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antriebstechnik 10/2018

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STEUERN UND

STEUERN UND AUTOMATISIEREN Entwicklungsziel: Predictive Maintenance Nord wertet Antriebsdaten mit intelligenten Algorithmen aus Die Digitalisierung der Antriebstechnik und der Produktion erfordert das Zusammenspiel von Sensorik, virtueller Sensorik, den Schnittstellen zu Bussystemen und intelligenter Software. Getriebemotoren in Produktionsoder Logistikanlagen werden meist über Frequenzumrichter gesteuert. Die Umrichter von Nord Drivesystems ermitteln standardmäßig wichtige Betriebsdaten, die sich für die intelligente Zustandsüberwachung und die vorausschauende Wartung der Antriebe verwenden lassen. Predictive Maintenance, also die vorausschauende Wartung, ist die konsequente Fortführung des Condition Monitoring, das als Weiterentwicklung der klassischen Betriebsstundenerfassung schon länger in vielen Industrieanlagen integriert ist. Während Condition Monitoring nur das Erkennen eines Abnutzungszustandes ermöglicht, kann mit der vorausschauenden Wartung im Idealfall rechtzeitig im Voraus ein Wartungstermin eingeplant werden. In der Konsequenz bedeutet dieses Konzept eine höhere Anlagenverfügbarkeit, reduzierte Kosten, eine höhere Antriebslebensdauer und vor allem keine Ausfälle. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für Getriebemotoren aller Größen eine vorausschauende Wartung zu realisieren, elektrischen Daten berechnet sich die Antriebsleistung, die in Kombination mit den bekannten physikalischen Parametern des Getriebeöls hinreichend genau auf die Öllebensdauer schließen lässt. So wird der Ausnutzungsgrad des Getriebeöls und damit der voraussichtliche Ölwechseltermin zugänglich. Je nach Beanspruchung, Auslastung und Aufstellung des jeweiligen Getriebemotors können sich diese Termine auch innerhalb einer Anlage mit gleichaltrigen Getriebemotoren unterscheiden. Ein weiteres Szenario plant Ähnliches für die Vorhersage des Verschleißzustandes und des idealen Wartungstermins durch einen Soll- und Ist-Abgleich per Algorithmus: In einer Lernphase werden an der neuen Förderanlage im unbelasteten und belasteten Zustand die elektrischen Daten ermittelt und als Referenzwerte festgelegt. Werden diese im späteren Realbetrieb überschritten, erkennt der Frequenzumrichter, dass sich am mechanischen System etwas verändert hat. Das kann durch stärkere Reibung, Verschleiß, ein beschädigtes Lager oder Getriebe sowie durch eingeklemmte Fremdkörper (Verpackungsmatedie wirtschaftlich und mit überschaubarem Aufwand umsetzbar ist. Nord Drivesystems verfolgt die Absicht, auch für kleinere Getriebemotoren – die in Intralogistik­ Installationen in großer Zahl verbaut sind – wirtschaftliche Konzepte für netzbasiertes Condition Monitoring und Predictive Maintenance zu entwickeln und anzubieten. Daten nicht nur lesen – sondern analysieren Mithilfe virtueller Sensorik, die auf intelligenten mathematischen Algorithmen basiert und der in die Nord-Umrichter integrierten PLC, können die Frequenzumrichter durch Vorverarbeitung der internen Zustandswerte Größen berechnen, die sich nicht direkt messen lassen: Aus den gemessenen Dr. Omar Sadi ist Technischer Geschäftsführer der Getriebebau Nord GmbH & Co. KG in Bargteheide 42 antriebstechnik 10/2018

