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antriebstechnik 10/2018

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SENSORIK UND MESSTECHNIK

SENSORIK UND MESSTECHNIK Absolut synchron Messdatenerfassung macht Prüfstand für Elektromotoren effizient Für eine neue Art von Antrieben für mobile Arbeitsmaschinen hat Schabmüller gemeinsam mit HBM ein neues Prüfstandskonzept entwickelt, das die Vorteile der präzisen und zyklusgenauen Messtechnik mit den Vorteilen einer einfachen Prüfstandsentwicklung vereint. Dank der Formeldatenbank können die Motorenentwickler Berechnungen für individuell gestaltbare Mess- und Prüfaufgaben nun einfach und schnell erstellen. Klaus Lang ist Focus Sales Manager eDrive Testing-Lösungen bei der Hottinger Baldwin Messtechnik GmbH in Darmstadt Während sich die Automobilindustrie damit noch schwer tut, sind elektrische Maschinen in Flurförderfahrzeugen schon seit mehr als 50 Jahren Standard. Die Anforderungen an Motorleistung und -effizienz wachsen dabei ständig. Deshalb arbeiten Elektromotoren-Hersteller kontinuierlich an der Entwicklung neuer Antriebe. Zugleich sind neue Prüfstandskonzepte gefragt, um entsprechende Motoren in der erforderlichen Genauigkeit zu testen. Die Herausforderung dabei: zuverlässige Ergebnisse zu erhalten und Testabläufe präzise zu steuern. Diese Anforderungen stellt auch die Schabmüller GmbH, weltweiter Hersteller von Elektromotoren für batteriebetriebene Fahrzeuge, an ihre eigenen Prüfeinrichtungen. Gemeinsam mit HBM hat der Elektromotoren-Produzent deshalb ein Prüfstandskonzept entwickelt, um Messdaten unter entsprechenden Anforderungen zu ermitteln und auszuwerten. Schabmüller konzipiert elektrische Antriebe für Flurförderfahrzeuge, Hybrid- Lkws und -Busse sowie Bau- und Landmaschinen. Die Entwickler setzen dabei in ihrem neuen Synchronmotorenprüfstand auf umfassende Messtechnologie von HBM: das Messdatenerfassungssystem Genesis HighSpeed und die Software Perception. Zur Automatisierung und Steuerung des Prüfstands wird eine eigens mit der Entwicklungsumgebung LabView von National Instruments entwickelte Software eingesetzt. „Das Genesis HighSpeed-Messsystem ist außerordentlich einfach in der Handhabung und alle Prozesse laufen parallel in Echtzeit. Das gestaltet den Entwicklungsprozess unserer Prüfstandssoftware deutlich einfacher und unkomplizierter“, erläutert Dr. Martin Hafner, Leiter der Technologieentwicklung für Permanentmagnet-Synchronmaschinen bei Schabmüller. „Im Vergleich zu einem rein auf National-Instruments- Komponenten basierten Messsystem ist der personelle Aufwand bei Genesis HighSpeed deutlich geringer.“ Modernes Prüfstandskonzept Schabmüller bietet seinen Kunden jetzt auch permanent erregte Synchron-Elektromotoren an. Diese neue Form von Antrieben bringt bei unverändertem Kühlkonzept ebenso viel Leistung wie vergleichbare Asynchronmotoren – bei deutlich geringerem Platz bedarf. Bei einem optimierten oder überarbeiteten Kühlkonzept kann dieser Effekt noch überproportional gesteigert werden. Dafür müssen die Synchronmotoren hohe Anforderungen erfüllen, leistungsstark sowie energieeffizient sein und zugleich einen hohen Wirkungsgrad haben, um die zugeführte Energie optimal zu nutzen. Für die präzisen Tests der neuen Elektroantriebe hat Schabmüller gemeinsam mit den HBM-Experten die komplette Messkette des Prüfstands optimiert. 50 antriebstechnik 10/2018

