos: Maxon Motor AG www.maxongroup.de DIE IDEE „Seit jeher begeistern mich komplexe, technische Systeme und deren spezielle Einsatzgebiete. Je kniffliger und komplizierter, desto besser. Und dort, wo es Optimierungspotenzial gibt, lege ich auch gerne Hand an. Ich bin bekennender Vollbluttechniker und möchte meinen Erfindergeist und meine technischen Fähigkeiten jetzt auch wirtschaftlich nutzen. Als dynamischer Jungunternehmer will ich mit meiner Antriebsidee und einem technisch hervorragenden Produkt die Rohrsanierungsbranche erobern.“ Matthias Müller, Geschäftsführer, Foccus Innovation GmbH www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2019/10 61