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antriebstechnik 1-2/2016

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Ohne „gezinkte“

Ohne „gezinkte“ Karten Intelligente Getriebeüberwachung reduziert Produktionskosten Ulrich Lettau, Herwig Eichler Um Stillstandzeiten der Walz gerüste zu minimieren, setzt Rheinzink bei der Produktion von Titanzink auf vorausschauende Instandhaltung. Erfahren Sie, wie Lagerschäden an den Kamm walzgetrieben mittels Schwingungsüberwachung frühzeitig erkannt und somit unerwünschte Anlagenausfälle verhindert werden. Dr. Ulrich Lettau ist Vorstandsvorsitzender der iba AG in Fürth Herwig Eichler ist Vertriebsmanager Condition Monitoring Systems bei der Hainzl Industrie systeme GmbH in Linz/Österreich Durch Auswertung von Vibrationen mechanischer Aggregate lassen sich erste Anzeichen bevorstehender Schäden detektieren. Die Rheinzink GmbH & Co. KG setzt diese Form der Früherkennung an ihrem Standort Datteln bei der Produktion von Titanzink ein. Sie nutzt dabei eine Condition-Monitoring-Lösung auf Basis einer Kooperation zwischen der Fürther Iba und der Hainzl Industriesysteme aus Linz. Während Iba der Spezialist für Systemlösungen im Bereich der Messtechnik ist und über Expertise in der Entwicklung von Hard- und Softwarewaremodulen mit hoher Konnektivität verfügt, liegt der Schwerpunkt der Firma Hainzl im Bereich der Analysesoftware und der mechanischen Expertise. Über Jahre hinweg hat Hainzl sein Condition-Monitoring-Know-how erweitert und ist dadurch in der Lage, detaillierte Analysen komplexer Anlagen vorzunehmen, um so Ausfallvorhersagen mit hoher Verlässlichkeit zu erstellen. Da zur Auswertung der Schwingungsdaten eine Korrelation mit den Prozessdaten der Produktionsanlage erforderlich ist, hat sich dabei eine enge Kooperation mit Iba als vorteilhaft erwiesen. Denn in der Produktionsanlage bei Rheinzink wurden die Drehzahl, Drehmomente und andere Prozessgrößen der Walzgerüste schon vor Projektbeginn mit Komponenten aus Fürth erfasst. Lagerschäden beizeiten diagnostizieren Rheinzink ist führender Spezialist für die Herstellung von hochwertigem Titanzink. Das vielseitige Blech wird insbesondere in Dach-, Fassaden-, und Solarprodukten verbaut. Über eine Gießmaschine wird in der Produktion ein etwa 1 m breiter und ca. 15 mm dicker Gussstrang hergestellt, der in einer Walzstraße mit fünf Gerüsten zu einem Band der Stärke 0,5 bis 2 mm gewalzt wird. Um die Stillstandzeiten der Walzgerüste zu minimieren setzt Rheinzink auf vorausschauende Instandhaltung. Hauptziel ist hierbei das frühzeitige Erken nen von Lagerschäden. Bei einem unerwarteten Ausfall eines Kammwalzgetriebes steht die gesamte Produktionseinheit still. Die strukturell bedingte Ermüdung ins be sondere der Lager kann jedoch grundsätzlich nicht verhindert werden. Das implementierte Condition-Monitoring System ermöglicht es, den Tausch einer ermüdeten Komponente in die turnusmäßigen Wartungsabläufe zu integrieren und Folgeschäden durch verschlissene Komponenten zu vermeiden. Das System durchsucht hierzu die Schwingungssignale nach charakteristischen Schadensmustern und berechnet daraus den vorliegenden Schadenspegel. Die aktuelle Lösung ersetzt eine 48 antriebstechnik 1-2/2016

