PREDICTIVE MAINTENANCE I SPECIAL Im Blick behalten Prozesssicherheit durch umfassende Zustandsüberwachung Martin Reichinger Der Begriff Condition Monitoring ist weit verbreitet. Eine Anwendung im Maschinen- und Anlagenbau scheiterte in der Vergangenheit jedoch oft an den Systemkosten. Eine permanente Zustandsüberwachung durch hochintegrierte Sensoren, Messaufnehmer und flexible Auswertesysteme wie Aprol Conmon der Firma B&R hingegen wird bald selbstverständlicher Bestandteil von Maschinen und Anlagen sein. Martin Reichinger ist Business Manager Process Automation bei B&R in Eggelsberg Um die Total Cost of Ownership (TCO) zu senken – also jene Kosten, die über die gesamte Nutzungsdauer einer Produktionsanlage anfallen – hat sich ein probates Mittel etabliert: die Anlagenverfügbarkeit erhöhen und gleichzeitig die Wartungsaufwände minimieren. Der Weg dorthin: Fixe Wartungsintervalle durch eine zustandsabhängige, vorbeugende Wartung ersetzen. Damit können Wartungsarbeiten und Ersatzteilanschaffungen einerseits so früh wie nötig, andererseits aber so spät wie möglich geschehen – und das geplant, also etwa im Rahmen eines ohnehin stattfindenden Stillstandes. Zugleich wird das Risiko eines Ausfalls wegen Wartungsversäumnis minimiert. Basis für diese vorausschauende Wartung sind Daten aus einer permanenten Zustandsüberwachung. Deren Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf die Wartungsbedürftigkeit der betroffenen Teile zu. Ihre Umsetzung scheitert jedoch häufig an den hohen Kosten traditioneller Systeme und am oft erforderlichen Expertenwissen. Zudem wird Condition Monitoring oft mit einer Vibra tionsauswertung gleichgesetzt. Nicht nur Vibration Neben Vibrationen können zahlreiche andere Eingangsgrößen gemessen werden, die ebenfalls Rückschlüsse auf sich ankündigende Probleme zulassen. So verliert der Geschwindigkeitsverlauf, vor allem beim Hoch- und Niederfahren mit steigender Abnutzung oder auch Verschmutzung, seine Gleichförmigkeit. Die Überwachung von Stromaufnahme oder Temperatur von Motoren, Lagern und Getrieben dient ebenfalls zur Aufdeckung unsichtbarer Schwergängigkeiten. Auch die für die Prozessqualität und -stabilität wichtige Qualität des im System befindlichen Öls kann überwacht und der Schmierstoff bedarfsgerecht zum idealen Zeitpunkt gewechselt werden. Darüber hinaus lassen sich weitere Größen überwachen, wie der Druck oder die elektrische Leitfähigkeit, die durch Verunreinigungen mit Metallabrieb erheblich verändert werden können. Auch stellen Flüssigkeitspegel, Druck oder Durch flussmenge bei hydrau lischen oder pneumatischen Anlagen teilen Indikatoren für abnutzungsbedingte Veränderungen dar, ebenso wie Gewichtsveränderungen bei der Förderung rieselfähiger Güter. Die Aussagekraft all dieser Messwerte in Bezug auf den Anlagenzustand kann durch Kombi nation gesteigert werden: Gleichzeitig auftretende Veränderungen unterschiedlicher Messwerte helfen, bevorstehende Probleme genauer einzugrenzen. Das Einsparpotenzial solcher Maßnahmen wurde bisher oft vom Implemen tie rungsaufwand überstiegen. Einer der Gründe: Meist ist für jeden Vibrationsmesswert ein eigener, in der Vergangenheit häufig auch großer und teurer Aufnehmer erforderlich. Erst in der jüngsten Vergangenheit ist auf diesem Gebiet mit der Verfügbarkeit neuer, kompakter Module wie dem Condition- Monitoring-Modul vom Typ X20CM4810 zur Vibrationskontrolle