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antriebstechnik 10/2018

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Hochtourige

Hochtourige Reluktanzmotoren für den Einsatz als Spindelantriebe Motorspindeln werden dank ihres kompakten Aufbaus, der hohen Zuverlässigkeit und der hohen erreichbaren Drehzahlen häufig in Werkzeugmaschinen eingesetzt. Gegenüber den standardmäßig eingesetzten Asynchronmotoren bieten Reluktanzmotoren den Vorteil geringerer Rotorverluste. Dadurch lässt sich die Wellentemperatur und somit auch die thermisch bedingte Verlagerung der Spindel reduzieren. Dipl.-Ing. Stefan Winkler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Prof. Dr.-Ing. Ralf Werner ist Inhaber der Professur Elektrische Energiewandlungssysteme und Antriebe, beide an der TU Chemnitz Bei Motorspindeln bildet die Welle mit der Werkzeugaufnahme eine Einheit mit dem Rotor des antreibenden Motors. Durch den resultierenden Direktantrieb der Welle steigt die Zuverlässigkeit, da auf eine zusätzliche Getriebeübersetzung verzichtet werden kann. Gleichzeitig reduziert sich der Wartungsaufwand der Werkzeugmaschinen, da defekte Spindeln als komplette Einheit getauscht werden können. Um einen kompakten Aufbau der Motorspindel zu gewährleisten, sind elektrische Motoren mit hoher Leistungsdichte erforderlich. Standardmäßig werden Asynchronmotoren eingesetzt, da sie sowohl hohe Drehzahlen als auch bei niedrigen Drehzahlen hohe Drehmomente erreichen können. Allerdings führen ihre Rotorverluste zu einer Erwärmung und damit zu einer thermisch bedingten Verformung der Welle. Reluktanzmotoren andererseits erzeugen im Rotor kaum Verluste. Aufgrund der damit verbundenen geringen thermoelastischen Verformung der Welle können Reluktanzmotoren zu einer Erhöhung der Bearbeitungsgenauigkeit der Werkzeugmaschine beitragen. Damit Werkzeugmaschinen-Hersteller Reluktanzmotoren als Alternative für die üblichen Asynchronmotoren anerkennen, muss sichergestellt sein, dass sich die Motoren in wesentlichen Punkten nicht unterscheiden. Insbesondere gilt das für die Leistungsdichte, 90 antriebstechnik 10/2018

Drehmoment M ELEKTROMOTOREN die Drehmomentwelligkeit und die Ansteuerung. In diesem Beitrag werden daher nur Synchron-Reluktanzmotoren behandelt, da sie mit der gleichen Umrichter-Topologie betrieben werden können, wie etwa Asynchronmotoren oder klassische Synchron-Servomotoren. 01 Reluktanzmoment in Abhängigkeit von X d und X q Synchron-Reluktanzmotor Ein Synchron-Reluktanzmotor ist eine Drehfeldmaschine. Im Gegensatz zu anderen Drehfeldmaschinen trägt der Rotor eines Reluktanzmotors weder Magnete, noch Wicklungen oder Kurzschlusskäfige. Die Drehmomentbildung erfolgt ausschließlich aufgrund unterschiedlicher magnetischer Widerstände, welche durch die Form des Rotors entstehen. Wie alle Drehfeldmaschinen lässt sich ein Synchron-Reluktanzmotor mathematisch in einem (d,q)-Koordinatensystem beschreiben. Im Allgemeinen wird das Koordinatensystem so gewählt, dass die d-Achse mit der magnetischen Vorzugsrichtung des Rotors zusammenfällt. Nach [1,2] kann mit den Induktivitäten in d- und q- Achse aus der Spannungsgleichung 1 10 100 1.000 Reaktanzverhältnis X d /X q die Gleichung für das Drehmoment abgeleitet werden. 02 Reluktanzmotor mit ausgeprägten Polschuhen Damit der Motor ein möglichst hohes Drehmoment und damit eine hohe Leistungsdichte erreicht, ist es erforderlich, dass die Reaktanz der d-Achse X d sehr viel größer ist, als die der q-Achse X q (Bild 01). Die Reaktanzen werden durch die Form des Rotors bestimmt. Es gibt zwei Ansätze, um ein großes Reluktanzverhältnis einzustellen. q Rotor mit ausgeprägten Polen Bei einem Rotor mit ausgeprägten Polschuhen (Bild 02) wird die Reaktanz X q durch einen vergrößerten Luftspalt im Bereich der q-Achse reduziert. Diese Rotorform hat den Vorteil, dass sie sehr einfach ist und durch wenige Parameter angepasst werden kann (Bild 03). Gemäß [1] lässt sich mit diesem Rotor ein Reluktanzverhältnis X d /X q von etwa 5 erreichen, da auf Grund der Eisensättigung und des Luftspalts in d-Achse die Erhöhung von X d begrenzt ist. Eigene Untersuchungen (s. [3]) haben gezeigt, dass für ein maximales Drehmoment die Breite des Polschuhs H P etwa 40 % der Polteilung betragen sollte, während sich der Polschuh zur Welle hin mit einem Flankenwinkel α = 5° verjüngt. Der ideale Durchmesser der Pollücke D L für ein maximales Drehmoment ist der Mittelwert aus Rotoraußen- und Wellendurchmesser. Die Pollücke ist ein großer Einflussfaktor für die mechanische Beanspruchung des Rotors. Je größer der Durchmesser der Pollücke ist, desto geringer sind die mechanischen Spannungen aufgrund des Pressverbands mit der Welle. Sollte es die Anwendung erfordern, kann der Durchmesser der Pollücke bis auf etwa 90 % des Rotordurchmessers erhöht werden, ohne dass das Drehmoment wesentlich reduziert wird, vgl. [3]. Im Gegensatz zu anderen Rotorformen ist diese Geometrie einfach zu fertigen. Die Polschuhe können prinzipiell durch eine direkte Bearbeitung der Welle erzeugt werden. Fertigt man die Welle aus einem magnetisierbaren Material, erhält man einen funktions- 03 D W Parameter der Polschuhgeometrie D L R a α D d H P antriebstechnik 10/2018 91