STEUERN UND AUTOMATISIEREN rial, Klebebänder) geschehen. Sind die mathematischen Zusammenhänge der Anlage bekannt und in validierte intelligente Algorithmen für die Datenauswertung überführt, kann auch ohne reale Sensorik eine vorausschauende Wartung für die Antriebstechnik durchgeführt werden. Gesundheitsvorsorge für Industriegetriebe Industriegetriebe sind die Schwergewichte in der Antriebstechnik und müssen hohe Drehmomente übertragen. Kleine unbemerkte Defekte können da aufgrund der großen einwirkenden Kräfte schnell zum Totalschaden führen. Das wäre nicht nur teuer, sondern fatal: Wichtige Anlagenteile stünden still bis Ersatz geliefert und eingebaut ist. Nord setzt deshalb auch bei den Industriegetrieben auf Condition Monitoring und Predictive Maintenance um maximale Anlagenverfügbarkeit bei hoher Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Voraussetzung sind auch hier die intelligenten Frequenzumrichter mit integrierter PLC, mit denen sich autarke Entscheidungen treffen lassen. Auch reale Temperatur- und Schwingungssensoren können sinnvoll sein. Speziell die Schwingungssensorik bietet eine Reihe von Vorteilen. Für die in den Industriegetrieben eingebauten Lager gibt es detaillierte Herstellerdatenbanken, die die charakteristischen Schwingungsfrequenzen von Innenring, Außenring und Wälzkörpern jedes Lagertyps enthalten. Bekannt sind auch die Zahneingriffsfrequenz, die Lagerfrequenz und die jeweilige Drehzahl. Die einzelnen Frequenzen lassen sich demnach genau identifizieren und zuordnen. Anhand der Zeitsignale oder einer FFT- Analyse kann das Frequenzspektrum untersucht werden, um die Ursachen der auftretenden Schwingungen klar zu erkennen. Die FFT-Analyse (Fast Fourier-Transformation) ist ein Algorithmus zur effizienten Berechnung der diskreten Fourier-Transformation (DFT), mithilfe dieser sich ein digitales Signal in seine Frequenzanteile zerlegen und analysieren lässt. Die Ermittlung der Frequenzanteile, Amplituden und Phasen der Schwingungen und ihr Abgleich mit den Schwingungsdatenbanken erlaubt eine detaillierte Zustandsdiagnose. So kann nicht nur der ideale oder erforderliche Wartungszeitpunkt berechnet werden – ferner lassen sich eventuelle Fehler und erforderliche Ersatzteile erkennen. 01 Intralogistik-Lösungen wie der Feldverteiler sind Industrie-4.0-fähig und können wichtige Zustandsdaten des Antriebs für vorbeugende Wartungskonzepte in eine Cloud übertragen 02 Durch die kontinuierliche Überwachung der Feldebene und der Verknüpfung von Kommunikation, Sensorik und Prozessdaten lässt sich eine Zustandsüberwachung realisieren haben eine eigene IP-Adresse über die sie mithilfe eines Routers erreicht werden können. Die durch Condition Monitoring und Predictive Maintenance gewonnenen Daten jedes einzelnen Antriebs in der Anlage lassen sich abfragen, ohne in die Gerätesteuerung oder die Software einzugreifen. Die intelligenten Antriebskomponenten übertragen die Werte über ein Internet- Gateway an eine sichere Cloud. Dort stehen diese für die Auswertung mit Filter- und Analyse-Tools zur Verfügung. An einem beliebigen anderen Ort kann also ein Techniker die Daten übersichtlich aufbereitet in einem browserbasierten Webinterface analysieren und die Anlage auf jedem mobilen End gerät in einer übersichtlichen 3D-Dar­ stellung mit einem Blick überschauen. Dabei kann festgelegt werden, welche Information der Antriebsexperte braucht und welche Informationen für den Servicetechniker wichtig sind. Durch die kontinuierliche Überwachung der Feldebene und die Verknüpfung von Kommunikation, Sensorik und Prozessdaten lässt sich für Nord-Antriebssysteme eine lückenlose Zustandsüberwachung realisieren. Mithilfe intelligenter Algorithmen kann der richtige Servicezeitpunkt individuell festgelegt werden. Fotos: Nord Drivesystems www.nord.com Cloud-Anbindung für vernetzten Service Grundsätzlich ist eine Cloud-Anbindung selbst beim Retrofitting bestehender Anlagen einfach umzusetzen: Alle Antriebe 03 Die Umrichter ermitteln standardmäßig wichtige Betriebsdaten, die sich für die Zustandsüberwachung und vorausschauende Wartung verwenden lassen antriebstechnik 10/2018 43