und dem Energie- „Der Phantasie der Automatisierungsentwickler im Maschinen- und Anlagenbau sind beim Condition Monitoring kaum noch Grenzen gesetzt“ Martin Reichinger, Business Manager Process Automation Messmodul vom Typ X20AP von B&R ein Durchbruch gelungen. Das Condition-Monitoring-Modul verfügt über vier Eingangskanäle zur Abfrage von Signalen aus Beschleunigungssensoren, die gleich im Modul verarbeitet werden können. So kann ein einziges Modul unterschiedliche Schadensfrequenzen und damit z. B. ein komplettes Getriebe überwachen. Der hohe Integrationsgrad der Elektronik verleiht den X20-Modulen eine hohe Funktionsdichte. So können mit dem Energiemessmodul nicht nur Strom- und Spannungsmessungen bis zur 31. harmonischen Überschwingung vorgenommen werden, sondern auch die ermittelte Schieflast lässt sich zur Zustandsüberwachung heranziehen um zum Beispiel einen Windungsschluss sofort zu erkennen. 50 antriebstechnik 1-2/2016
SPECIAL I PREDICTIVE MAINTENANCE Einfache Verarbeitung in Aprol Der serienmäßigen Verwendung der permanenten Zustandsüberwachung in Produktionsanlagen stand auch die bislang oft mühsame Gestaltung der Auswerteprogramme im Weg. Vor allem die Interpretation der aufgenommenen Werte und ihre Übersetzung in Zustände als Auslöser für konkrete Reaktionen gelten als Arbeit auf wissenschaftlichem Niveau. Zudem war bisher zur Erstellung der Software für solche Problemstellungen meist eine hardwarenahe Programmierung erforderlich. Basierend auf dem Prozessleitsystem Aprol steht mit Aprol Conmon ein kompaktes, einfach zu bedienendes und in Gesamt lösungen integrierbares Zustandsüber wachungssystem zur Verfügung. Datenbankbasiert aufgebaut ermöglicht es die Abfrage, Anzeige und Interpretation von historischen und Echtzeitwerten aus gängiger Sensorik auf allen Gebieten der Physik. Grafische Hardware-Konfiguration und Parametereingabe per Tabelle senken den Engineering-Aufwand, vorgefertigte Control-Module mit Faceplates erleichtern den Zugriff auf die Messstellen. Aussagefähige, grafische Darstellungen mit Trends und Diagrammen werden zu wertvollen Entscheidungshilfen, die auch zur Fernabfrage über Internet zur Verfügung gestellt werden können. B&R bietet Aprol Conmon im Paket mit einem serienmäßigen Automation PC an. Selbst dieser kann entfallen, wenn Aprol in der zu überwachenden Anlage ohnedies bereits in Verwendung ist. Nicht nur Wartung, auch adaptiver Betrieb Durch den Einsatz heutiger Sensoren und Messaufnehmer können zustandsabhängige Daten an zahlreichen Stellen permanent erfasst, in modernen Auswertesystemen wie Aprol Conmon vor allem aber lückenlos aufgezeichnet und ausgewertet werden, ohne die Anlage zu verteuern. Damit ist nicht nur die Grundlage für eine vorausblickende, zustandsabhängige Wartung als Möglichkeit zur Senkung der TCO und damit zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Anlage gegeben. Die gewonnenen Informationen eignen sich ebenso als Eingangsgrößen für die Steuerung selbst. So kann die Anlage adaptiv auf Zustandsveränderungen reagieren und z.B. langsamer fahren, um Beschädigungen zu verhindern oder den Eintritt des Wartungsfalls zu verzögern. Foto: Aufmacher Fotolia Das X20-Modul für Condition Monitoring lässt sich ganz einfach in die Gesamtautomatisierung integrieren www.br-automation.com antriebstechnik 1-2/2016 51
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