SENSORIK UND MESSTECHNIK „Wir haben uns für die Kombination aus Genesis HighSpeed mit der Software Perception sowie der Entwicklungsumgebung LabView entschieden, weil sich Perception und LabView sehr einfach über eine Schnittstelle verbinden lassen“, sagt Stefan Lauck, Entwicklungsingenieur bei Schabmüller. „Zudem können wir dank der Perception- Sensordatenbank unterschiedlichste Sensoren für Strom, Spannung und Drehmoment sehr einfach in das Messsystem integrieren. Einfach per Plug & Play, wie ein USB-Gerät in einen Rechner. Auch die Integration von Vibrationssensoren als Teil der elektrischen Vermessung ist problemlos möglich. Wir sparen damit Zeit und Ressourcen bei der Entwicklung des Prüfstands.“ Die Messaufgaben im Prüfstand von Schabmüller sind vielfältig, um Kurzzeitoder Dauerleistung von Synchronmaschinen zusammen mit dem Wirkungsgrad zuverlässig zu bestimmen oder die Lebensdauer oder Komponentenzuverlässigkeit zu ermitteln. So messen die Experten etwa Drehzahl sowie Drehmoment, ermitteln das Wirkungsgradkennfeld und bestimmen auf Basis dieser Messdaten die Längs- und Querinduktivitäten. Zudem setzt Schabmüller Versuche zur Lebensdauer unter maximaler mechanischer Belastung um. Zusätzliche thermische Dauerversuche liefern Ergebnisse, wie sich unterschiedliche Dauer- und Intervallbelastungen auf die Funktion der Motoren auswirken. „Die Elektromotoren müssen bis zu 50 000 h Betriebsdauer aushalten“, erläutert Lauck. System für Echtzeit-Tests Um alle Messdaten sicher und zuverlässig zu ermitteln, müssen die einzelnen Komponenten des Prüfstands zusammenarbeiten: Die Sensoren erfassen Messsignale wie Strom, Spannung, Temperatur sowie Drehmoment und leiten sie an das Messverstärkersystem weiter. Im Prüfstand von Schabmüller kommt das Datenerfassungssystem Genesis High- Speed GEN7tA samt den Erfassungskarten GN610B zum Einsatz. Die DSPs, digitale Signalprozessoren auf den Karten, verarbeiten die Messdaten und berechnen erste Ergebnisse – in Echtzeit. Die berechneten Messergebnisse werden zur Auswertung an LabView weitergegeben – dank EtherCAT- Anschluss bis zu 1 000 Mal/s. Parallel dazu speichert die HBM-eigene Software Perception auch alle erfassten Rohdaten ab. „Messdaten und Echtzeitrechenergebnisse werden zeitsynchron mit gleichem Zeitstempel erfasst und weitergegeben. Das ist ein enormer Vorteil bei der Auswertung“, betont Stefan Lauck. „Zudem können wir in Perception eigene Formeln für die Berechnungen erstellen und in der Formeldatenbank ablegen. Diese Formeln sind im Post-Process oder auch in Echtzeit-Berechnung in den DSPs anwendbar. Ganz ohne Programmieraufwand der jeweiligen Rechnerarchitektur.“ Perception kommuniziert über eine frei programmierbare Software-Schnittstelle mit dem LabView-Programm. Dieses ist zuständig für die Steuerung und Automatisierung der Prüfstandsprozesse und steuert auf Basis der Echtzeit-Rechenergebnisse die Umrichter von Last- und Prüflingsmaschinen. „Die Messdaten können zu zyklussynchronen Einzelwerten verarbeitet werden. Für die Steuerung und Automatisierung der Prüfprozesse werden anschließend nur die relevanten zyklussynchronen Rechenergebnisse genutzt, wie etwa Effektivwerte von Strom und Spannung oder die Drehzahl“, sagt Lauck. „Da die Rohdaten bei Bedarf trotzdem gespeichert sind, können wir diese zudem für weitergehende Post- Process-Analysen verwenden.“ Neben den zyklussynchronen Einzelwerten lassen sich auch kontinuierliche Messdaten in der Formeldatenbank von Perception verknüpfen und in Echtzeit verarbeiten. Auch dafür sind keine Programmierkenntnisse nötig. Einfache Sensor-Integration „Die Kombination aus LabView und der Perception bietet uns wirklich viele Vorteile“, sagt Lauck. Das Genesis HighSpeed zeichnet etwa die Messdaten der Sensoren zeitsynchron auf und ermöglicht Abtastraten von bis zu 2 MS/s auf bis zu 51 Leistungs-Kanälen. Dabei synchronisiert es automatisch die Abtastraten der unterschiedlichen Kanäle und Einschubkarten. Das mindert den Aufwand für Nutzer erheblich. Zudem lassen sich bei dieser Lösung die Vorteile von LabView nutzen, wie etwa das Datenformat TDMS, um große Datenmengen schnell zu speichern. Dies ermöglicht auch eine weiterführende Analyse der Daten mit einer Vielzahl am Markt erhältlicher Programme. Bei der Integration des Messdatenerfassungssystems in den Prüfstand erhielten die Entwickler von Schabmüller maßgeschneiderte Unterstützung von den HBM- Perception-Experten. Stefan Lauck: „Perception ist eine effiziente Software, die zuverlässig Daten erfasst. Wir haben uns dank der Einführungsschulung von HBM schnell 01 Schabmüller entwickelt gemeinsam mit den HBM-Experten ein neues Prüfstandskonzept 02 Im Prüfstand erfassen Drehmoment- Aufnehmer das Drehmoment und leiten die Ergebnisse an die HBM-Datenerfassungskarten weiter 03 Über eine frei programmierbare Software-Schnittstelle kommuniziert die HBM-Software Perception mit der Entwicklungsumgebung LabView eingearbeitet. Und aufgrund der einfachen Handhabung können wir sehr individuelle Messabläufe definieren.“ Fotos: HBM www.hbm.com antriebstechnik 10/2018 51