SPECIAL I PREDICTIVE MAINTENANCE Unix-basierte Vorgängerlösung, die nicht die erforderliche Flexibilität geboten hatte. Hohe Taktrate Kernelement ist das IbaPadu-S-Modularsystem zum Erfassen und Verarbeiten von Messsignalen. Das System liest als Vor- Ort-Einheit die Schwingungssensoren der Getriebe ein. Die Abtastung der Messsignale erfolgt mit außergewöhnlich hoher Taktung. Das messtechnische Modul ermöglicht Messintervalle von 25 µs, während die minimalen Messintervalle gängiger Automatisierungssysteme eher im Bereich von 20 ms, also 800 Mal langsamer, liegen. Flexibilität erreicht das System dadurch, dass es komplett modular aufgebaut ist. Für die beschriebene Anwendung bei Rheinzink ist nur eine geringe Anzahl an Sensoren erforderlich: Je nach Getriebetyp sind entweder sechs oder sieben Sensoren eingesetzt. Basierend auf den Vorerfahrungen des Kunden wurde identifiziert, an welchen Teilen mit Schäden zu rechnen ist. Auf diese Anlagenteile wird dann beim Condition- Monitoring das Hauptaugenmerk gelegt. Die Messeinheit IbaPadu-S-IT kommuniziert mit einem Hainzl-Analyseserver, der Konfigurationsdateien generiert, die auf die Vor-Ort-Einheit übertragen werden. Die Ergebnisse werden ihrerseits vom Server abgeholt und in einer Datenbank gespeichert. Der Abgleich mit historischen Daten ermöglicht aussagefähige Trendbetrachtungen. Aufgrund ihrer mechanischen Eigen schaften erzeugt jede Getriebekomponente im Schadensfall eine charakteristische Störschwingung. Auf diese Weise lassen sich Bauteilschäden über spezifisch definierte Frequenzbänder identifizieren und somit schadhafte Komponenten verlässlich ermitteln. Automatisierte Ausgabe von Alarmen Der Analyseserver liest die lokal abgespeicherten Messdaten der dezentralen Iba- Padu-S-Systeme ein, vergleicht sie mit voreingestellten Grenzwerten und setzt bei Überschreitung dieser Grenzwerte eine E-Mail an einen vorausgewählten Benutzerkreis ab. Die Regeln, wann welche Alarme an welche Adressatengruppe versendet werden, lassen sich flexibel konfigurieren. Abhängig vom Nutzerprofil ist es möglich, einem bestimmten Empfängerkreis die mechanischen Alarme zuzusenden, während eine andere Gruppe ausschließlich die elektrischen Meldungen erhält. Es ist sogar möglich, den Fokus auf bestimmte Bauteiltypen zu legen: Speziallager, die einen außergewöhnlich langen Wiederbeschaffungszeitraum haben, können z. B. als Sondermerkmal mit einem eigenen Alarm versehen werden. Je nach Bedarf ermöglicht es das System auch, eine Vogelperspektive einzunehmen und die Anzahl der Alarme so deutlich zu reduzieren. Diese Form der Benachrichtigung ist für übergeordnete Stellen sinnvoll, die nicht an allen Details interessiert sind, die für die mechanische Instandhaltung ausgegeben werden. Nach und nach ausbauen In der Vergangenheit fand die Schwin gungsanalyse ausschließlich in der mechanischen Instandhaltung Beachtung. In den vergangenen Jahren haben jedoch auch die Produktionsverantwortlichen wachsendes Interesse an den Schwingungsdaten entwickelt. Grund hierfür ist die Tatsache, dass bereits für die mechanische Instandhaltung er fassten Signale auch für die Produktions optimierung eingesetzt werden können. Ohne ein Nachrüsten zusätzlicher Sensorik an den Walzgerüsten ließe sich etwa eine Echtzeit überwachung implementieren, die sogenannte Chatter Marks – also Abweichung in der Materialstärke aufgrund von Resonanzschwingungen – bereits bei der Entstehung identifizieren könnte. Daraus würde sich für die Qualitätssicherung ein wichtiger Zusatznutzen entwickeln. Wolfgang Beigel, der Leiter der Instandhaltung der Firma Rheinzink, sieht das Potenzial des Condition Monitorings längst noch nicht ausgeschöpft. Seiner Aussage nach liegt es nahe, künftig die Sensor-basierte Zustandsüberwachung nach und nach auszubauen, um ein umfassendes Spektrum an Produktions daten und damit eine vollständige Prozesstransparenz zu erhalten. Die positiven Erfahrungen mit dem Condi tion- Monitoring sind ein wichtiger Schritt in Richtung einer weitreichend vernetzten Produktion im Zeichen von Industrie 4.0. www.iba-ag.com 02 Das eingesetzte IbaPadu-S-IT-Modul 01 Die Rheinzink Produktionsanlage am Standort Datteln antriebstechnik 1-2/2016 49